Karfreitagspredigt des Päpstlichen Hauspredigers Raniero Cantalamessa OFMCap in der
Petersbasilika
Papst Benedikt XVI. gedenkt am Freitagabend mit einem Gottesdienst im Petersdom des
Leidens und Sterbens Jesu. Darauf folgen die Kreuzverehrung und die Kommunionfeier.
Die Ansprache hält traditionell der Prediger des päpstlichen Hauses, Kapuzinerpater
Raniero Cantalamessa. Darin betont der Kapuziner, dass die Einheit der Christen „ein
Widerschein der Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn sein soll“. Diese Einheit
müsse vor allem eine Eintracht der Liebe sein, da „von dieser Art die Einheit sei,
die im Reich der Dreifaltigkeit herrsche“. (rv 21.03.2008 mg) P. Raniero Cantalamessa,
ofmcap. Karfreitagspredigt 2008 in der Vatikanischen Basilika
„Das
Untergewand war ohne Naht”
„Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen
hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten
einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne
Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen,
wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine
Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus”
(Joh 19,23-24).
Immer wieder ist die Frage aufgeworfen worden, was der Evangelist
Johannes mit der Betonung dieser Einzelheit der Leidensgeschichte sagen wollte. Eine
relativ neue Erklärung besteht darin, dass das Untergewand an das liturgische Gewand
des Hohenpriesters erinnert und dass Johannes damit bekräftigen wollte, dass Jesus
nicht nur als König, sondern auch als Priester gestorben ist.
Vom Untergewand
des Hohenpriesters jedoch wird in der Bibel nicht gesagt, dass es ohne Naht sein musste
(vgl. Ex 28,4; Lev 16,4). Aus diesem Grund ziehen es die angesehensten Exegeten vor,
sich an die traditionelle Erklärung zu halten, nach der das unverschleißbare Untergewand
die Einheit der Jünger symbolisiert. (1) Dies ist die Auslegung, welche schon der
hl. Cyprian vornahm: „Das Geheimnis der Einheit der Kirche – so schreibt er – wird
im Evangelium zum Ausdruck gebracht, wenn gesagt wird, dass das Untergewand Christi
weder geteilt noch zerrissen wurde“. (2)
Welche Auslegung man auch immer dem
Text geben mag, eines ist gewiss: die Einheit der Jünger ist für Johannes der Zwecke,
wessentwegen Christus stirbt: „Weil er der Hohepriester jenes Jahres war, sagte er
aus prophetischer Eingebung, dass Jesus für das Volk sterben werde. Aber er sollte
nicht nur für das Volk sterben, sondern auch, um die versprengten Kinder Gottes wieder
zu sammeln” (Joh 11,51-52). Während des letzten Abendmahles hatte er selbst gesagt:
„Aber ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort
an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir
bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast”
(Joh 17,20-21).
Die frohe Botschaft, die am Karfreitag zu verkündigen ist,
lautet: bevor die Einheit ein Ziel ist, das es zu erreichen gilt, ist sie ein empfangenes
Geschenk. Dass das Untergewand „von oben her“ ganz durchgewebt war, so erklärt der
hl. Cyprian weiter, bedeutet, dass „die von Christus gebrachte Einheit von oben kommt,
vom himmlischen Vater; deshalb darf sie nicht von dem gebrochen werden, der sie empfängt,
sondern muss als ganze angenommen werden.“
Die Soldaten teilten in vier Stücke
„das Kleid“ oder „den Mantel“ (ta imatia), das heißt das Obergewand Jesu, nicht
das Untergewand, der chiton, der in direkter Berührung mit dem Körper als Unterwäsche
diente. Auch dies ist ein Symbol. Wir Menschen können die Kirche in ihrem menschlichen
und sichtbaren Element teilen, nicht aber in ihrer tiefen Einheit, die sich mit dem
Heiligen Geist identifiziert. Das Untergewand Christi ist nicht geteilt worden und
wird nie geteilt werden können. Es ist lässt sich auch nicht verschleißen. „Kann Christus
etwa geteilt werden?“ rief Paulus (vgl. 1 Kor 1,13). Das ist der Glauben, den wir
im Glaubensbekenntnis bekennen: „Ich glaube an die eine, heilige, katholische und
apostolische Kirche“. ***
Wenn aber die Einheit als Zeichen dafür dienen
soll, „damit die Welt glaubt“, muss sie eine auch sichtbare, gemeinschaftliche Einheit
sein. Das ist die Einheit, die verloren gegangen ist und die wir wieder finden müssen.
