Kirchenvertreter haben
zu Anstand und Ernsthaftigkeit in der Politik aufgerufen. Politiker sollten die „Ärmel
aufkrempeln“ und die schwierige soziale Lage in Angriff nehmen, forderte ein Bischof
im süditalienischen Apulien. Nach dem „zermürbenden Wahlkampf“ sollten sie statt Eigeninteressen
konkrete Maßnahmen für Familien, Arbeiter und Jugendliche, im Schul- und im Gesundheitswesen
verfolgen, so der Oberhirte von San Severo in einem Offenen Brief. An diesem Dienstag
trat in Rom erstmals das neu gewählte Parlament zusammen. Zwei Wochen nach den
Parlamentswahlen sind jetzt auch die Stichwahlen in den Kommunen und Provinzen abgeschlossen.
Beim Rennen um das Bürgermeisteramt in Rom hat sich Gianni Alemanno von der ehemals
neofaschistischen Nationalen Allianz, die in Silvio Berlusconis Volk der Freiheit
aufgegangen ist, durchgesetzt. Nach dem Machtverlust bei der Parlamentswahl bedeutet
das Ergebnis eine weitere schwere Schlappe für das Mitte-Links-Lager, das Rom während
eines Großteils der vergangenen 30 Jahre und zuletzt ununterbrochen seit 1993 regierte.
Die Wahlbeteiligung war um zehn Prozent niedriger als noch vor zwei Wochen. Die Linke
macht den Rechtstrend im Land, die Enttäuschung im eigenen Lager und das Thema Sicherheit
für die „schwere Niederlage“ verantwortlich. Der Sozialwissenschaftler der Päpstlichen
Universität Angelicum, Alberto Lo Presti, warnt vor einer angstbesetzten Anti-Immigrationspolitik: „Das
ist das Resultat eines sehr harten, lauten und auch polemischen Wahlkampfs. Das Volk
ist in gewisser Weise auch der Politisierung des täglichen Lebens überdrüssig. Jedem
Handgriff, jedem Schritt sollte in den letzten Wochen scheinbar politische Couleur
zugeschrieben werden. Die Menschen sind dessen müde, und deshalb sind wohl viele nicht
mehr zur Wahl gegangen. Wer gewählt hat, wollte den Wechsel. Man kann nur hoffen,
dass das Ergebnis nicht nur der zunehmenden Angst und Unsicherheit zuzuschreiben ist.
Der Wahlkampf in Rom setzte stark auf eine mögliche Bedrohung durch Einwanderer aus
Nicht-EU-Ländern und durch Bürger, die sich nicht wie der Standard-Italiener in die
Gesellschaft integrieren usw. Hoffen wir, dass es nicht nur eine von der Angst getriebene
Wahl war. Denn das ließe nichts Gutes für die Zukunft erahnen.“ (rv/sir 29.04.2008
bp)