Nachdem es für eine
Weile so ausgesehen hatte, als wanke das Regime von Robert Mugabe, hat sich der Diktator
jetzt offenbar wieder gefangen. Die Stichwahl um das Präsidentenamt soll – soviel
verlautete am Donnerstag aus der Hauptstadt Harare – am 31. Juli stattfinden. Das
sind neunzig Tage nach der Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse bei der ersten Runde
der Präsidentenwahl. Es steht auch im Widerspruch zur Verfassung Simbabwes; diese
sieht die Stichwahl spätestens für den 21. Tag nach Bekanntgabe des ersten Ergebnisses
vor. Westliche Wahlbeobachter sind offenbar auch diesmal unerwünscht. Dennis Benton
ist ein früherer Afrika-Reporter der BBC und gehört zu der Bewegung „Zimbabwe Vigil“.
„Es
ist ziemlich durchsichtig, warum sie diese Verzögerung wollen - sie wollen politische
Opponenten bis dahin weiter einschüchtern. Das soll Mugabe dann eine Mehrheit in der
Stichwahl sichern. Das Land ist derzeit unter Kontrolle einer Organisation, die sich
„Vereintes Operations-Kommando“ nennt – dazu gehören die wichtigsten Militärs, die
über das Vorgehen entscheiden. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die systematische
Gewalt gegen die Oppositionspartei MDC immer weiter zunimmt. Nach MDC-Angaben wurden
33 ihrer Anhänger umgebracht und Hunderte in eigens eingerichtete Folter-Camps in
ländliche Gegenden gebracht.“
Der Terror und die Gewalt in Simbabwe
hätten ein Ausmaß erreicht, wie auch dieses leidgeprüfte Land es noch nicht erlebt
hätten.
„Die Regierung hat Militäroffiziere in ländliche Gegenden geschickt,
um dort Gruppen zu bilden, zu denen auch jugendliche Milizen gehören. Diese werden
für jedweden Schaden, den sie anrichten können, bezahlt. Wenn sie jemanden verprügeln,
bekommen sie dafür bis zu einer Billion Dollar; töten sie ihn, bekommen sie bis zu
fünf Billion Dollar. Es gibt auch festgesetzte Tarife, nach denen jemand belohnt wird,
der bestimmten Leuten die Häuser anzündet oder dafür sorgt, dass sie aus der Gegend
fliehen.“
Die unglaublich hohen Dollarangaben hängen natürlich mit der
hohen Inflationsrate in Simbabwe zusammen. Sie liegt mittlerweile jenseits von 180.000
Prozent; die Zentralbank in Harare hat deswegen am Donnerstag eine neue Banknote mit
einem Nominalwert von einer halben Milliarde Zim-Dollar eingeführt.
Benton
beteuert, dass sich die Verbrechen in Simbabwe vor aller Augen abspielen; westliche
Diplomaten beobachteten die Vorgänge im Land sehr genau. Erst vor kurzem habe es eine
Konfrontation von Diplomaten – darunter die Botschafter Großbritanniens und der USA
– mit der Polizei gegeben. Die Diplomaten hätten außerhalb Harares in einem Krankenhaus
Menschen besucht, die von Anhängern der Regierungspartei fast zu Tode gefoltert worden
seien.
„Es hat auch Berichte gegeben, dass auf Oppositionsführer Morgan
Tsvangirai ein Mordanschlag verübt werden soll. Darum war er wahrscheinlich so lange
außer Landes, um sich Garantien für seine Sicherheit zu besorgen; erst nächsten Sonntag
wird mit seiner Rückkehr nach Simbabwe gerechnet. Es gibt geheime Verhandlungen zwischen
der südafrikanischen Regierung und Mugabe, aber keiner kennt die genauen Details,
was da besprochen wird. Klar ist aber, dass Südafrikas Regierung über den Zustand
Simbabwes schockiert ist. Präsident Thabo Mbeki hat vor kurzem ein Team von Generälen
im Ruhestand nach Simbabwe geschickt, um die Lage auf dem Land zu erkunden, und nach
unseren Quellen haben sie ihm berichtet, dass freie Wahlen im Moment schlichtweg unmöglich
sind.“
Mbeki hat sich in all den letzten Jahren nie öffentlich von Mugabe
distanziert und ist für seine Geheimdiplomatie, die das offene Wort scheut, viel kritisiert
worden. Sein wahrscheinlicher Nachfolger im Amt des südafrikanischen Präsidenten,
Jacob Zuma, hingegen hat sich kürzlich demonstrativ mit Simbabwes Oppositionschef
Tsvangirai getroffen.
„Die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft mag
zwar nicht damit einverstanden sein, dass Mugabe die Stichwahl für das Präsidentenamt
um 90 Tage verschiebt; aber ihr ist doch klar, dass im Moment freie und faire Wahlen
in Simbabwe einfach unmöglich sind. Wie soll man denn eine Machtübernahme von Tsvangirai
im Fall seines Wahlsiegs garantieren, solange die Militärs das Kommando haben? Diese
wollen nun einmal Mugabe um jeden Preis siegen sehen.“
Südafrikas katholische
Bischöfe waren in den letzten Jahrzehnten oft gespalten in ihrer Haltung zu Mugabe.
Am offensten trat gegen den Diktator noch der Erzbischof von Bulawayo, Pius Ncube,
auf. Seine Stimme fällt aber in diesem heiklen Moment aus, weil ihn das Regime offenbar
erfolgreich mit einer angeblichen Affäre erpresst hat. Der Vatikan sah keine andere
Möglichkeit, als Ncube von seinem Bischofsamt zu entpflichten. (rv 16.05.2008 sk)