Der Heilige Vater
ist gewohnt pünktlich. Überpünktlich. Benedikt XVI. steht schon bereit vor dem Johannesturm
in den Vatikanischen Gärten, da biegt der Tross von Präsident Bush gerade erst in
die Via della Conciliazione ein, in die Prachtstraße zum Petersplatz. Der Privatsekretär
nutzt die Zeit, zupft noch mal eine Falte aus dem Gewand des Pontifex, rückt das päpstliche
Pektorale in die Körpermitte. Die pechschwarzen Limousinen rollen die Allee entlang,
die erste ist laut Protokoll die des Präsidenten. Mit Schwung, ganz Texaner, entsteigt
Bush dem gepanzerten Vehikel. Nur ein, zwei Schritte, dann hat er Benedikt erreicht.
Der Händedruck ist herzlich, fast jovial. „It’s a great honor – es eine große Ehre
-,“ lässt Bush den deutschen Papst wissen. Dessen Antwort ist kaum zu hören, er freut
sich und stahlt. Die gewohnte Gelassenheit verliert er auch in einer solchen Situation
nicht. Nach protokollarischen Formalitäten gehen die zwei Männer in den Backstein-Turm
aus dem 14 Jahrhundert, gefolgt von der First Lady Laura Bush und der Botschafterin
Mary Ann Glendon. Schnell ein offizielles Foto auf den Stufen - dann betreten die
Männer den messingbeschlagenen Fahrstuhl des Foyers, die Damen und der Kardinalstaatsekretär
warten im Parterre. Im ersten Stock sitzen sich die beiden Männer dann im Arbeitszimmer
an einem Tisch zum halbstündigen persönlichen Gespräch gegenüber.
Beim Rundgang
auf dem Rundbalkon des in den 60er Jahren restaurierten Turms deutet mal der Papst
hinunter in seinen Garten, dann wieder der US-Präsident – die Aussicht wird wohl nur
von der Kuppel des Petersdomes besser sein. Wieder im Arbeitszimmer dann der Austausch
von Geschenken: Der Papst erhält ein gerahmtes und signiertes Foto des Ehepaars Bush;
effektvoll hält er es in die Kameras. Seinerseits überreicht der Heilige Vater ebenfalls
ein signiertes Foto und vier Bände zur Basilika St. Peter. Im Fahrstuhl geht es hinab
und hinaus in die Gärten. Benedikt und George Bush unternehmen einen Spaziergang zur
Lourdes-Grotte, die Entourage folgt mit einigem Abstand. Am nächsten dran sind die
Pressefotografen, die alle paar Meter wie Partisanen in den Büschen und der Hecken
sitzen. Wenn der Präsident nicht gestikuliert, lässt er die Hände schwingen, wie bei
einer Militärparade. Selbst beim Gehen wirkt Benedikt im Gegensatz dazu wie ein Ruhepol.
Der Weg führt die beiden vorbei an der Glocke zum Heiligen Jahr und dann zum Nachbau
der Lourdes-Grotte.
Stünden die Holzstühle und der Tisch nicht auf einem Teppich,
man könnte sich des Eindrucks einer Gartenparty nicht erwehren. Die Männer nehmen
Platz und lauschen dem Chor der Sixtinischen Kappelle. Zwei Motetten singen die Knaben
von der Grotte aus, Präsident Busch wippt leicht mit dem Kopf im Takt mit. Bei der
Begegnung mit den Sängern gibt sich der Präsident noch mal betont offen, fragt, wo
die Schule der Jungen liege, ob der Unterricht anstrengend sei. „Hard work? Hope so!“,
motiviert der Präsident. Dann ein schneller Abschied: Die Limousinen fahren vor, noch
ein kurzer Händedruck zwischen Papst und Präsident. Bush muss noch ums Auto laufen;
die Türen der Limousine scheinen dick wie die von Flugzeugen. Die First Lady steigt
ein, dann der Präsident. Wenig später wird man hören, der aufwändige Besuch des Präsidenten
habe die Autofahrer im römischen Berufsverkehr wegen Straßensperrung und Stau etwa
20 Minuten gekostet. Genau diese Zeit hat George Busch gut gemacht. Die dicke gepanzerte
Türe seine Limousine schloss sich bereits 17 Minuten vor dem angesetzten Ende.
(Ein
Bericht von Oliver Neumann – rv 13.06.2008 sk)