USA-Reise: „Starke Emotionen“ - Ein Tagesrückblick auf den Samstag
Ein Gespräch
mit unserem Korrespondenten Stefan Kempis in New York
Wie war der vorletzte
Reisetag des Papstes? Also, er hat mit starken Emotionen angefangen. Die New Yorker
sind schon seit Tagen durch Dauerberichterstattung in den Medien, durch Staus und
Polizei auf die Visite vorbereitet worden – jetzt wollten sie den Papst aber auch
wirklich sehen. Darum kamen sehr viele am Morgen nach Manhattan, um in der Nähe der
Patricks-Kathedrale wenigstens einen Blick auf diesen Mann zu werfen, von dem die
Presse immer wiederholt, er stehe Gott näher als irgendjemand sonst. Das war ein besonderer
Moment, denn so viele Momente gibt es nicht auf dieser Reise, bei der die Menschen
ohne Platzkarten und Schlangestehen den Papst sehen können. – Die Messe in der Kathedrale
wirkte dann irgendwie sehr europäisch: Sie hätte vom visuellen Eindruck her auch irgendwo
in Europa, in Irland etwa, stattfinden können. Die Predigt Benedikts war meiner Meinung
nach die beste, die er bisher in den USA gehalten hat: Der Versuch, die bösen Geister
der Pädophilie-Skandale und der Entmutigung auszutreiben.
Am Nachmittag gab
es dann ein großes Jugendtreffen mit dem Papst…
Ja – ein richtiges Fest, wie
die Amerikaner das eben können, mit Popstars und Tänzern, die einheizten, bevor der
Papst kam. Für Benedikt XVI. war das vielleicht fast schon ein bisschen zuviel Geschrei
und Jubel, man sah ihm an diesem Samstag eine große Müdigkeit an, aber auch eine gewisse
innere Bewegung. Der schönste Moment war aber wohl gar nicht dieses Jugendfest mit
dem Papst, sondern kurz vorher seine Begegnung mit Behinderten; dieser Papst wirkt
eben besonders im kleineren Rahmen. Das hat man auch schon am Freitag bei seinem Besuch
einer Synagoge gesehen.
Dieser Besuch in der Synagoge ist ja in den amerikanischen
Medien wie ein Durchbruch gefeiert worden – woran liegt das?
Ja, das hat mich
auch überrascht. Es wird wieder und wieder betont, das sei der erste Papstbesuch in
einer Synagoge auf US-Boden. Wahrscheinlich liegt es an der starken jüdischen Präsenz
in New York, dass dieser Programmpunkt soviel Beachtung fand. Und es war auch von
der Stimmung her etwas ganz Anderes als seine Visite in der Kölner Synagoge: Dort
dominierte damals die Erinnerung an den Holocaust und das mahnende „Nie wieder“; hier
in New York gab es schon die Feststimmung wegen des Osterfestes, das die Juden heute
feiern. Außerdem sprach in Köln der Rabbiner nur gebrochen deutsch; hier in New York
dagegen war es ein Mann aus dem, sagen wir mal, gleichen Kulturkreis wie der Papst,
aus dem österreichischen nämlich.
Am Sonntagvormittag will der Papst den Ground
Zero besuchen…
Das wird sicher das eindringlichste Bild dieser ganzen Reise.
Das, was alle in Erinnerung behalten werden. Benedikt XVI. ist ja eigentlich kein
Mann der großen symbolischen Gesten wie sein Vorgänger Johannes Paul. Erinnern wir
uns doch, wie das war, als der gealterte polnische Papst an der Seite von Helmut Kohl
durch das Brandenburger Tor humpelte… Der Termin am Ort der Terroranschläge vom 11.
September 2001, das könnte für Benedikt XVI. das Brandenburger Tor werden. Sein emblematisches
Bild. – Am Sonntag Nachmittag wird er noch eine große Messe in New York feiern, in
einem Baseball-Stadion, und danach fliegt er dann wieder nach Rom zurück.