Archäologen könnten
den Frieden in Nahost fördern. Anlass für diese These ist eine Konferenz in diesen
Tagen von 50 israelischen und palästinensischen Archäologen über heilige Stätten und
Funde. Doch es gibt auch Probleme: Laut einem Abkommen müsste Israel einen großen
Teil der Qumran-Rollen an Palästina zurückgeben. Doch für die Friedenssicherung
ist vor allem die Politik verantwortlich. Das betont der designierte Nachfolger des
lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Fouad Twal. Mit ihm hat in Augsburg
beim Kongress von „Kirche in Not“ unser Korrespondent P. Max Cappabianca OP gesprochen:
Erzbischof
Fouad Twal beklagt vor allem die Schwäche der internationalen Politik. Auch der letzte
Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sei in diese Hinsicht enttäuschend gewesen,
so Twal:
„Weder Merkel, noch irgendein anderer Politiker hat den Mut gehabt,
die ganze Wirklichkeit zu sehen, um den eignen politischen Selbstmord zu verhindern.
Sie haben immer nur eine einseitige Sicht der Wirklichkeit. Alle verteidigen beispielsweise
– und mit Recht, das ist gut so – den gefangenen Militär Shalit im Gaza-Streifen.
Sehr richtig! Aber zugleich spricht keiner von den 11.000 gefangenen Palästinensern
bei den Israelis.“
Die Wahrheit sei nicht leicht, sagt der Koadjutor, vor
allem nicht, wenn es um die ganze Wahrheit geht. Twal fordert:
„Europa hat
bisher keine politische Rolle gespielt. Das war bisher das Monopol Israels und der
USA. Wir wollen, dass Europ Hand und Herz und Kopf in Spiel bringt zum Wohl aller
im Heiligen Land: Juden, Moslems und Christen. Einer allein wird niemals Frieden und
Sicherheit haben können. Sonst gehen wir weiter auf diesem Weg der Gewalt, der keinem
gefällt, weder den Israelis, die den Frieden wollen, noch den Christen; weder Europa
noch Amerika.“
Twal hat auch Verständnis für die israelische Seite:
„Ich
verstehe Israel, die Sorgen und Befürchtungen Israels und auch das Misstrauen Israels,
aber wir müssen auch den Mut haben, mutige Zeichen zu setzen für den Frieden und für
diesen Frieden auch zu bezahlen. Den Frieden muss man bezahlen – man kann nicht allein
mit Gewalt leben. Israel hat bisher allein auf militärische Stärke gesetzt und setzt
sein ganzes Vertrauen allein auf militärische Gewalt. Es hat bisher fast alle Kriege
gewonnen und wird auch alle Kriege gegen die Araber gewinnen können, sie haben die
Atombombe – aber bisher haben sie niemals den Frieden oder die Sicherheit gewonnen.
Wenn man Frieden will, müssen wir die Gesetze und internationalen Resolutionen einhalten,
die Würde und das Recht der anderen respektieren: Das ist es, was ich allen wünsche
– allen Bewohnern des Heiligen Landes: Juden, Moslems und Christen.“
Twal
tritt bald die Nachfolge von Patriarch Michel Sabbah als lateinischer Patriarch in
Jerusalem an – keine einfache Aufgabe:
„Ja die Nachfolge ist für den Juni
vorgesehen – wir haben uns da abgesprochen. Der Patriarch hat darum gebeten, noch
einige Monate zu verlängern. Der Termin rückt näher. Ich sehe manchmal mit Freude,
manchmal mit Sorge diesem Augenblick entgegen. Ich sehe die vielen Herausforderungen,
die mich erwarten von außen wie von innen - auch unter den Kirchen sehe ich, dass
wir nicht immer eins sind, auch wenn die Beziehungen unter den 13 Kirchen insgesamt
gut sind. Ich sehe die politische Situation… und allein wenn man daran denkt, könnte
man verzweifeln. Doch Gott sei Dank ruft uns diese Situation dazu auf, das Wort des
Herrn ernst zu nehmen, ‚Wenn ihr mir nachfolgen wollt, müsst ihr Tag für Tag euer
Kreuz auf euch nehmen’. Dieselben Straßen, in denen der Herr gefallen ist, sind unsere
Straßen und Wege in Jerusalem. Das führt uns auch direkt zu dem Wort des Evangeliums:
Habt keine Angst, ich bin immer bei euch. Er hat vor uns und für uns gelitten und
das Kreuz getragen – aber er hat auch für uns die Freude der Auferstehung erlebt.
Auch wir tragen unser Kreuz und unsere Verantwortung in der Gewissheit, dass er uns
niemals allein lassen wird, und dass auch wir im Heiligen Land die Auferstehung erleben
werden, und dass Gerechtigkeit und Frieden für alle sein wird. Hier setze ich ehrlich
gesagt auf viele Freunde, die mir mit ihren Gebeten und ihren Hilfen zur Seite stehen.
Deswegen glaube ich, dass es keinen Grund zur Verzweiflung gibt. Es wird für uns gebetet,
und wir glauben noch an die Kraft des Gebets.“