Russland: Großes Interesse am Denken Benedikts XVI.
Nichts war dran an
den Berichten, dass der russisch-orthodoxe Patriarchen Alexij II. den neuen Erzbischof
in Moskau Paolo Pezzi nicht empfangen wolle. Eine solche Begegnung sei noch gar nicht
fest vereinbart worden, so Pezzi zu den entsprechenden Falschmeldungen. Auch könne
nicht von einer neuen Krise im Verhältnis des Vatikans zur russisch-orthodoxen Kirche
die Rede sein. Im Gegenteil – es gebe in Russland ein großes Interesse an der Lehrverkündigung
Benedikts XVI.. So wurde gestern in Moskau die russische Übersetzung der zweiten Enzyklika
des Papstes zum Thema Hoffnung („Spe Salvi“) vorgestellt. Zu den Gründen für dieses
Interesse sagt der Erzbischof:
„Das Denken dieses Papstes ist sehr eigenständig
und steht dabei aber ganz in der Tradition des Christentums. Das ist etwas sehr Interessantes
für die Diskussion innerhalb der orthodoxen Kirche. Mit anderen Worten, sein Denken
verheutigt den Inhalt der Tradition. Der zweite Aspekt ist die Aufmerksamkeit des
Papstes für die Nöte der Menschen von heute. Das haben wir schon in der Enzyklika
„Deus Caritas est“ gesehen, in der der Papst dazu aufrief, die theologische Tugend
der Liebe zu betrachten, und zwar aus dem Blickwinkel der Menschen, die alle das Bedürfnis
haben, die Nächstenliebe zu leben.“
Zwar sei Ökumene nicht das eigentliche
Thema der Hoffnungs-Enzyklika, dennoch sei sie für den Dialog zwischen orthodoxer
und katholischer Kirche relevant, meint der Erzbischof:
„Berührt wird der
ökumenische Dialog zum Beispiel in der Frage nach dem Jüngsten Gericht und der zuvor
notwendigen Reinigung, also dem Fegefeuer nach dem Tod. Der Text ist eine Anregung,
über diese Fragen nachzudenken. Das ist meines Erachtens die ökumenische Bedeutung
dieser Enzyklika.“
Der Glaube an ein Fegefeuer entwickelte
sich explizit erst nach dem großen Schisma im 11. Jahrhundert. Daher kennt die orthodoxe
Theologie das „Fegefeuer“ nicht, wie es in der lateinischen Tradition als Glaubensgut
betrachtet wird.