Die New Yorker Zeitungen
bringen zum Papstbesuch Sonderseiten mit vielen Fotos und bunten Berichten. „Come
to papa“, Kommt zum Papa, titelt die „New York Post“ und zeigt einen Benedikt auf
dem ganzseitigen Titelbild, der lachend die Arme ausbreitet. „Die Leute spüren sein
Charisma der Ehrlichkeit“, meint eine Kommentatorin im Innenteil des Blattes und fährt
fort: „Wen das nicht anrührt, der ist überhaupt nicht lebendig.“ Der Artikel fährt
fort: „What a hit, what a trip, what a triumph – welch ein Schlag, welch eine Reise,
was für ein Triumph! Aber da war noch mehr: Seit dieser Woche ist Benedikt wirklich
der Führer der Katholiken in Amerika. Ein Durchbruch, den er auf seine sanfte Tour
erreicht hat. Die Amerikaner kennen ihn jetzt.“ In einem weiteren Artikel der „New
York Post“ wird über den baldigen Abgang des bei vielen unpopulären New Yorker Kardinals
Edward Egan spekuliert – und ausführlich über einen Wasserfleck berichtet, der an
einer Zimmerdecke in der Stadt aufgetaucht sei und das Gesicht Jesu zu zeigen scheine.
Ein Wunder?
„City of Love“, Stadt der Liebe – das ist die Schlagzeile der „Daily
News“, ebenfalls mit Papstbild auf dem Titel und mit 12 Sonderseiten zur Visite. Ein
Kommentator schreibt zum Gebet Benedikts an „Ground Zero“, dem Ort des Terrors vom
11. September 2001: „Dieser Respekt des Papstes für Ground Zero macht ihn zu einem
heiligen Ort. Und beschämt alle, die den Ground Zero nur noch wie eine Baustelle behandeln.“
Dass der Papst an diesem Sonntag an die Terror-Opfer des 11. September erinnert, beschäftigt
auch die Zeitung „Newsday“: Sie porträtiert den Priester, der beim Einsturz des „World
Trade Center“ starb: Michael Judge, ein Franziskaner. Feuerwehr-Seelsorger, sozial
engagiert, vor allem im Kampf gegen Aids, alkoholkrank – eine Persönlichkeit mit Ecken
und Kanten. „Ein New Yorker eben“, urteilt „Newsday“ stolz. Und schreibt dann: „Wenn
der Papst zum Ground Zero hinabsteigt, dann wird er dort in Gedanken auf Father Michael
treffen. Zwei katholische Priester: ein Deutscher und ein New Yorker. Ein majestätischer
und ein ganz gewöhnlicher. Alte und neue Kirche. Gott segne sie alle beide.“
Auch
„Newsday“ berichtet mit 16 Seiten ausführlich und sehr positiv über den Papstbesuch
– vor allem über die Freude der Menschen in der Stadt, den Papst bei sich zu haben
und wenigstens aus der Ferne einmal zu sehen. Ein Artikel beschäftigt sich mit dem
früheren New Yorker Bürgermeister und Ex-Präsidentschaftskandidaten Rudy Giuliani,
der am Samstag bei der Messe Benedikts in der St.-Patricks-Kathedrale dabei war. Giuliani
ist Katholik, aber zum dritten Mal verheiratet und ein Befürworter der Abtreibung
– und dennoch ging er bei der Papstmesse zur Kommunion. Ob ihm das nichts ausmache,
dass er damit ein strenges kirchliches Gebot breche? Seine Antwort: „No.“
Die
„New York Times“ macht auf ihrer Titelseite, aber nicht sehr prominent platziert,
den Einsatz des Papstes für Einwanderer zum Thema. Benedikt „rührt an einen wunden
Punkt“, heißt die entsprechende Überschrift. Zwar habe sich der Papst bemüht, sich
bei seinem Eintreten für die Immigranten aus der politischen Debatte in den USA herauszuhalten.
Doch ein republikanischer Politiker aus Colorado, den man als Gegner der „Illegals“
kennt, reagiere sehr scharf: Das sei „Marketing auf Glaubens-Basis“. Dem Papst gehe
es offenbar darum, „auf Biegen und Brechen neue Kirchenmitglieder zu gewinnen.“ Die
„New York Times“ gibt zu bedenken, dass viele der katholischen Latinos, die in die
USA kommen, dort zu pfingstkirchlichen Bewegungen „überlaufen“. In einem weiteren
Artikel urteilt die Zeitung, dem „Schatten Johannes Pauls“ könne sein deutscher Nachfolger
nicht entkommen; die Zuneigung zum früheren Papst sei „immer noch außergewöhnlich“.