Vatikan: Patriarch, "USA hat nicht allein die Verantwortung für die Welt"
Am Freitag wird George
W. Bush im Vatikan erwartet. Es ist sein Abschiedsbesuch als Präsident der Vereinigten
Staaten. Aus Dank für den herzlichen Empfang bei der jüngsten USA-Reise wird Benedikt
XVI. ihn in den vatikanischen Gärten empfangen. Dennoch wird die politische Bilanz
Bushs nach acht Jahren Regierung auch im Vatikan mit gemischten Gefühlen betrachtet.
Am offensichtlichsten war der Dissenz während des Irakkriegs 2003. Aber auch im Nahen
Osten ist man nicht immer einer Meinung. Der Vatikan ist davon überzeugt, dass die
Weltpolitik multilateral gestaltet werden muss und in Sachen Friedenssicherung keine
Alleingänge verträgt. Das sieht auch der melkitisch-katholische Patriarch von
Antiochien, Gregor III. Laham, so. Wir haben den Patriarchen gesprochen und ihn gefragt,
was er Präsident Bush auf den Weg geben würde, wenn er ihn träfe.
„…nicht
zu glauben, dass Amerika allein die Verantwortung für die Welt hat. Lassen Sie bitte,
Herr Bush und auch der Nachfolger, ein bisschen mehr Raum für Europa. Europa hat eine
andere Sicht. Wir brauchen vier Augen und nicht nur zwei Augen. Mit vier Augen geht’s
leichter. Ich glaube, auch Europa selbst muss verstehen, wie es seine Aufgabe in die
Hand nimmt: Wenn Europa und Nahost einander wirklich näher kommen und auch Vertrauen
haben, dann wird das auch ein Gewinn sein. Sogar für Amerika!“
Benedikt
XVI. wird den amerikanischen Präsidenten im „Johannesturm“ in den vatikanischen Gärten
zu einem Vier-Augen-Gespräch empfangen. Währenddessen trifft Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone mit der amerikanischen Botschafterin am Heiligen Stuhl, Mary Ann
Glendon zusammen. Anschließend werden der Papst und der Präsident einen kleinen Spaziergang
durch die vatikanischen Gärten machen und zur Statue der „Madonna della Guardia“ gehen,
wo der Chor der sixtinischen Kappelle zwei Motetten singen wird. – Insgesamt sieben
Mal war George W. Bush von Päpsten empfangen worden: dreimal von Johannes Paul II
und viermal von Benedikt XVI.