2008-05-26 13:52:33

Libanon: Bischof Rai, „Es bleibt viel zu tun“


RealAudioMP3 Libanon hat einen neuen Präsidenten. Nach 18 Monaten Streit und Gewalt zwischen Konfessionsgruppen und Parteien hat das Parlament am Sonntag den christlichen Armeechef Michel Suleiman zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. In der Hauptstadt Beirut herrscht große Freude; noch Mitte Mai waren bei Kämpfen zwischen Schiiten und Sunniten 65 Menschen getötet worden. Wir haben mit dem maronitischen Bischof von Byblos (Jbeil), Bechara Rai, gesprochen.

„Das libanesische Volk hat seine Freude euphorisch zum Ausdruck gebracht, weil das Land nicht ohne Staatsoberhaupt weitermachen konnte. Alles war gelähmt. Zweitens freuen sich die Menschen, weil der Präsident sehr geschätzt wird - im Libanon wie auch außerhalb.“

Eine Menge Probleme warten auf das neue Staatsoberhaupt. Suleiman muss einen Ministerpräsidenten ernennen, der dann ein Kabinett zusammenstellt. Der seit 2005 amtierende Ministerpräsident Fuad Siniora gilt als amtsmüde.

„Das Problem Parlamentsmehrheit und Opposition ist noch nicht gelöst, also der bekannte Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten – ein Problem des ganzen Nahen Ostens, das sich auch auf das Leben im Libanon auswirkt. Daher müssen die arabischen Staaten noch viel tun, um das politische Problem im Libanon zu lösen. Das zweite Problem sind die Waffen der Hisbollah. Drittens das Problem der Regierungsbildung, dann die riesigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes: Die Schulden, unter denen der Libanon zusammenzubrechen droht. Dann gibt es das Problem des Ausblutens des Libanon, denn immer mehr junge Leute verlassen das Land… Das sind alles sehr ernste und dringende Aufgaben für den neuen Präsidenten.“

Suleiman warnte die Konfliktparteien davor, ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen zu wollen. „Sicherheit kann nie mit Gewalt erreicht werden, sondern nur durch politischen Willen. Eine einzige Partei kann das Land nicht aufbauen“, sagte er. Die Zerrissenheit des Landes geht dabei zum Teil sogar quer durch die 18 anerkannten Konfessionsgruppen, von denen zwölf christlich sind. So schloss sich der Christengeneral Michel Aoun im Parlament mit der pro-syrischen, schiitischen Hisbollah zusammen. Dazu Bischof Rai:

„Auch die Kirche muss noch vieles tun in Sachen politischer Versöhnung im Libanon, damit der Libanon wieder erstarkt und seine Rolle wieder wahrnehmen kann.“

 
Der maronitische Patriarch von Antiochien, Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir, beglückwünschte den neuen libanesischen Staatspräsidenten zu dessen Wahl. Sfeir, der sich im Zug einer weltweiten Pastoralreise zum Zeitpunkt der Präsidentenwahl in Spanien aufhielt, unterstrich am Montag in Madrid, er wünsche seinen libanesischen Landsleuten, dass sie nunmehr in den Genuss von Stabilität, Frieden und Wohlstand kommen. Er hoffe, dass die Amtszeit Suleimans zu einer „segensreichen Periode“ für den Libanon werden möge.
General Suleiman gehört der maronitischen Kirche an. Die mit Rom unierte maronitische Kirche bildet die größte christliche Gemeinschaft im Libanon; auf Grund des "Pacte national" von 1943 muss der libanesische Staatspräsident immer ein Maronit sein.
Wegen der Emigrationsbewegung, die seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts andauert, ist die maronitische Kirche heute weltweit präsent. Dieser weltweiten Diaspora galt die Pastoralreise von Kardinal Sfeir. Im Zug dieser Pastoralreise traf der Kardinal-Patriarch u.a. den UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon und den US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush.

(rv / deutsche welle 26.05.2008 mc)








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