Papst Benedikt hat
an diesem Freitag den neuen italienischen Ministerpräsidenten in Audienz empfangen.
Silvio Berlusconi, von Haus aus Medien-Unternehmer, ist zum vierten Mal seit 1994
Regierungschef in Rom; er leitet eine Mitte-Rechts-Koalition. Die Wahlen vom April
hat er u.a. mit dem Versprechen gewonnen, den Italienern mehr Sicherheit zu garantieren.
Dazu gehörte auch ein Gesetzesdekret, das illegale Einwanderung zum Straftats-Bestand
erklären sollte; nach Protesten aus der EU, der UNO und dem Vatikan will Berlusconi
dieses Dekret aber abschwächen, wie er Mitte der Woche versicherte. Gegenüber Radio
Vatikan äußerte sich Berlusconi kurz vor der Audienz beim Papst zum Verhältnis von
Staat und Kirche: Es stimme nicht, dass sich Italiens Kirche zu sehr in die Politik
einmische.
„Die Kirche und ihre Einrichtungen haben jedes Recht, ihr Urteil
offen auszusprechen, und der laizistische Staat tut dasselbe. Der weltliche Charakter
des Staates bedeutet keineswegs, dass die Kräfte, die in der Gesellschaft präsent
sind, nicht ihre Überzeugungen frei äußern dürften, seien sie nun politisch, religiös,
kulturell oder wirtschaftlich-sozial. Es wäre ein fühlbarer Verlust an Freiheit für
den Staat, wenn solche – wenn Überzeugungen welcher Art auch immer ausgeschlossen
oder unterdrückt würden. Das zeichnet stattdessen totalitäre Systeme aus, und es ist
ein historisches Faktum, dass totalitäre Regime damit beginnen, dass die Meinungsfreiheit
religiöser Einrichtungen beschnitten wird. Ich bin überzeugt, dass die Kirche wegen
ihrer jahrtausendelangen Erfahrung, wegen ihres Kontaktes mit allen sozialen Schichten
(gerade den schwächeren) für den Staat ein Reichtum ist.“
Berlusconi und
der Papst unterhielten sich rund vierzig Minuten lang; anschließend traf sich der
Regierungschef noch mit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Bei den Gesprächen
ging es auch um die Lage in der EU und im Nahen Osten.