2008-04-27 13:55:07

Vatikan: Predigt zur Priesterweihe


Benedikt XVI. hat als Bischof von Rom an diesem Sonntag 29 Männer zu Priestern geweiht. Hauptaufgabe der Priester sei es, das Evangelium und damit die Freude zu verkünden, sagte er bei der mehrstündigen Zeremonie im Petersdom.

In einer eigenen Arbeitsübersetzung dokumentieren wir hier die auf Italienisch gehalten Predigt:


Liebe Brüder und Schwestern,


für uns wird heute auf besondere Weise das Wort war: „Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude“ (Jes 9,2). In der Tat, zur Freude, am Tag des Herrn die Eucharistie zu feiern, kommt der Jubel der Osterzeit, deren 6. Sonntag wir begehen, und vor allem die Feier der Weihe neuer Priester. Gemeinsam mit Euch grüße ich die 29 Diakone, die in Kürze zu Priester geweiht werden. Ich danke allen, die sie auf ihrem Weg der Entscheidung und Vorbereitung begleitet haben und bitte euch alle, Gott für dieses Geschenk an die Kirche, für diese neuen Priester, zu danken. Unterstützen wir sie mit intensivem Gebet während dieser Feier, im Geist innigsten Danks an den Vater, der sie gerufen hat, an den Sohn der sie zu sich hingezogen hat und an den Geist, der sie geformt hat. Normalerweise findet die Weihe neuer Priester am 4. Sonntag der Osterzeit statt, der Guter Hirten Sonntag genannt wird und der auch der Weltgebetstag für geistliche Berufungen ist. Dieses Jahr war das nicht möglich, da ich kurz vor dem Abflug zu meiner Pastoralreise in die Vereinigten Staaten stand. Das Bild vom Guten Hirten scheint stets mehr als jedes andere die Rolle und den Dienst des Priesters in der christlichen Gemeinde zu verdeutlichen. Doch auch die Bibelstellen, die die heutige Liturgie uns betrachten lässt, beleuchten aus einer anderen Perspektive heraus die Aufgabe des Priesters.
Die erste Lesung aus dem 8. Kapitel der Apostelgeschichte, berichtete von der Sendung des Diakons Philippus nach Samarien. Ich will die Aufmerksamkeit direkt auf den Satz am Ende des ersten Teils lenken: „So herrschte große Freude in jener Stadt.“ Dieser Satz spricht nicht von einer Idee oder einem theologischen Konzept, bezieht sich aber auf ein bedeutendes Ereignis, etwas, das das Leben der Menschen verändert hat: In einer bestimmten Stadt in Samaria geschieht nach einer Zeit der ersten gewaltsamen Verfolgung der Kirche in Jerusalem (vgl. Apg ,1) etwas, das Grund „großer Freude“ ist. Was war geschehen? Der heilige Autor berichtet, dass auf der Flucht vor der in Jerusalem ausgebrochenen Verfolgung gegen alle, die sich zum Christentum bekehrt hatten, alle Jünger – mit Ausnahme der Apostel – die Heilige Stadt verlassen hatten und im Umland verstreut waren. Aus diesem schmerzhaften Ereignis erwuchs auf geheimnisvolle und von der Vorsehung bestimmten Weise ein neuer Impuls für die Verbreitung des Evangeliums. Unter den Geflohenen war auch Philippus, einer der sieben Diakone der Gemeinde, Diakon wie ihr, liebe Weihekandidaten, wenn auch sicher auf andere Weise, denn in der unnachahmlichen Situation der Urkirche waren die Apostel und Diakone vom Heiligen Geist mit einer außergewöhnlichen Kraft beseelt – für die Verkündigung wie für Wundertaten. Es geschah, dass die Bewohner dieser Stadt in Samarien, von der in diesem Kapitel der Apostelgeschichte die Rede ist, einmütig die Worte Philippus annahmen und er, dank ihrer Annahme des Evangeliums, viele Kranke heilen konnte. In dieser Stadt in Samarien, inmitten einer traditionell verachteten und von den Juden nahezu ausgestoßenen Bevölkerung erklang die Botschaft Christi, die die Herzen derer, die sie voll Vertrauen annahmen, zur Freude befähigte. Deshalb herrschte in dieser Stadt – wie Lukas es unterstreicht – große Freude.


