Gleich zweimal nimmt
der Papst in diesen Tagen eine freundliche Rücksicht auf US-Bürger jüdischen Glaubens:
Um ihr Pesach, ihr Osterfest nicht durcheinander zu bringen, hat er seine Begegnung
mit Vertretern anderer Religionen schon für den Donnerstag in Washington angesetzt.
Und einen Besuch in einer New Yorker Synagoge unternimmt Benedikt XVI. um eine Uhrzeit,
die es allen jüdischen Gläubigen noch erlaubt, bis zum Sabbat wieder rechtzeitig zuhause
zu sein. Der Papstbesuch und die Juden – ein Bericht von Stefan Kempis. New York
ist die Stadt mit der größten jüdischen Gemeinschaft der Welt: 1624 kamen die ersten
23 jüdischen Gläubigen hierhin, die Stadt hieß damals noch Neu-Amsterdam. Zu Beginn
des 20. Jahrhunderts, bis 1925, suchten 12 Millionen Juden aus vielen Teilen der Welt
Zuflucht in der Stadt: Italiener, Iren, Deutsche, Zentraleuropäer träumten von einem
besseren Leben. Sie prägten die Börse und mehrere Stadtviertel. Orthodoxe Juden mit
schwarzem Hut und gedrehten Schläfenlocken gehören zum Straßenbild in New York ganz
selbstverständlich dazu. Wenn man sie fragt, ob sie den Papstbesuch jetzt mitverfolgen,
dann bekommt man immer wieder Antworten wie diese hier: "Nein, wir sind hier
sehr beschäftigt. Wir haben keine Zeit dafür. Aber ich habe davon gehört und finde
das sehr schön" Die Begegnung von Menschen verschiedener Religionen – so etwas
ist in New York nichts Besonderes, sondern Alltag. Der Katholik Henry Vosswinkel hat
als Finanzexperte in New York jahrzehntelang mit jüdischen Kollegen ganz selbstverständlich
zusammengearbeitet. Darum wundert er sich etwas über die Frage, ob er denn das Papsttreffen
mit Juden und den Besuch Benedikts in einer New Yorker Synagoge wichtig findet. "Ich
weiß nicht, was Sie meinen. Aber ich finde das gut. Wir müssen alle zusammenkommen.
Ich denke dieser Papst liegt richtig, wenn er sagt, dass er mit allen Religionen sprechen
will." Im historischen Viertel der jüdischen Einwanderer liegt, gleich an einer
viel befahrenen Straßenkreuzung, der älteste jüdische Friedhof der Stadt aus dem 17.
Jahrhundert: Wackelnde Steine, unleserlich gewordene Schrift. Die Juden sind in ihrem
ursprünglichen Viertel in Manhattan Downtown mit seinen vielen Synagogen längst nicht
mehr alleine - die Immigration geht weiter, das Viertel heißt jetzt Chinatown. Aus
den Radios an den vielen Verkaufsbuden plärrt asiatische Musik: