Papst fordert von US-Bischöfen moralische Erneuerung des Landes und der Kirche
Klare Worte Benedikt XVI. bei der Vesper mit den US-amerikanischen Bischöfen in der
Kirche Nationalschrein der Unbefleckten Empfängnis in Washington. Lebensschutz, die
Stärkung der Familie, die „tiefe Scham“ über die Missbrauchsfälle in der US-Kirche
und Kritik an der Handhabung des Problems von Seiten der Bischöfe, gehörten zu den
Themen der Predigt. Hier die Kernsätze:
Papst Benedikt XVI. hat die US-amerikanischen
Bischöfe aufgefordert, sich für die moralische Erneuerung des Landes und der Katholischen
Kirche einzusetzen. Eine solide Ausbildung des Glaubens sei dabei von zentraler
Bedeutung, betonte der Papst. „In einem Zeitalter, in dem medizinische Fortschritte
die Hoffnungen vieler Menschen schüren, entstehen auch neue ethische Herausforderungen,
die vorher unvorstellbar waren“, so Benedikt XVI. Aufgabe der Bischöfe sei es, die
moralischen Leitlinien der Kirche zu propagieren und zu festigen.
Der Papst
ermutigte die Bischöfe, sich in aktuelle moralische und soziale Diskussionen einzumischen
und öffentliche Debatten zu bereichern. Im Kontext der freien Meinungsäußerung
werde ihre Stimme respektiert, da sie in den aktuellen Diskussionen um soziale und
moralische Fragen einiges zu bieten habe. Der Papst äußerte sich besorgt über die
Zulassung von Gesetzen in den USA, die moralisch gesehen nicht vertretbar seien. Die
Katholische Gemeinschaft müsse hier eine klare und einheitliche Position beziehen,
forderte der Papst.
Dabei sei die Rolle der Laien fundamental. Allerdings
weiche die Haltung vieler katholischer Bürger bei ethischen Fragestellungen von den
Weisungen der Kirche ab. Unmissverständlich rief er den Bischöfen in Erinnerung: „Es
ist eure Pflicht dafür zu sorgen, dass die moralische Erziehung, die von der Kirche
angeboten wird, den Geist des Evangeliums widerspiegelt“.
Das Thema Familie
nahm bei den Ausführungen des Papstes eine zentrale Rolle ein. Ein gesundes Familienleben
trage zum Frieden im Land und zwischen den Nationen bei, erinnerte Benedikt XVI. In
den USA sei jedoch eine alarmierende Abnahme der Eheschließungen zu verzeichnen, gleichzeitig
nehme die Zahl der zivilen Bündnisse und der Ehen ohne Trauschein zu. Den Kindern
werde somit ein stabiles Umfeld verweigert, das sie zu einer guten Entwicklung brauchen.
Gleichzeitig reiße man stabile Säulen ein, die für den moralischen Zusammenhalt in
der Gemeinschaft wichtig seien.
Es sei Aufgabe der Bischöfe, die Argumente
der Vernunft und des Glaubens, die für die Institution der Ehe sprächen, zu proklamieren.
Das bedingungslose Ja zum Leben, das Ja zur Liebe und das Ja zu den Bestrebungen des
Herzens und der Menschheit gehöre zur essentiellen Nachricht, die bei den Menschen
von heute ankommen müsse, betonte Benedikt XVI.
Noch einmal verurteilte
Benedikt XVI. die Skandale sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in Amerika. Sie
verursachten eine „tiefe Scham“, betonte das Kirchenoberhaupt. Der Papst kritisierte,
dass dem Problem von Seiten der Bischöfe teilweise in schlechter Weise begegnet wurde.
„Es ist von Gott gegebene Verantwortung, die Wunden, die durch den Vertrauensmissbrauch
verursacht wurden, zu verbinden und die Heilung zu fördern“, so Benedikt XVI. Die
Bischöfe seien aufgerufen, den Versöhnungs-Prozess voranzutreiben und mit Sorge aufzuklären,
wie viele Menschen ernsthaft geschädigt wurden. Der Papst erinnerte zugleich an die
„überwältigende Mehrheit“ der Kleriker und Ordensleute in den USA, die eine sehr gute
Arbeit leisten.
Auch die Priester seien auf den Beistand der Bischöfe in
diesen schwierigen Zeiten angewiesen, so Benedikt XVI. „Die Scham für die Missbrauch-Vorfälle
und den Vertrauensverlust der Gläubigen haben sie am eigenen Leib erfahren“, sagte
Benedikt XVI. Eine wichtige Aufgabe der Bischöfe sei es, die Beziehung zu den Priestern
zu stärken, insbesondere dann, wenn Spannungen zwischen den Priestern und den Bischöfen
aufgrund der Krise zu spüren seien.
Der Papst warnte vor dem subtilen Materialismus,
der eine Begegnung mit Gott verhindere. In einer Gesellschaft, in der die persönliche
Freiheit eine große Rolle spiele , verliere man leicht den Blick für unsere Abhängigkeit
vom Nächsten und die Verantwortung für unsere Mitmenschen.
Außerdem ermutigte
Papst Benedikt XVI. die Bischöfe dazu, den Immigranten im Land moralischen Beistand
zu leisten. Er lobte die generelle Bereitschaft der Amerikaner, ihren Mitmenschen
zu helfen. Dies habe die amerikanische Gesellschaft bereits beim Anschlag auf das
World-Trade-Center und bei der durch den Wirbelsturm Katrina verursachten Katastrophe
gezeigt. Ihr Mitgefühl sei auch durch die hohe Spendenbereitschaft für die Tsunami-Opfer
zum Ausdruck gekommen.
Im Anschluss an die Ansprache ging Benedikt noch auf
drei Fragen ein, die die Bischöfe im Vorfeld der Papstreise formuliert haben. Zum
Problem des Säkularismus sagte Benedikt XVI., dieser sei eine Folge der Trennung von
Glauben und Leben. Die Diktatur des Säkularismus sei letztlich ein Angriff auf
die Freiheit des Menschen, die nur in der Treue zur Wahrheit reifen könne. Sehr
pastoral ging Benedikt auf das Problem der zurückgehenden kirchlichen Praxis ein.
Hier tue eine recht verstandene Stärkung der katholischen Identität not. Grund für
dieses Phänomen sei zum einen, dass es immer schwieriger werde, sinnvoll von „Heil“
zu sprechen, das doch Kern des Evangeliums sei. Zum anderen sei der Sinn für das Eschatologische
des Glaubens verloren gegangen – man glaube also nicht mehr an ein kommendes Reich
Gottes. Die dritte Frage schnitt das Problem der zurückgehenden geistlichen
Berufungen an. Berufungen seien, so Benedikt XVI. in seiner Antwort, ein Kriterium
für lebendige Ortskirchen. Wesentlich sei das Gebet, nicht nur für Berufungen im besonderen,
sondern im allgemeinen. Das werde häufig unterschätzt. Außerdem ermahnte der Papst
die Priester zu Einigkeit untereinander und zum Dialog. Das könne junge Menschen dazu
motivieren, einem Ruf zum Priestertum tatsächlich Gehör zu schenken.