Liebe Freunde, das ist auch eure Aufgabe: das Evangelium allen zu bringen, damit alle die Freude Christi erfahren und so in jeder Stadt Freude herrsche. Was kann es schöneres geben? Was ist größer, begeisternder, als zusammen für die Verbreitung des Wortes des Lebens in der Welt zu arbeiten, als das Wasser des Lebens des Heiligen Geistes zu bringen? Die Freude verkünden und bezeugen: Das ist der zentrale Kern eures Auftrags, liebe Diakone, die ihr in wenigen Augenblicken zu Priestern werdet. Der Apostel Paulus nennt die Diener des Evangeliums „Diener der Freude“. Den Christen von Korinth schreibt er in seinem zweiten Brief: „Wir wollen ja nicht Herren über euren Glauben sein, sondern wir sind Helfer zu eurer Freude; denn im Glauben seid ihr fest verwurzelt.“ Dies sind programmatische Worte für einen jeden Priester. Um Helfer zur Freude der anderen zu sein, und das in einer oft traurigen und negativen Welt, muss das Feuer des Evangeliums in euch selbst brennen, damit in euch die Freude des Herrn wohne. Nur so könnt ihr Boten und Multiplikatoren dieser Freude sein und sie allen bringen, vor allem denen, die traurig und entmutigt sind.


Kehren wir zurück zur ersten Lesung, die noch ein weiteres Moment der Betrachtung liefert. Es ist von einer Gebetsgemeinschaft die Rede, die gerade in der vom Diakon Philippus bekehrten Stadt in Samarien zusammenkam. Die Apostel Petrus und Johannes standen ihr vor - zwei Säulen der Kirche, eigens aus Jerusalem gekommen, um diese neue Gemeinde zu besuchen und sie im Glauben zu stärken. Durch ihre Handauflegung kam der Heilige Geist auf die Getauften herab. Hier sehen wir einen ersten Beleg für den Ritus der „Konfirmation“, der Firmung, dem zweiten christlichen Initiationssakrament. Auch für uns, die wir hier versammelt sind, ist der Bezug auf den rituellen Gestus der Handauflegung von sehr hoher Bedeutung. Es ist der zentrale Gestus im Ritus der Weihe, mit dem ich in Kürze den Weihekandidaten die priesterliche Würde übertrage. Dieses Zeichen ist untrennbar mit dem Gebet verbunden, das in der Stille folgt. Ohne Worte legen der Bischof und nach ihm die anderen Priester die Hände auf das Haupt der Kandidaten und drücken so die Anrufung Gottes aus, damit er seinen Geist auf sie aussende, sie verwandle und so am Priestertum Christi teilhaft werden lasse. Es handelt sich um wenige Sekunden, eine sehr kurze Zeit, aber voll von außerordentlicher geistlicher Dichte.


Liebe Weihekandidaten, in der Zukunft müsst ihr immer wieder an diesen Moment zurückdenken, an diesen Gestus, der nichts magisches hat, so sehr er auch voll Geheimnis steckt, denn hier liegt der Ursprung eurer Mission. In diesem stillen Gebet begegnen sich zwei Freiheiten: die Freiheit Gottes, der durch den Heiligen Geist wirkt, und die Freiheit des Menschen. Die Auflegung der Hände drückt ganz plastisch den besonderen Charakter dieser Begegnung aus: Die Kirche, in Person des Bischofs - stehend mit ausgestreckten Händen, bittet den Heiligen Geist den Kandidaten zu weihen; der Diakon - kniend, empfängt die Auflegung der Hände und vertraut sich dieser Vermittlung an. Das Zusammenspiel der Gesten ist wichtig, aber unendlich wichtiger ist die unsichtbare geistliche Bewegung, die darin zum Ausdruck kommt; eine Bewegung, die durch die heilige Stille heraufbeschworen wird, die sich innerlich wie äußerlich vollzieht.