Sie ist bedeutend mehr als es gute nachbarschaftliche Beziehungen sind; sie ist die
innere mystische Einheit selbst – „Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung
auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott
und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist” (Eph 4,4-6) –, insofern
diese objektive Einheit wirklich von den Gläubigen angenommen, gelebt und gezeigt
wird. Eine Einheit die durch die Vielfältigkeit nicht beschädigt sondern angereichert
wird.
„Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?”, fragten
die Apostel Jesus nach Ostern. Heute richten wir an Jesus oft dieselbe Frage: Ist
dies die Zeit, in der du die sichtbare Einheit deiner Kirche wiederherstellen wirst?
Auch die Antwort ist dieselbe wie damals: „Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen
zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet die Kraft
des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine
Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der
Erde” (Apg 1,6-8).
Daran erinnerte der Heilige Vater in der Predigt vom 25.
Januar 2008 in der Basilika St. Paul vor den Mauern anlässlich des Abschlusses der
Gebetswoche für die Einheit der Christen: „Die Einheit mit Gott und mit unseren Brüdern
und Schwestern ist ein Geschenk, das von oben kommt, das aus der Liebesgemeinschaft
zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist entspringt und in ihr wächst und sich vervollkommnet.
Die Entscheidung, wann und wie sich diese Einheit voll verwirklichen wird, liegt nicht
in unserer Macht. Gott allein wird es vollbringen können! Wie der hl. Paulus setzen
auch wir unsere Hoffnung und unser Vertrauen ‚in die Gnade Gottes zusammen mit uns’”.
Auch
heute wird es der Heilige Geist sein, der uns zur Einheit führt, wenn wir uns führen
lassen. Wie wirkte der Heilige Geist, um die erste grundlegende Einheit der Kirche
zu schaffen: die Einheit zwischen Juden und Heiden? Er kam über Cornelius und sein
Haus in derselben Weise, in der er an Pfingsten über die Apostel gekommen war. So
konnte Petrus nur zu dem Schluss kommen: „Wenn nun Gott ihnen, nachdem sie zum Glauben
an Jesus Christus, den Herrn, gekommen sind, die gleiche Gabe verliehen hat wie uns:
wer bin ich, dass ich Gott hindern könnte?” (Apg 11,17).
Nun haben wir seit
etwa einem Jahrhundert gesehen, wie sich unter unseren Augen selbiges Wunder auf Weltebene
erneut vollbringt. Gott hat seinen Heiligen Geist ausgegossen, auf neue und ungewohnte
Weise, über Millionen von Gläubigen, die fast allen christlichen Konfessionen angehören,
und damit kein Zweifel bestehe, hat er ihn mit fast identischen Erkennungszeichen
ausgegossen. Ist dies etwa kein Zeichen dafür, dass der Geist uns dazu drängt, uns
gegenseitig als Jünger Christi anzuerkennen und gemeinsam nach der Einheit zu streben?
Diese
geistliche und charismatische Einheit allein ist nicht ausreichend, das ist wahr.
Wir sehen dies bereits am Anfang der Kirche. Die Einheit unter Juden und Heiden war
soeben geschaffen, als sie schon von der Spaltung bedroht wird. Es gab „eine lange
Diskussion“ auf dem so genannten Konzil von Jerusalem, und am Ende kam es zu einer
Vereinbarung, die den Kirchen mit der Formel mitgeteilt wurde: „Denn der Heilige Geist
und wir haben beschlossen” (Apg 15,28). Der Heilige Geist wirkt also auch über einen
anderen Weg, der die geduldige Auseinandersetzung, der Dialog und sogar der Kompromiss
unter den Parteien ist, wenn das Wesentliche des Glaubens auf dem Spiel steht. Er
wirkt über die menschlichen „Strukturen“ und die von Jesus eingesetzten „Dienste“,
vor allem über den apostolischen und petrinischen Dienst. Und über das, was wir heute
lehrmäßigen und institutionellen Ökumenismus nennen. *** Die Erfahrung überzeugt
uns aber, dass auch dieser lehrmäßige oder von oben kommende Ökumenismus nicht ausreichend
ist und nicht vorwärts kommt, wenn er nicht von einem grundsätzlichen geistlichen
Ökumenismus begleitet wird. Dies wiederholen uns mit einer immer größer werdenden
Betonung gerade die Hauptförderer des institutionellen Ökumenismus. In der Hundertjahrfeier
der Institution der Gebetswoche für die Einheit der Christen (1908 – 2008), zu Füßen
des Kreuzes wollen wir über diesen geistlichen Ökumenismus nachdenken: worin er besteht
und wie wir in ihm voran kommen können.
