Ein Kreuzweg mit chinesischen
Anklängen Karfreitag Abend am römischen Kolosseum: Papst Benedikt XVI. hat gemeinsam
mit Tausenden Gläubigen des Leidenswegs Christi gedacht. Die Meditationen und Gebete
hatte in diesem Jahr Hongkongs Kardinal Joseph Zen Ze-kiun verfasst, eine chinesische
Jugendliche trug das Kreuz auf zwei der 14 Stationen, und die Bilder, die 61 Fernsehstationen
in die Länder der Welt trugen, stammten aus einer Pekinger Malschule, die von Steyler
Missionaren gegründet worden war. In seinen Meditationen und Gebeten sprach der
Hongkonger Kardinal vom „Geheimnis des Bösen“ und einer „finsteren Stunde der Verfolgung“
für die Kirche in vielen Teilen der Welt. Gleichzeitig weitete er den Blick auf die
Kirche als solche und – in Anspielung auf Petrus, der Jesus verleugnete - auf ihre
Amtsträger:
„O Herr, deine Entscheidung, die Fortführung des Heilswerkes
schwachen und verwundbaren Menschen anzuvertrauen, zeigt deine Weisheit und Macht.
Schütze die Menschen, die du erwählt hast, damit die Pforten der Unterwelt deine Diener
niemals überwältigen!“
Pilatus, der Jesus zum Tod am Kreuz verurteilte,
deutete Kardinal Zen als „ein Bild all derer, die ihre Autorität als Machtmittel benutzen
und sich nicht um die Gerechtigkeit kümmern“.
„Jesus, erleuchte das Gewissen
so vieler Menschen in Machtpositionen, damit sie die Unschuld deiner Anhänger erkennen.
Gib ihnen den Mut, die Religionsfreiheit zu respektieren! Die Mächtigen sind diejenigen,
denen Autorität verliehen ist, die den Handel und die Massenmedien kontrollieren.
Doch es gibt auch die Menschen, die sich leicht von den Mächtigen manipulieren lassen,
um die Schwachen zu unterdrücken.“
Die letzte Station, „Jesus wird vom
Kreuz genommen und ins Grab gelegt“, ist für Zen Anlass, über die Ungeduld der Christen
nachzudenken:
„Herr, die drei Tage erscheinen uns so sehr lang. Haben wir
recht mit unserer Eile und unserem Anspruch, sofort den Sieg der Kirche zu erleben?
Ist es nicht vielleicht unser eigener Sieg, den wir ungeduldig zu sehen wünschen?
Herr, lass uns standhaft ausharren bei der Kirche des Schweigens und bereit sein,
unterzugehen und zu sterben wie das Weizenkorn.“
Starker Regen ging Karfreitag
Abend über Rom nieder. Das erforderte Änderungen im Ablauf: Papst Benedikt übernahm
das Kreuz, anders als vorgesehen, erst am Ende der Via Crucis. Kardinalvikar Camillo
Ruini hatte es an seiner Stelle die letzten drei Stationen lang durch den Regen getragen.
Auch zwei Franziskaner aus dem Heiligen Land, eine römische Familie, eine Frau im
Rollstuhl, eine Ordensfrau aus Burkina Faso und eine Jugendliche aus China nahmen
für jeweils zwei Stationen das schlichte schwarze Holzkreuz an sich. Nach dem Kreuzweg
ermunterte Benedikt die Gläubigen, sich auf Gott einzulassen:
„Das Kreuz
ist Schule der Gerechtigkeit und des Friedens, universelles Erbe des Verzeihens und
des Erbarmens. Doch wir fragen uns: Was haben wir mit dieser Gabe gemacht? So viele
kennen Gott nicht und können ihn im gekreuzigten Christus nicht finden; so viele sind
auf der Suche nach einer Liebe und einer Freiheit, die Gott ausschließt. Liebe Freunde,
lassen wir zu, dass sein Opfer am Kreuz uns anspricht. Erlauben wir ihm, unsere menschlichen
Gewissheiten in Frage zu stellen, öffnen wir ihm unser Herz. Haben wir keine Angst!“