Die Kirche in Brasilien
fordert von der Regierung mehr Einsatz für bedrohte Bischöfe im Norden des Landes.
Die Autoritäten sollten „den Dingen auf den Grund gehen“, heißt es in einem Dokument,
das die Bischofskonferenz diese Woche verabschieden will. Die Oberhirten tagen derzeit
bei Sao Paolo und haben vor allem dem unter Personenschutz stehenden Amazonasbischof
Erwin Kräutler ihre Solidarität versichert. Für diese Unterstützung sei er „unendlich
dankbar“. Es sei eine Genugtuung zu wissen, „ich bin nicht allein in dieser Kirche“. Im
Gespräch mit Radio Vatikan berichtet der aus Österreich stammende Missionar dass sich
die Drohungen gegen ihn in den vergangenen Monaten wieder verschärft hätten.
„In
Brasilien gibt es ein Sprichwort. Es heißt: Man kann nicht Gott und dem Teufel gleichzeitig
eine Kerze anzünden. Ich habe nie diese Auseinandersetzungen gesucht, aber ich weiß,
wenn ich Position ergreife, wenn ich mich für die Armen, Ausgeschlossenen und an den
Rand gedrängten einsetze, dann bin ich gegen die Interessen von einigen Großgrundbesitzern,
gegen die Interessierten an den Bodenschätze von Amazonien, gegen die, die Menschenrechte
nicht respektieren und über Leichen gehen. Wenn ich als Bischof hier Farbe bekenne,
dann hat das natürlich Folgen und die sind dann irrational. Die Leute wissen, dass
sie mir mit Argumenten nicht beikommen und sagen, sie haben das Recht Amazonien auszulaugen,
auszunutzen und abzubrennen. Sie haben das Recht nicht und wenn ich dagegen bin, dann
ist die letzte Antwort eine irrationelle: ,Der Mann muss eliminiert werden.’ Wortwörtlich
wird das so gesagt. Er muss ausgemerzt werden, und wie das dann aussieht, das weiß
ich.“
Den inneren Frieden hat er nicht verloren:
„Ich weiß, es
ist nicht sehr einfach, 24 Stunden am Tag bewacht zu sein. Ich habe keinen Freiraum
mehr, ich bin nur frei in meinem Zimmer und in dem Büro, in dem ich arbeite. Wenn
ich einen Schritt über die Schwelle tue, dann sind bereits zwei Polizisten da, die
mich begleiten. Wenn es einen Krankenbesuch gibt oder eine Versammlung, bei der Eucharistiefeier,
beim Gemeindebesuch: Ich bin immer begleitet. Das ist schwer zu ertragen. Aber auf
der anderen Seite weiß ich, dass ich dieses Kreuz tragen muss, denn ich habe bevor
ich eine Position ergriffen habe, immer überlegt, gebetet und den Heiligen Geist angerufen,
damit ich das rechte Wort am rechten Ort zur rechten Zeit sage. Deswegen habe ich
den inneren Frieden nicht verloren. Ich weiß worum es geht und bin meinem Volk schuldig,
dass ich für es eintrete. Der verstorbene Papst Johannes Paul II hat einmal zu mir
gesagt: Gehen sie ihren Weg weiter, wenn sie sich nicht einsetzen für dieses Volk,
wer wird es dann tun? Das war für mich auch ein Auftrag und ich will ihn weiterführen
mit der Gnade Gottes.“
Unterstützung erhält der gebürtige Vorarlberger
nicht nur von den Bischöfen, sondern – „so viel wie nie zuvor“ – von der Bevölkerung
am Xingu.
„Es gibt Dinge, die einen zum Weinen bringen – vor Freude. Wenn
man in eine Kirche kommt und sieht ein riesiges Transparent ,Erwin wir lieben dich’,
oder wenn am Schluss des Gottesdienstes eine Frau nach vorn kommt, das Mikrofon in
die Hand nimmt und sagt: ,Verlier den Mut nicht, wir sind an deiner Seite, wir lieben
dich.’ Es reicht mir, dass Gott auf meiner Seite steht und das Volk Gottes auch.“
1982
wurde Kräutler wegen Teilnahme an einer Solidaritätsaktion mit Zuckerrohrpflanzern,
denen die Ernte nicht bezahlt wurde, von der Militärpolizei festgenommen und verprügelt.
1987 wurde er bei einem vorsätzlichen Autounfall schwer verletzt. Die Regierung stellte
ihn schließlich unter Personenschutz.
„Das ist alles gut und recht, aber
ich möchte, dass die Justiz den Urhebern nachgeht und der Sache auf den Gund geht.
Ich möchte, dass sie fündig werden. Man muss die Verantwortlichen erwischen. Ich wünsche
niemandem etwas Schlechtes, aber ich möchte wissen, wer dahinter steckt und warum
das getan wird; warum ich in meiner Feiheit und auch in meiner Mission als Bischof
so eingeengt bin, dass ich den Weg nicht mehr gehen kann, wie ich es bisher gewohnt
war.“ Seit 1961 wirkt Kräutler in Brasilien, seit 1981 ist er Bischof in Altamira.
Die Diözese am Xingu umfasst 360 Basisgemeinden, etwa 20 Priester und 50 Ordensfrauen
unterstützen ihn bei seiner Arbeit. An Rückkehr hat der 68-Jährige Dom Erwin bei allen
Gefahren nie gedacht:
„Nie im Leben, ich werde das nie tun. Ich weiß, das
ist mein Auftrag, ich habe das Bischofsamt erhalten, als Auftrag und als Mission.
Ich kann mich gut erinnen, damals als der Nuntius mir gesagt hat, ich sei zum Bischof
ernannt worden, wollte er, dass ich das schriftlich akzeptiere. Ich habe dann eine
Stelle aus dem Buch Josua geschrieben, dass ich mich nicht entmutigen lasse, dass
ich ohne Furcht und mit Mut den Weg gehe, weil Gott mit mir ist. Und ich glaube daran:
Ist Gott mit uns, wer kann dann gegen uns sein?“