Der geistliche Ökumenismus entsteht
aus der Reue und der Vergebung und wird vom Gebet gespeist. Im Jahr 1977 habe ich
an einem ökumenischen charismatischen Kongress in Kansas City, Missouri, teilgenommen.
Die Zahl der Teilnehmer betrug 40.000, die Hälfte von ihnen Katholiken (unter diesen
Kardinal Suenens) und die Hälfte aus den anderen christlichen Konfessionen. Eines
Abends begann einer der Animatoren am Mikrophon in einer Weise zu sprechen, die für
mich zu jener Zeit merkwürdig war: „Ihr Priester und Hirten, weint und klagt, da der
Leib meines Sohnes zerbrochen ist… Ihr Laien, Männer und Frauen, weint und klagt,
da der Leib meines Sohnes zerbrochen ist.“
Ich sah wie die Menschen, einer
nach dem anderen, um mich herum auf die Knie fielen und viele vor Reue über die Spaltungen
im Leib Christi zu schluchzen begannen. Und all dies, während eine Aufschrift von
einer Seite des Stadions zur anderen gespannt war: „Jesus is Lord, Jesus ist der Herr“.
Ich befand mich dort als noch sehr kritischer und distanzierter Beobachter, ich erinnere
mich jedoch, wie ich bei mir dachte: wenn eines Tages alle Gläubigen vereint sein
werden und eine einzige Kirche bilden, wird es so sein: während wir auf Knien sein
werden, mit reuigem und erniedrigtem Herzen, unter der großen Herrschaft Christi.
Wenn
die Einheit der Jünger ein Widerschein der Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn
sein soll, so muss sie vor allem eine Einheit der Liebe sein, da derart die Einheit
ist, die im Reich der Dreifaltigkeit herrscht. Die Schrift ermahnt uns, „die Wahrheit
in der Liebe“ zu tun (veritatem facientes in caritate) (vgl. Eph 4,15). Und
der hl. Augustinus sagt: „Nur über die Liebe tritt man in die Wahrheit ein“: non
intratur in veritatem nisi per caritatem.(3)
Das Außerordentliche bezüglich
dieses Wegs zur auf der Liebe gründenden Einheit besteht darin, dass er sich schon
jetzt vor uns auftut. Wir können „die Sache nicht beschleunigen“ hinsichtlich der
Lehre, da die Unterschiede da sind und geduldig an den dafür vorgesehenen Orten gelöst
werden müssen. Wir können hingegen die Sache in der Liebe beschleunigen und schon
jetzt geeint sein. Das wahre und sichere Zeichen für das Kommen des Geistes besteh
nicht darin, in vielen Sprachen zu sprechen, sondern in der Liebe zur Einheit: „Ihr
wisst, dass ihr den Heiligen Geist habt, wenn ihr zustimmt, dass euer Herz durch eine
aufrichtige Liebe der Einheit anhängt.“(4)
Denken wir an das Hohe
Lied der Liebe beim hl. Paulus. Jeder seiner Sätze nimmt eine aktuelle und neue Bedeutung
an, wenn er auf die Liebe unter den Gliedern der verschiedenen christlichen Kirchen
in den ökumenischen Beziehungen angewandt wird:
„Die Liebe ist langmütig… Sie
ereifert sich nicht… Sie sucht nicht ihren Vorteil… Sie trägt das Böse nicht
nach (wenn überhaupt das Böse, das den anderen angetan worden ist)… Sie freut sich
nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit (sie freut sich nicht über
die Schwierigkeiten der anderen Kirchen, sondern über deren Erfolge). Sie erträgt
alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand“ (1 Kor 13,4ff.)
Diese Woche
haben wir eine Frau zu ihrer ewigen Ruhestätte begleitet: die Gründerin der Fokolar-Bewegung
Chiara Lubich. Sie war ein Pionier und ein Beispiel für diesen geistlichen Ökumenismus
der Liebe. Sie hat gezeigt, dass die Suche nach der Einheit unter den Christen nicht
zum Ausschluss des Rests der Welt führt; sie ist vielmehr der erste Schritt und die
Bedingung für einen breiteren Dialog mit den Gläubigen anderer Religionen und mit
allen Menschen, denen das Schicksal der Menschheit und des Friedens am Herzen liegt. ***
„Lieben
– so wurde gesagt – heißt nicht, sich gegenseitig anzuschauen, sondern gemeinsam in
dieselbe Richtung zu blicken“. Auch unter Christen bedeutet die Liebe, gemeinsam in
dieselbe Richtung zu blicken, die Christus ist. „Er ist unser Friede“ (Eph 2,14).
