Das Ergebnis des UNO-Ernährungsgipfels
in Rom ist nach Einschätzung der Vatikan-Zeitung „L`Osservatore Romano“ mäßig ausgefallen.
Die Abschlusserklärung sei zu vage und mache „noch niemanden satt“. Der ehemalige
Direktor des UNO-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, stand uns zu den Ergebnissen des Welternährungsgipfels
in Rom Rede und Antwort. Wir fragten den deutschen Politiker zunächst, wie er die
Beschlüsse der Konferenz einschätzt.
„Vor dem Hintergrund der riesigen
Herausforderung, die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicher zu stellen,
ist das Ergebnis sicherlich nicht berauschend. Man konnte Besseres erwarten. Aber
es sind Schritte gemacht worden, die notwendig waren. Es wird endlich mehr Geld investiert,
um überall eine wirklich leistungsfähige Landwirtschaft aufzubauen. Es ist klar geworden,
dass die hoch entwickelten Länder nicht fortfahren können, ihre Landwirtschaft so
zu subventionieren und abzuschließen, dass die Märkte für die Entwicklungsländer wegfallen.
Es kann nicht mehr sein, dass hoch subventionierte Überschussprodukte den Aufbau einer
wirklich langfristigen Landwirtschaft in diesen Ländern verhindern. Alles dies ist
nicht nur angesprochen, sondern auch mit Lösungsansätzen bedacht worden. Es war aber
auch dringend Zeit.“
An was fehlt es am meisten?
„Am allermeisten
fehlt die Einsicht, dass wir endlich diese Handelsbegrenzung abschaffen müssen. Wir
müssen uns fragen, wie wir effizienter Landwirtschaft betreiben können, wie wir die
Ausbildung verbessern können. Es muss auch mehr investiert werden. Ich meine: 6,5
Milliarden sind jetzt verfügbar gemacht worden, das ist mehr, als man am Anfang erwarten
konnte, aber noch nicht genug. Bis zu 30 Milliarden braucht man. Und es muss allen
klar sein: man kann nicht Biomasse zu Lasten von Nahrungsmitteln erzeugen, um aus
dieser Biomasse Energie und Treibstoff zu gewinnen. Dies ist ethisch nicht vertretbar.
Es wäre sicherlich eine Katastrophe, wenn das eintreten würde.“
Kann man
die Ethanolproduktion einstellen oder einfach so weiter machen?
„Ich glaube,
man muss da sehr genau hinsehen. Dort, wo Ethanol oder Biodiesel oder anderes zu Lasten
von Ernährung produziert wird, ist es sofort zu stoppen. Aber es gibt natürlich viele
Bereiche, wo diese Konkurrenz zur Ernährung oder zu einer intakten Natur überhaupt
nicht gegeben ist. Wir werfen außerordentlich viel Biomasse weg: von den Klärschlämmen
bis zu Abfällen. Oder wir haben gerade in den hoch entwickelten Ländern viele Flächen
stillgelegt, damit wir den Druck auf die Weltagrarmärkte absenken. Überall dort kann
man sicherlich die Energieproduktion voranbringen. Nach meiner Meinung aber wesentlich
besser für die Wärmeerzeugung als für die Erzeugung von Kraftstoffen.“
Die
Politiker haben kein echtes Interesse an einer Lösung. Ist diese These sehr gewagt?
„Das
ist eine sehr holzschnittartige Darstellung. Dass es in den Augen vieler Politiker
andere Aufgaben im Vordergrund gibt, ist wahr. Aber die Hungerrevolten, die wir erlebt
haben, haben aufgerüttelt, haben klar gemacht, dass wir keine stabile, keine friedliche
Welt haben können, wenn dies nicht unterbunden wird. Papst Paul VI. hat bereits in
seiner Enzyklika „Populorum progressio“ gesagt: Entwicklung ist der neue Name für
Frieden. Und das muss anfangen mit der Notwendigkeit der Menschen, genug zu essen
zu haben. So lange 850 Millionen Menschen in dieser Welt noch hungern, während gleichzeitig
in den hoch entwickelten Teilen dieser Welt die Hauptproblematik das Übergewicht ist,
so lange können wir keine friedliche Welt erwarten. Diese Dramatik, diese Notwendigkeit,
die sehen viele Politiker so noch nicht.“