2008-04-24 14:37:45

Indien: Kirche hat Kastenproblem


RealAudioMP3 Im südöstlichen Bundesstaat Tamil Nadu sind Anfang des Monats rund 1.000 christliche Dalits wieder zum Hinduismus zurück konvertiert. Das berichtet die Agentur Asianews unter Berufung auf eine lokale Hindu-Partei, die den Religionswechsel der Menschen vornahm. Ein Sprecher der Partei (Hindu Makkal Katchi) sagte, bis zum kommenden August weitere 20.000 Christen zum Übertritt zum Hinduismus bewegen zu wollen.
In Tamil Nadu ist die Diskriminierung durch das Kastensystem auch im Christentum verbreitet. Bei jüngsten Ausschreitungen zwischen Dalits und Angehörigen oberer Kasten in einer Pfarre griff die örtliche Polizei ein; zwei Personen wurden getötet. Nach Angaben von Asianews haben in Tamil Nadu Angehörige oberer Kasten sogar in der Kirche häufig andere Sitzplätze und auf dem Friedhof andere Gräber als Dalits.
Wie kann das möglich sein? Wir haben dazu Kardinal Oswald Gracias befragt - er ist Erzbischof von Mumbai (Bombay) und Vorsitzender der indischen Bischofskonferenz. Hat die katholische Kirche ein Kastenproblem?
„Ich würde sagen, das stimmt: Wir haben auch in der Kirche manche, die glauben an Kasten und leben entsprechende Vorurteile. Das ist nicht gut – aber das ist die Wahrheit.“
Die Bischöfe seien sich des Problems durchaus bewusst, so Gracias:
„Die Kirche hat sich ganz klar und streng dazu geäußert. Trotzdem gibt es in der Gesellschaft Kasten, besonders in der Hindu-Gesellschaft - und das hat auch einen Einfluss auf Christen in der Kirche. Wir haben viel gemacht, wir haben viel darüber diskutiert – auch unsere Bischofskonferenz. Was sollen wir machen? Vielleicht die Bildung verbessern?“
Allerdings – das Problem ist auf dem Subkontinent unterschiedlich stark verbreitet. Auch er habe Schwierigkeiten, die Kasten-Mentalität nachzuvollziehen:
„Ich komme aus Mumbai – dort haben wir keine Kasten. Aber ich verstehe die Leute, die woanders vom Kastenwesen unterdrückt werden. Das ist schwer zu verstehen, auch für uns in anderen Teilen Indiens. Aber wir müssen etwas dagegen tun.“
Ein anderes Problem in Indien sind Gewalttaten gegen Christen. Meldungen aus dem östlichen Bundesstaat Orissa weckten Ende vergangenen Jahres international die Sorge, dass Christen auch in anderen Teilen Indiens systematisch von Hindu-Fundamentalisten verfolgt werden könnten. Diese Sorge sei aber unbegründet, sagt Gracias. Man dürfe nichts beschönigen, aber auch nicht unnötig dramatisieren
„Ich glaube, dass einige Parteien gedacht haben, dass sie so Wahlen gewinnen können. Christen sind gefährlich, und deswegen sollen sie Hindu-Parteien wählen. Solche Ideen wurden verbreitet: Das aber ist gefährlich! Das ist nur die Meinung einer kleinen Minderheit. Unsere Arbeit geht weiter; und viele – vor allem in der Stadt – wissen gar nichts von diesen Angriffen.”
Politischen Druck von außen hält der Kardinal sogar für gefährlich.
„Ich habe auch die Sorge, wenn das Problem international wird – und es ist nicht so groß –, wenn sich also andere Länder einmischen, könnte das auch ein Problem werden. Denn dann bekommen die Hindus Angst und sagen: ‚Die Christen sind wirklich gefährlich’. Das ist auch eine Gefahr! Ich denke, das Problem muss innerhalb von Indien gelöst werden.”
(rv 24.04.2008 mc)
 







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