Vatikan prangert Umgang mit Migranten in der EU an
Der Vatikan verurteilt,
wie in Europa mit illegalen Flüchtlingen umgegangen wird. Der Sekretär des Päpstlichen
Migrantenrats, Erzbischof Agostino Marchetto, äußerte sich uns in einem Interview
mit uns im Vorfeld eines vom Vatikan organisierten Flüchtlingskongresses in Nairobi
(Kenia). Die Mehrheit der europäischen Ländern verfolgt in Sachen illegaler Flüchtlinge
einer sehr harte Linie. Marchetto hingegen: „Ich befinde mich persönlich
auf Seiten der Minderheit, die in Brüssel ihre Meinung ausgedrückt hat, nämlich, dass
die Bürger eines Drittlandes, wie die Bürger der Union, nicht ihrer persönlichen Freiheit
beraubt und in Haft genommen werden dürfen, nur wegen einer verwaltungsmäßigen Zuwiderhandlung.“
Der
Kongress findet vom 2. bis 5. Juni in Nairobi statt und steht unter dem Thema „Für
eine bessere Migranten- und Flüchtlingspastoral“. Die dort versammelten Delegierten
der afrikanischen Bischofskonferenzen wollen den Problemen von Flüchtlingen in Afrika
weltweit Gehör verschaffen. „Zum Wohle des afrikanische Kontinentes
– der im Allgemeinen vergessen wird, obwohl er großer Hilfe bedarf – und zum Wohle
der Migranten, der Binnenflüchtlinge wie auch derjenigen, die ihr Land verlassen.
Zum Wohl der Asylsuchenden und der dem Menschenhandel Ausgelieferten, der Kindersoldaten,
der Arbeitssklaven und der Staatenlosen.“
Das Sicherheitheitsbedürfnis
der Aufnahmestaaten, die Solidarität mit den Flüchtlingen und die Gerechtigkeit sind
nicht immer leicht in Einklang zu bringen… „Wenn ich das Zauberwort
des Gleichklangs hätte, dieses „et“ „et“, diese spezielle katholische Konjunktion,
im Gegensatz zu „entweder“ „oder“, so würde ich es sofort anwenden. In einem Interview
kürzlich habe ich die Hoffnung ausgedrückt, dass man in Italien, und natürlich nicht
nur hier, ein Gleichgewicht zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Länder und der Gastfreundschaft
für Flüchtlinge finden möge. Nun können wir diesen Wunsch erweitern und Solidarität,
menschliches Gefühl und Gerechtigkeit hinzufügen. All dies ist Sache der Regierungen,
die in einem multilateralen Dialog eine solch komplexe Frage zu lösen versuchen. Das
kann heute keiner alleine tun.“
Was tut die Kirche konkret? „Wir
als Kirche haben die Aufgabe, die Situation zu analysieren „hic et nunc“ – hier und
jetzt. Und zwar in historischer Perspektive, im Licht der menschlichen und göttlichen
Werte, die die Kirche in Christus den Menschen seit zweitausend Jahren anbietet, trotz
der Fehler und Sünden ihrer Söhne und Töchter. Mit Kraft und Demut weist die Kirche
darauf hin, wo das „Gleichgewicht“ fehlt zwischen Sicherheitsbedürfnis, Solidarität,
Gerechtigkeit. Wenn wir in der Gastfreundschaft für Flüchtlinge nachlassen, muss gerade
die Kirche immer wieder mit Nachdruck auf ihr bestehen.“ (rv)