Das Oberhaupt der
tibetischen Buddhisten, der Dalai Lama, ist am Montag in Berlin aufgetreten. Bei einer
Solidaritäts-Kundgebung am Brandenburger Tor bereiteten ihm Tausende von Menschen
einen begeisterten Empfang. Gegen den Wunsch von Außenminister Frank Steinmeier (SPD)
führte der Friedensnobelpreisträger auch ein Gespräch mit Entwicklungs-Ministerin
Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD).
Die „Frankfurter Allgemeine” formuliert an
diesem Dienstag, der Dalai Lama bewege sich in Deutschland „auf dem Humus allgemeinen
Wohlwollens, nicht auf dem harten Parkett kühler Realpolitik”. Das liege an der allgemeinen
Milde, mit der Menschen im Westen derzeit auf den Buddhismus schauen. Nach den Arbeiten
des Kulturwissenschaftlers und Ägyptologen Jan Assmann gelte der Monotheismus vielen
als von seiner Anlage her gewaltbereit; eine Religión wie der Buddhismus hingegen
kenne kein „Gewaltpotential der Unterscheidung zwischen falschen Göttern und wahrem
Gott”. Hinzu kommt das Phänomen des „Orientalismus“, wie es Edward Said beschrieb:
Der Westen sucht im Osten ein Gegenüber, das anders ist als er selbst. Friedlich,
vor allem.
Die Zeitung spricht von der „Konstruktion der östlichen Religionen
als der rationaleren, friedfertigeren und spirituelleren“. Allerdings gebe es aus
der Geschichte auch des tibetischen Buddhismus gegenläufige Befunde, so die „gewaltsame
Unterdrückung des mongolischen Schamanismus in der Zeit der ersten Dalai Lamas“ oder
„religiös motivierte Morde an Vertretern konkurrierender buddhistischer Strömungen“.
„Erstaunlich“ sei aber, dass „das westliche Bild von den östlichen Religionen auf
deren eigene Selbstdarstellung zurückwirkt“. Auch der jetzige Dalai Lama habe sich
anfangs nicht eindeutig zur Gewaltlosigkeit bekannt. In einem langen Lernprozess habe
er das Thema aber „immer stärker ... in die Mitte des Buddhismus (gerückt und) seinen
Buddhismus damit der Erwartungshaltung des Westens angepasst“.