Diese geheimnisvolle trinitarische Bewegung, die den Heiligen Geist und den Sohn dazu führt, in den Jüngern zu wohnen, erleben wir auch im Evangelium. Hier ist es Jesus selbst, der verspricht, den Vater darum zu bitten, den Seinen den Geist zu senden, beschrieben als „einen anderen Beistand“ (Joh 14,16), mit dem griechischen Wort das dem lateinischen „ad-vocatus“, Anwalt und Verteidiger, entspricht. Der erste Beistand ist der fleischgewordene Sohn, der gekommen ist, um den Menschen vor dem Ankläger schlechthin, vor dem Satan, zu verteidigen. In dem Moment, in dem Christus nachdem er seine Mission vollendet hat, zum Vater heimkehrt, sendet er den Geist, als Verteidiger und Tröster, damit er für immer bei den Gläubigen bleibe und in ihnen wohne. So entsteht zwischen Gott Vater und den Jüngern mittels des Sohnes und des Heiligen Geistes eine innere wechselseitige Verbindung: „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch“ (Joh 14,20), sagt Jesus. Das alles hängt jedoch an einer Bedingung, die Christus zu Beginn klar stellt: „Wenn ihr mich liebt“ (Joh 14,15), die er am Ende auch wiederholt: „Wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren“ (Joh 14,21). Ohne die Liebe zu Jesus, die sich in der Achtung seiner Gebote zeigt, schließt sich der Mensch aus der trinitarischen Bewegung aus und beginnt, sich in sich selbst zu verschließen; er verliert die Fähigkeit, Gott zu empfangen und mit ihm zu sprechen.


„Wenn ihr mich liebt“. Liebe Freunde, diese Worte hat Jesus beim Letzten Abendmahl gebraucht, als er die Eucharistie und das Priestertum einsetzte. Auch wenn er sie den Aposteln sagte, gelten sie in bestimmtem Sinn all ihren Nachfolgern und den Priestern, die die engsten Mitarbeiter der Nachfolger der Apostel sind. Wir hören diese Worte heut als Einladung, immer mehr entsprechend unserer Berufung in der Kirche zu leben: Ihr, liebe Weihekandidaten hört sie mit besonderen Gefühlen, denn gerade heute mach Christus euch zu Teilhabern an seinem Priestertum. Nehmt diese Wort auf mit Glauben und Liebe! Lasst zu, dass sie sich in euer Herz einschreiben, lasst euch von ihnen euer Leben lang auf eurem Weg begleiten. Vergesst sie nicht, lasst sie nicht unterwegs liegen! Lest sie immer wieder neu, betrachtet sie und vor allem betet mit ihnen. So bleibt ihr der Liebe Christi treu und voll Freude werdet ihr euch immer wieder neu bewusst, wie sein göttliches Wort mit euch geht und in euch wächst.


Noch eine Bemerkung zur zweiten Lesung: Sie ist dem ersten Brief des Petrus entnommen, an dessen Grab wir uns befinden und dessen Fürsprache ich euch besonders anvertrauen will. Seine Worte mache ich mir zu eigen und vertraue sie euch herzlich an: „Halte in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Haltet in euren Herzen Christus den Herrn heilig: Pflegt also eine persönliche Liebesbeziehung zu ihm, der ersten und größten Liebe, einzig und vollkommen, in der alle anderen Beziehungen leben, sich reinigen, erhellen und heiligen. Die Hoffnung, die euch erfüllt, ist mit dieser Anbetung verbunden, mit dieser Liebe zu Christus, der - wie wir gesagt haben - durch den Geist in euch wohnt. Unsere Hoffnung, eure Hoffnung, ist Gott, in Jesus und im Hl. Geist. Hoffnung, die ab heute in euch „priesterliche Hoffnung“ wird, die Hoffnung auf Jesus, als Guten Hirten, der in euch wohnt und eure Sehnsüchte entsprechend seines göttlichen Herzens formt: Hoffnung des Lebens und der Vergebung für die Menschen, die eurem seelsorgerlichen Wirken anvertraut werden; Hoffnung der Heiligkeit und des apostolischen Wirkens für euch und die ganze Kirche; Hoffnung der Öffnung für den Glauben und die Begegnung mit Gott alle, die euch in ihrer Suche nach Wahrheit aufsuchen; Hoffnung des Friedens und des Trostes für alle, die leiden und vom Leben gezeichnet sind.


Ihr Lieben, dies ist mein Wunsch für euch an diesem so besonderen Tag: Dass die Hoffnung aus dem Glauben immer mehr zu eurer wird! Dass ihr immer mehr zu Zeugen und Spendern werdet - weise und großzügig, sanft und stark, respektvoll und überzeugt. Auf diesem Dienst begleite und bewahre euch stets die Jungfrau Maria, die ich euch bitte, bei euch aufzunehmen, so wie es der Apostel Johannes unter dem Kreuz getan hat; sie ist Mutter und Stern eures Lebens und eures Priestertums.
 
(Übersetzung: Birgit Pottler)


(rv 27.04.2008 bp)







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