2008-05-11 09:43:06

Nahost: Todenhöfer fordert KSZE-Prozess


RealAudioMP3 60 Jahre Israel. Heitere und gelöste Feiern starteten diese Woche im Staat selbst; Premierminister Ehud Olmert zitierte aus der Bibel und sprach von göttlicher Vorsehung. In den Palästinensergebieten sind noch bis Mitte der Woche Protestmärsche geplant. Am 14. Mai 1948 hatte David Ben Gurion die Unabhängigkeit Israels ausgerufen. Rund 760.000 Palästinenser mussten in der Folge ihre Heimat verlassen.
Pater Eberhard von Gemmingen SJ hat aus diesem Anlass mit Bestsellerautor Jürgen Todenhöfer gesprochen. Der frühere CDU-Sprecher für Rüstungskontrolle und Entwicklungspolitik will mit dem Autorenhonorar seines aktuellen Buches „Warum tötest du Zaid?“ im Mittleren Osten unter anderem ein israelisch-palästinensisches Versöhnungsprojekt finanzieren.
Die Frage an Jürgen Todenhöfer: Was wünschen Sie dem Staat Israel zum 60. Geburtstag?
„Ich wünsche Israel Frieden und die Freundschaft seiner arabischen Nachbarn. Das ist die Vorraussetzung. Die Zukunft Israels ist nicht gesichert, wenn es in Feidschaft mit seinen unmittelbaren und weiter entfernten arabischen Nachbarn lebt, sondern nur, wenn es gelingt, Freundschaft mit den arabischen Nachbarn zu schaffen. Ich glaube, dass das Problem des Mittleren Ostens - das gilt nicht nur für den Palestina-Konflikt - nicht durch Kriege und Terroranschläge gelöst werden kann, sondern nur durch Verhandlungen. Aber nicht nur Verhandlungen zwischen Palästinensern und Juden: Wir brauchen für den gesamten Mittleren Osten, dessen Probleme alle miteinander verknüpft sind, so etwas wie eine KSZE, die es damals zwischen dem Ostblock und dem Westen Anfang der siebziger Jahre bis Ende der achtziger Jahre gab. Dieser KSZE-Prozess, eneine Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit, hat nach 16, 18 Jahren in Europa Frieden geschaffen. Ein Frieden den niemand für möglich hielt. Und genau so müssen sich die Führer des Mittleren Ostens auf einer KSZE für den Mittleren Osten an einen Tisch setzten. Das heißt, da muss der israelische Premierminister mit dem iranischen Staatspräsidenten und dem König von Saudi-Arabien und dem Präsidenten Assad von Syrien und mit den gewählten Vertretern Palästinas zusammenkommen und alle müssen bereit sein, diese Probleme zu lösen.“
Spielt die „Würde“ der Araber, das „Ernst nehmen“, eine besondere Rolle?
„Das Ernstnehmen der Würde ist für mich die zentrale politische Errungenschaft des Christentums: dass die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten ist. Deswegen ist die Formel, mit der eine solche Mittlere-Osten-Konferenz geführt werden müsste von Seiten des Westens, ,Wir müssen die muslimischen Staaten genauso fair und genauso großzügig behandeln, wie wir zurecht Israel behandeln.’ Und das ist der Schlüssel des Problems. Das Problem ist einfach nicht mehr durch Anschläge von Palästinensern und durch Kriege von Israelis zu lösen.“
Ist der Westen dumm? Oder gibt es im Westen so viele Kräfte, die den Frieden nicht wollen?
„Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, dass sehr viel von dem Chaos, das im Mittleren Osten stattfindet, mit Ignoranz des Westens zusammenhängt; auch damit, dass man offensichtlich die Erfahrungen des Ost-West-Konfliktes vergessen hat, und dass sehr viele Politiker glauben, es gäbe nur die Alternative zu bombardieren oder zuzuschauen. Aber es gibt zu diesen beiden inakzeptablen Lösungen, die zur Zeit überall auf der Welt eingeschlagen werden, eine Alternative - und die heißt: verhandeln.“
(rv 10.05.2008 gem/on/bp)








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