2008-05-16 11:48:47

Simbabwe: „Derzeit keine echte Stichwahl möglich“


RealAudioMP3 Nachdem es für eine Weile so ausgesehen hatte, als wanke das Regime von Robert Mugabe, hat sich der Diktator jetzt offenbar wieder gefangen. Die Stichwahl um das Präsidentenamt soll – soviel verlautete am Donnerstag aus der Hauptstadt Harare – am 31. Juli stattfinden. Das sind neunzig Tage nach der Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse bei der ersten Runde der Präsidentenwahl. Es steht auch im Widerspruch zur Verfassung Simbabwes; diese sieht die Stichwahl spätestens für den 21. Tag nach Bekanntgabe des ersten Ergebnisses vor. Westliche Wahlbeobachter sind offenbar auch diesmal unerwünscht. Dennis Benton ist ein früherer Afrika-Reporter der BBC und gehört zu der Bewegung „Zimbabwe Vigil“.

„Es ist ziemlich durchsichtig, warum sie diese Verzögerung wollen - sie wollen politische Opponenten bis dahin weiter einschüchtern. Das soll Mugabe dann eine Mehrheit in der Stichwahl sichern. Das Land ist derzeit unter Kontrolle einer Organisation, die sich „Vereintes Operations-Kommando“ nennt – dazu gehören die wichtigsten Militärs, die über das Vorgehen entscheiden. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die systematische Gewalt gegen die Oppositionspartei MDC immer weiter zunimmt. Nach MDC-Angaben wurden 33 ihrer Anhänger umgebracht und Hunderte in eigens eingerichtete Folter-Camps in ländliche Gegenden gebracht.“


Der Terror und die Gewalt in Simbabwe hätten ein Ausmaß erreicht, wie auch dieses leidgeprüfte Land es noch nicht erlebt hätten.

„Die Regierung hat Militäroffiziere in ländliche Gegenden geschickt, um dort Gruppen zu bilden, zu denen auch jugendliche Milizen gehören. Diese werden für jedweden Schaden, den sie anrichten können, bezahlt. Wenn sie jemanden verprügeln, bekommen sie dafür bis zu einer Billion Dollar; töten sie ihn, bekommen sie bis zu fünf Billion Dollar. Es gibt auch festgesetzte Tarife, nach denen jemand belohnt wird, der bestimmten Leuten die Häuser anzündet oder dafür sorgt, dass sie aus der Gegend fliehen.“

Die unglaublich hohen Dollarangaben hängen natürlich mit der hohen Inflationsrate in Simbabwe zusammen. Sie liegt mittlerweile jenseits von 180.000 Prozent; die Zentralbank in Harare hat deswegen am Donnerstag eine neue Banknote mit einem Nominalwert von einer halben Milliarde Zim-Dollar eingeführt.

Benton beteuert, dass sich die Verbrechen in Simbabwe vor aller Augen abspielen; westliche Diplomaten beobachteten die Vorgänge im Land sehr genau. Erst vor kurzem habe es eine Konfrontation von Diplomaten – darunter die Botschafter Großbritanniens und der USA – mit der Polizei gegeben. Die Diplomaten hätten außerhalb Harares in einem Krankenhaus Menschen besucht, die von Anhängern der Regierungspartei fast zu Tode gefoltert worden seien.

„Es hat auch Berichte gegeben, dass auf Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ein Mordanschlag verübt werden soll. Darum war er wahrscheinlich so lange außer Landes, um sich Garantien für seine Sicherheit zu besorgen; erst nächsten Sonntag wird mit seiner Rückkehr nach Simbabwe gerechnet. Es gibt geheime Verhandlungen zwischen der südafrikanischen Regierung und Mugabe, aber keiner kennt die genauen Details, was da besprochen wird. Klar ist aber, dass Südafrikas Regierung über den Zustand Simbabwes schockiert ist. Präsident Thabo Mbeki hat vor kurzem ein Team von Generälen im Ruhestand nach Simbabwe geschickt, um die Lage auf dem Land zu erkunden, und nach unseren Quellen haben sie ihm berichtet, dass freie Wahlen im Moment schlichtweg unmöglich sind.“

Mbeki hat sich in all den letzten Jahren nie öffentlich von Mugabe distanziert und ist für seine Geheimdiplomatie, die das offene Wort scheut, viel kritisiert worden. Sein wahrscheinlicher Nachfolger im Amt des südafrikanischen Präsidenten, Jacob Zuma, hingegen hat sich kürzlich demonstrativ mit Simbabwes Oppositionschef Tsvangirai getroffen.

„Die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft mag zwar nicht damit einverstanden sein, dass Mugabe die Stichwahl für das Präsidentenamt um 90 Tage verschiebt; aber ihr ist doch klar, dass im Moment freie und faire Wahlen in Simbabwe einfach unmöglich sind. Wie soll man denn eine Machtübernahme von Tsvangirai im Fall seines Wahlsiegs garantieren, solange die Militärs das Kommando haben? Diese wollen nun einmal Mugabe um jeden Preis siegen sehen.“

Südafrikas katholische Bischöfe waren in den letzten Jahrzehnten oft gespalten in ihrer Haltung zu Mugabe. Am offensten trat gegen den Diktator noch der Erzbischof von Bulawayo, Pius Ncube, auf. Seine Stimme fällt aber in diesem heiklen Moment aus, weil ihn das Regime offenbar erfolgreich mit einer angeblichen Affäre erpresst hat. Der Vatikan sah keine andere Möglichkeit, als Ncube von seinem Bischofsamt zu entpflichten.
(rv 16.05.2008 sk)







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