Die Vertröstung des modernen Menschen auf das Diesseits macht krank. Davon ist der
katholische Theologe und Religionssoziologe Prof. Paul M. Zulehner überzeugt. Wer
den „Himmel auf Erden“ in den vielleicht 80 Jahren seiner irdischen Existenz erzwingen
wolle, überfordere sich, sagte der in Wien lehrende Zulehner auf einem Kongress in
Kassel. Die Folge seien Depressionen und Angsterkrankungen. Wer seinen Lebenssinn
allein in seiner irdischen Existenz sehe, für den werde jeder andere Mensch zum Konkurrenten.
Laut Zulehner ist „die moderne Gottesentfremdung die letzte Quelle der Krankheit“.
Wer von der Quelle des Lebens, nämlich Gott, abgeschnitten sei, werde krank. Geistige
Heilung sei der Versuch, den Menschen zurück an die Quelle zu bringen. Die christlichen
Gemeinden seien gefragt, entsprechende Angebote bereitzuhalten. Er sehne sich nach
christlichen Gemeinschaften, in denen Menschen so eng mit Christus verbunden seien,
„dass alles, was sie sind und leben, heilsam ist“. In solchen Gemeinschaften werde
Jesus Christus als die „Ur-Arznei“ erfahren. Zulehner plädierte ferner für einen Dialog
mit Esoterikern, die sich ebenfalls mit Heilung befassen. Sie verträten die Auffassung,
dass beim „Channeling“ die Durchlässigkeit für Gott entscheidend sei. Nicht der Heiler
heile, sondern er verstehe sich als Instrument. Mit dieser Auffassung seien Esoteriker
„ganz nah dran an der katholischen Theologie“.