US-Presse: Papst in Synagoge ist historischer Moment
Große Blätter mit
internationaler Leserschaft wie die „Herald Tribune“ oder die „Financial Times“ haben
an diesem Samstag den Papst vor der UNO als ihr Titelbild ausgewählt: Benedikt XVI.
habe vor der UNO ein Plädoyer für die Menschenrechte gehalten. Bei der nationalen
Presse der USA hingegen dominieren Titelfotos, die den Papst in einer New Yorker Synagoge
zeigen. „Shalom“, heißt dazu in dicken Lettern in mehreren Zeitungen die Schlagzeile,
und allgemein wird die Visite als historisch eingestuft.
Benedikt in der Synagoge
– das ist auch das Titelfoto der „New York Times“. Der danebenstehende Leitartikel
beschäftigt sich aber mit dem Umgang des Vatikans mit Missbrauchs-Skandalen in der
Kirche. Schlagzeile: „Vatikan deutet Änderungen im Kirchenrecht zum Missbrauch an.“
US-Kardinal Levada, der Präfekt der Glaubenskongregation, habe bei einem Dinner spontan
geäußert, dass der Vatikan vielleicht die Verjährungsfristen bei Missbrauchs-Fällen
revidieren könnte. Vertreter der US-Kirche sind nach Angaben des Blattes froh, dass
der Papst das Thema Pädophilie-Skandale so beherzt angesprochen hat. Die Bischöfe
hätten monatelang im Vatikan Druck gemacht, dass der Papst doch ein Treffen mit Opfern
in sein Programm aufnehmen solle; im Februar sei dann eine Zusage gekommen. Dieser
Darstellung scheint allerdings ein Zitat des Bostoner Kardinals Sean O`Malley etwas
zu widersprechen, das die „New York Times“ im Innenteil wiedergibt: „Wir machten Vorschläge,
sie machten Vorschläge. Aber dieses Treffen mit den Opfern war vor allem eine persönliche
Initiative des Papstes.“ Den Auftritt Benedikts vor der UNO nennt das Blatt eine „Globale
Botschaft der Menschlichkeit“, so die Überschrift des Artikels, und ansonsten bringt
es eine interessante Recherche über die Geschichte der Deutschen in New York.
„Er
zieht sie an den Ohren“ – das ist die Schlagzeile des spanischsprachigen „Diario“
zur UNO-Rede des Papstes. Benedikt habe vor allem „Machtkonzentration angeprangert“.
Die Zeitung berichtet über Proteste gegen den Papst in der Nähe des UNO-Gebäudes,
die in anderen Blättern kaum vorkommen, und stellt eine Latina vor, die angibt, auf
Fürsprache Johannes Pauls II. geheilt worden zu sein. Die „Daily News“ gibt ein verblüffendes
Beispiel dafür, was der Papstbesuch in New York so alles bewirkt: Kinder hätten, um
den Papst sehen zu dürfen, ihre Zimmer aufgeräumt.
„Wären Sie nicht auch gern
ein papa?“ fragt die „New York Post“ in einem Kommentar. Aber dann geht es, wie sich
herausstellt, um Priesterberufungen: „Der Papstbesuch hätte in keinem besseren Augenblick
kommen können als jetzt, da die US-Kirche am Boden liegt, weil ihr die Priester ausgehen“,
urteilt das Blatt. „Vielleicht ist das genau der richtige Augenblick, um eine Wende
einzuleiten.“ Wie viele andere Zeitungen bringt das Blatt bunte, teilweise rührende
Berichte über die Menschen, die die Straßen säumen, um dem vorbeifahrenden Papst zuzuwinken.
Dass eine Star-Köchin für den Papst das Dinner zusammenstellen durfte, wird ebenfalls
erwähnt – und dass die Sicherheitsmaßnahmen so scharf sind, dass sogar der New Yorker
Kardinal Egan einen umgehängten Ausweis um den Hals tragen müsse. Tenor in den Blättern
ist allgemein, was „Newsday“ in einer Überschrift formuliert: „Journey of reconciliation“
– eine Reise der Wiederversöhnung.