Biosprit, also die
Herstellung von Benzin und Diesel aus Lebensmitteln wie Zucker und Mais, wird zu einem
immer umstritteneren Thema. In Europa mehren sich die Stimmen für einen Importstopp.
„Biosprit ist Verbrechen gegen die Menschheit“, klagt der UNO-Sonderberichterstatter
für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, und warnt vor massiven Hungeraufständen.
Doch eine Nahrungsmittelkrise ist vermeidbar, Globalisierung und Überbevölkerung seien
nicht die Ursachen, betont der Osnabrücker Professor für Christliche Sozialwissenschaften,
Manfred Spieker. Er erinnert im Gespräch mit Radio Vatikan an bestehende Marktgesetze
und fordert einen Ausbau der Agrarwissenschaft.
„Wenn Agrarflächen zum
Anbau von Pflanzen benutzt werden, die für den Biosprit gebraucht werden, dann gelten
natürlich auch da Marktgesetze. Wenn das besonders subventioniert wird, wird natürlich
jeder Landwirt sich dafür entscheiden, Biosprit anzubauen. Insofern ist der Treibstoff
selbst sicher nicht die Ursache.“ Eine weltweite Ernährungskrise sei zu vermeiden,
so der Sozialwissenschaftler. Spieker fordert einen Ausbau der Agrarwissenschaft. „Die
müsste vielmehr verstärkt werden, um auch für eine wachsende Bevölkerung Nahrungsmittel
zu produzieren. Ein Beispiel: Deutschland ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts bevölkerungsmäßig
geradezu explodiert. Doch es gab in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts keine Hungerkrisen
mehr – im Gegensatz zur ersten Hälfte. Was war die Ursache? Es wurde die Agrarchemie
von Justus Liebig entwickelt, der eine wesentliche Bedeutung hat für die Steigerung
der Nahrungsmittel im 19. Jahrhundert, so dass auch eine sich verdoppelnde Bevölkerung
genug zu Essen hatte.“ Wer ist dann schuld? Die Globalisierung? Nein. „Die
Globalisierung ist nicht der Bösewicht. Globalisierung ist - wie es Johannes Paul
II. schon vor sieben Jahren bei der Vollversammlung der päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften
gesagt hat – ganz neutral. Es hängt davon ab, was der Mensch aus ihr macht. Im Kompendium
der Soziallehre der Kirche ist davon die Rede, dass die Globalisierung eine Chance
ist: Nämlich, das die Welt zusammenwächst, das sie einheitlich wird. Aber sie kann
natürlich auch zur Gefahr werden, wenn man allein Marktgesetzte die Globalisierung
bestimmen lässt. Aber dass China und Indien sich gut entwickeln, ist zunächst etwas
Positives. Die Menschen werden aus Armut herausgeführt. Also ich glaube nicht, dass
der Aufstieg von China und Indien die Ursache der Nahrungsmittelkrise ist.“ Wie
steht die Kirche, die christliche Sozialwissenschaft zum Thema Bevölkerungswachstum?
Spieker hält nichts von der These, Überbevölkerung sei schuld an der Nahrungsmittelkrise: „Zum
Thema Bevölkerungswachstum hat schon Paul VI. in Populorum Progressio genug gesagt.
Natürlich legt die Kirche Wert darauf, dass Menschen eine verantwortliche Elternschaft
praktizieren. Aber verantwortliche Elternschaft heißt nicht, Bevölkerungswachstum
verhindern um jeden Preis. Das machen bestimmte internationale Organisationen bis
hin zum Bevölkerungsfond der UNO mit ganz unlauteren Mitteln. Nein, eine wachsende
Bevölkerung kann auch ernährt werden, wenn die Agrarwirtschaft sich entsprechend entwickelt.
Das Beispiel Deutschland im 19. Jahrhundert habe ich genannt. Eine Verdoppelung der
Bevölkerung war aufgrund der Entwicklung der Anbaumethoden und Düngung der Getreidesorten
plötzlich kein Problem mehr. Auch in der Dritten Welt gibt es genug Institutionen,
die allerdings unzureichend gefördert werden, da kann man sicher noch eine Menge tun.
Auch in Verteilungsfragen könnte man noch sehr viel tun. Man muss natürlich auch,
was in Afrika ein Problem ist, Straßen bauen zum Vertrieb und zur Verwertung der
Produktion. Daran mangelt es, denken Sie nur an Simbabwe. Johannes Paul II. sagte
schon in der Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis 1987, dass auch gerechte Strukturen
wichtig sind, um den Wohlstand der Nationen sicher zu stellen. Diktaturen können ein
Land auch ruinieren, Simbabwe ist das beste Beispiel. Eine Kornkammer wurde durch
die Politik ruiniert.