2008-04-19 15:42:29

US-Presse: Papst in Synagoge ist historischer Moment


RealAudioMP3 Große Blätter mit internationaler Leserschaft wie die „Herald Tribune“ oder die „Financial Times“ haben an diesem Samstag den Papst vor der UNO als ihr Titelbild ausgewählt: Benedikt XVI. habe vor der UNO ein Plädoyer für die Menschenrechte gehalten. Bei der nationalen Presse der USA hingegen dominieren Titelfotos, die den Papst in einer New Yorker Synagoge zeigen. „Shalom“, heißt dazu in dicken Lettern in mehreren Zeitungen die Schlagzeile, und allgemein wird die Visite als historisch eingestuft.

Benedikt in der Synagoge – das ist auch das Titelfoto der „New York Times“. Der danebenstehende Leitartikel beschäftigt sich aber mit dem Umgang des Vatikans mit Missbrauchs-Skandalen in der Kirche. Schlagzeile: „Vatikan deutet Änderungen im Kirchenrecht zum Missbrauch an.“ US-Kardinal Levada, der Präfekt der Glaubenskongregation, habe bei einem Dinner spontan geäußert, dass der Vatikan vielleicht die Verjährungsfristen bei Missbrauchs-Fällen revidieren könnte. Vertreter der US-Kirche sind nach Angaben des Blattes froh, dass der Papst das Thema Pädophilie-Skandale so beherzt angesprochen hat. Die Bischöfe hätten monatelang im Vatikan Druck gemacht, dass der Papst doch ein Treffen mit Opfern in sein Programm aufnehmen solle; im Februar sei dann eine Zusage gekommen. Dieser Darstellung scheint allerdings ein Zitat des Bostoner Kardinals Sean O`Malley etwas zu widersprechen, das die „New York Times“ im Innenteil wiedergibt: „Wir machten Vorschläge, sie machten Vorschläge. Aber dieses Treffen mit den Opfern war vor allem eine persönliche Initiative des Papstes.“ Den Auftritt Benedikts vor der UNO nennt das Blatt eine „Globale Botschaft der Menschlichkeit“, so die Überschrift des Artikels, und ansonsten bringt es eine interessante Recherche über die Geschichte der Deutschen in New York.

„Er zieht sie an den Ohren“ – das ist die Schlagzeile des spanischsprachigen „Diario“ zur UNO-Rede des Papstes. Benedikt habe vor allem „Machtkonzentration angeprangert“. Die Zeitung berichtet über Proteste gegen den Papst in der Nähe des UNO-Gebäudes, die in anderen Blättern kaum vorkommen, und stellt eine Latina vor, die angibt, auf Fürsprache Johannes Pauls II. geheilt worden zu sein. Die „Daily News“ gibt ein verblüffendes Beispiel dafür, was der Papstbesuch in New York so alles bewirkt: Kinder hätten, um den Papst sehen zu dürfen, ihre Zimmer aufgeräumt.

„Wären Sie nicht auch gern ein papa?“ fragt die „New York Post“ in einem Kommentar. Aber dann geht es, wie sich herausstellt, um Priesterberufungen: „Der Papstbesuch hätte in keinem besseren Augenblick kommen können als jetzt, da die US-Kirche am Boden liegt, weil ihr die Priester ausgehen“, urteilt das Blatt. „Vielleicht ist das genau der richtige Augenblick, um eine Wende einzuleiten.“ Wie viele andere Zeitungen bringt das Blatt bunte, teilweise rührende Berichte über die Menschen, die die Straßen säumen, um dem vorbeifahrenden Papst zuzuwinken. Dass eine Star-Köchin für den Papst das Dinner zusammenstellen durfte, wird ebenfalls erwähnt – und dass die Sicherheitsmaßnahmen so scharf sind, dass sogar der New Yorker Kardinal Egan einen umgehängten Ausweis um den Hals tragen müsse. Tenor in den Blättern ist allgemein, was „Newsday“ in einer Überschrift formuliert: „Journey of reconciliation“ – eine Reise der Wiederversöhnung.

(rv 19.04.2008 sk)







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