2008-06-01 12:54:13

Vatikan: Keine Audienz für Ahmadinedschad


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. wird Mahmud Ahmadinedschad nicht in Audienz empfangen, obwohl dieser darum gebeten hatte. Der iranische Präsident soll am Gipfel der UNO-Welternährungsorganisation FAO von Montag bis Mittwoch teilnehmen. Politisch ist Holocaust-Leugner Ahmadinedschad, der am liebsten Israel von der Landkarte ausradieren würde, international isoliert. Dennoch hätten es einzelne Beobachter in katholischen Kreisen mit Blick auf die Frage der Religionsfreiheit und der Christenverfolgung im Mittleren Osten sogar begrüßt, wenn Papst Benedikt Ahmadinedschad empfangen hätte. Gudrun Sailer hat darüber mit Peter Mezger gesprochen, dem ARD-Korrespondenten in Teheran. Wäre es gut gewesen, Ahmadinedschad zu empfangen?
„Was die Christen im Iran angeht, die können Sie ja fast an einer Hand abzählen. Es gibt nur eine katholische Kirche in Teheran. Es gibt zwar diplomatische Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Iran. Aber was Iran angeht sind die paar Christen, die es noch gibt, anerkannt. Die können ihre Religion durchaus ausüben. Auf der anderen Seite ist der Iran immer stärker involviert in die Geschicke des ganzen Mittleren Ostens und hat einen sehr starken Einfluss auf den Libanon und natürlich auf den Irak. Da gibt es mehr Christen als im Iran, und die haben natürlich große Schwierigkeiten. Derzeit findet im Irak ein großer Exodus statt, ähnlich auch im Libanon, und man könnte jetzt annehmen, dass Ahmadinedschad bei einer eventuellen Audienz eine Erleichterung für diese Christen als Versprechen hätte abgeben können. Auf der anderen Seite sind die Christen im Libanon und im Irak in einer so schlechten Position, dass man da kaum noch etwas machen kann. Eine eventuelle Audienz Ahmadinedschads beim Papst hätte außerdem bei den Sunniten – das größere Lager in der islamischen Welt – wieder einen großen Argwohn hervorgerufen: ‚Warum empfängt der Papst ausgerechnet einen Vertreter der Minderheit des Islams, der Schiiten, bei sich. Das ist doch eine Brüskierung der Sunniten'. Das ist eine heikle Geschichte und er tut wohl gut daran, diese Audienz nicht stattfinden zu lassen.“
Wie wurde denn im Iran die mögliche Begegnung zwischen Ahmadinedschad und dem Papst diskutiert? Gab es Zustimmung oder Ablehnung – oder Gleichgültigkeit?
„Es wurde überhaupt nicht diskutiert. Die Möglichkeit einer Audienz ist absolut totgeschwiegen worden, vielleicht deshalb, weil man sich eine Blamage ersparen wollte, die mit einer Absage einhergeht. In jedem Fall, es ist in den Zeitungen weder das Contra noch das Pro diskutiert worden. Und wenn eine Diskussion stattgefunden hätte, dann hätte man das als persönlichen Image-Erfolge für Präsident Ahmadinedschad gewertet, der im Moment kein gutes Standing hat in seinem Land. Einer seiner größten politischen Gegner ist zum Parlamentspräsidenten gewählt worden. Das ist im Iran eine sehr starke und wichtige Position. Er ist damit zum richtigen Gegenspieler von Ahmadinedschad gewählt worden. Der Mann heißt übrigens Ali Laridschani, der frühere Atom-Unterhändler, der aus Protest gegen die Brüskierung durch Ahmadinedschad zurückgetreten ist. Und der wird auch in einem Jahr, wenn Präsidentenwahl ist, gegen ihn antreten.“
In der westlichen Welt gilt der Papst als moralische Autorität schlechthin. Wie sieht Ahmadinedschad den Papst?
„Was Ahmadinedschad sicher gefällt, ist die kapitalismuskritische Seite des Papstes. Ahmadinedschad spielt ja gerne den Robin Hood der Armen und kritisiert den ungezügelten Kapitalismus vor allem der Amerikaner. Er hat ja zwei Feinde: Den großen Feind Amerika und den kleinen Feind: das ist Israel. Und er hätte diese Audienz gegen diese beiden Länder ausspielen können. Das wäre ein großer auch politischer Erfolg, um dann den andern sagen zu können: ‚Sogar der Papst hat mich empfangen und hält mich nicht für ganz so verrückt und unheimlich, wie er im Westen oft gehalten wird’.“

(rv 30.05.2008 gs)








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