Papst Benedikt XVI.
wird Mahmud Ahmadinedschad nicht in Audienz empfangen, obwohl dieser darum gebeten
hatte. Der iranische Präsident soll am Gipfel der UNO-Welternährungsorganisation FAO
von Montag bis Mittwoch teilnehmen. Politisch ist Holocaust-Leugner Ahmadinedschad,
der am liebsten Israel von der Landkarte ausradieren würde, international isoliert.
Dennoch hätten es einzelne Beobachter in katholischen Kreisen mit Blick auf die Frage
der Religionsfreiheit und der Christenverfolgung im Mittleren Osten sogar begrüßt,
wenn Papst Benedikt Ahmadinedschad empfangen hätte. Gudrun Sailer hat darüber mit
Peter Mezger gesprochen, dem ARD-Korrespondenten in Teheran. Wäre es gut gewesen,
Ahmadinedschad zu empfangen? „Was die Christen im Iran angeht, die können Sie
ja fast an einer Hand abzählen. Es gibt nur eine katholische Kirche in Teheran. Es
gibt zwar diplomatische Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Iran. Aber was
Iran angeht sind die paar Christen, die es noch gibt, anerkannt. Die können ihre Religion
durchaus ausüben. Auf der anderen Seite ist der Iran immer stärker involviert in die
Geschicke des ganzen Mittleren Ostens und hat einen sehr starken Einfluss auf den
Libanon und natürlich auf den Irak. Da gibt es mehr Christen als im Iran, und die
haben natürlich große Schwierigkeiten. Derzeit findet im Irak ein großer Exodus statt,
ähnlich auch im Libanon, und man könnte jetzt annehmen, dass Ahmadinedschad bei einer
eventuellen Audienz eine Erleichterung für diese Christen als Versprechen hätte abgeben
können. Auf der anderen Seite sind die Christen im Libanon und im Irak in einer so
schlechten Position, dass man da kaum noch etwas machen kann. Eine eventuelle Audienz
Ahmadinedschads beim Papst hätte außerdem bei den Sunniten – das größere Lager in
der islamischen Welt – wieder einen großen Argwohn hervorgerufen: ‚Warum empfängt
der Papst ausgerechnet einen Vertreter der Minderheit des Islams, der Schiiten, bei
sich. Das ist doch eine Brüskierung der Sunniten'. Das ist eine heikle Geschichte
und er tut wohl gut daran, diese Audienz nicht stattfinden zu lassen.“ Wie
wurde denn im Iran die mögliche Begegnung zwischen Ahmadinedschad und dem Papst diskutiert?
Gab es Zustimmung oder Ablehnung – oder Gleichgültigkeit? „Es wurde überhaupt
nicht diskutiert. Die Möglichkeit einer Audienz ist absolut totgeschwiegen worden,
vielleicht deshalb, weil man sich eine Blamage ersparen wollte, die mit einer Absage
einhergeht. In jedem Fall, es ist in den Zeitungen weder das Contra noch das Pro diskutiert
worden. Und wenn eine Diskussion stattgefunden hätte, dann hätte man das als persönlichen
Image-Erfolge für Präsident Ahmadinedschad gewertet, der im Moment kein gutes Standing
hat in seinem Land. Einer seiner größten politischen Gegner ist zum Parlamentspräsidenten
gewählt worden. Das ist im Iran eine sehr starke und wichtige Position. Er ist damit
zum richtigen Gegenspieler von Ahmadinedschad gewählt worden. Der Mann heißt übrigens
Ali Laridschani, der frühere Atom-Unterhändler, der aus Protest gegen die Brüskierung
durch Ahmadinedschad zurückgetreten ist. Und der wird auch in einem Jahr, wenn Präsidentenwahl
ist, gegen ihn antreten.“ In der westlichen Welt gilt der Papst als moralische
Autorität schlechthin. Wie sieht Ahmadinedschad den Papst? „Was Ahmadinedschad
sicher gefällt, ist die kapitalismuskritische Seite des Papstes. Ahmadinedschad spielt
ja gerne den Robin Hood der Armen und kritisiert den ungezügelten Kapitalismus vor
allem der Amerikaner. Er hat ja zwei Feinde: Den großen Feind Amerika und den kleinen
Feind: das ist Israel. Und er hätte diese Audienz gegen diese beiden Länder ausspielen
können. Das wäre ein großer auch politischer Erfolg, um dann den andern sagen zu können:
‚Sogar der Papst hat mich empfangen und hält mich nicht für ganz so verrückt und unheimlich,
wie er im Westen oft gehalten wird’.“