Es ist wie bei den Speichen eines Rades, wenn sie vom Mittelpunkt nach außen gehen:
je mehr sie sich vom Zentrum entfernen, desto mehr entfernen sie sich voneinander,
bis sie an einem entfernten Punkt des Randes enden. Schauen wir dagegen, was geschieht,
wenn sie sich vom Rand her hin zum Zentrum bewegen: je näher sie dem Zentrum kommen,
desto näher kommen sie auch einander, bis sie einen einzigen Punkt bilden. In dem
Maße, in dem wir zusammen auf Christus zugehen, werden wir uns auch einander annähern,
bis wir wirklich „eins sind mit ihm und mit dem Vater“, wie er gesagt hat.
Nur
eine sich neu verbreitende Welle der Liebe zu Christus wird die getrennten Christen
einen können. Das ist es, was durch das Wirken des Heiligen Geistes geschieht und
uns mit Staunen und Hoffnung erfüllt: „Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir erkannt
haben: Einer ist für alle gestorben” (2 Kor 5,14). Der Bruder aus einer anderen Kirche
– mehr noch: jeder Mensch – ist einer, „für den Christus gestorben ist, so wie er
für mich gestorben ist. ***
Vor allem ein Grund muss uns auf diesem Weg
vorwärts drängen. Das, was am Anfang des dritten Jahrtausends auf dem Spiel steht,
ist nicht mehr dasselbe wie am Anfang des zweiten Jahrtausends, als es zur Spaltung
zwischen dem Osten und dem Westen kam, und es ist ebenso wenig dasselbe, das während
der Hälfte desselben Jahrtausends auf dem Spiel stand, als es zur Spaltung zwischen
Katholiken und Protestanten kam. Können wir sagen, dass die genaue Weise der Hervorgehens
des Geistes aus dem Vater oder das Problem des Verhältnisses zwischen Glauben und
Werken Probleme sind, die die Menschen von heute begeistern und mit denen der christliche
Glaube steht oder fällt?
Die Welt ist weiter gegangen und wir sind an Problemen
und Formeln festgenagelt geblieben, deren Bedeutung die Welt nicht einmal kennt. Wir
diskutieren noch immer darüber, wie es zur Rechtfertigung des Sünders kommt, dies
in einer Welt, die den Sinn für die Sünde verloren hat und sie, ich zitiere, „für
eine Unheil bringende jüdische Erfindung hält, die das Christentum großartig propagiert
hat“.
In den Schlachten des Mittelalters gab es einen Augenblick, an dem die
Fußsoldaten und die Bogenschützen, die Kavallerie und der ganze Rest überrannt waren
und sich der Haufen um den König scharte. Es gibt Gebäude oder Metallstrukturen, die
so gefertigt sind, dass bei Berührung bestimmter empfindlicher Punkte, eines Hebels
oder eines gewissen Steines, alles zusammenbricht. Im Gebäude des christlichen Glaubens
ist dieser Eckstein die Göttlichkeit Christi. Ist diese weggenommen, so zerfasert
sich alles und vor allem anderen der Glauben an die Dreifaltigkeit.
Daraus
wird ersichtlich, dass es heute zwei mögliche Formen des Ökumenismus gibt: einen Ökumenismus
des Glaubens und einen Ökumenismus der Ungläubigkeit; einen Ökumenismus, der all jene
eint, die glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, dass Gott der Vater, der Sohn und
der Heilige Geist ist, und dass Christus gestorben ist, um alle Menschen zu retten,
und einen Ökumenismus, der all jene eint, die im Gehorsam gegenüber dem Glaubensbekenntnis
von Nizäa diese Formeln wiederholen, sie aber ihres Inhalts entleeren. Ein Ökumenismus,
in dem vielleicht noch alle an dieselben Dinge glauben, weil niemand mehr an etwas
glaubt, in dem Sinn, den das Wort „glauben“ im Neuen Testament hat.
„Wer sonst
besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?”, schreibt
Johannes im ersten Brief (1 Joh 5,5). Folgt man diesem Kriterium, so besteht der fundamentale
Unterschied nicht zwischen Katholiken, Orthodoxen und Protestanten, sondern zwischen
denen, die glauben, dass Christus der Sohn Gottes ist, und denen, die dies nicht glauben.
***
„Im zweiten Jahr des Königs Darius erging am ersten Tag des sechsten
Monats das Wort des Herrn durch den Propheten Haggai an den Statthalter von Juda,
Serubbabel, den Sohn Schealtiëls, und an den Hohenpriester Jeschua, den Sohn des Jozadak…:
Ist etwa die Zeit gekommen, dass ihr in euren getäfelten Häusern wohnt, während dieses
Haus in Trümmern liegt?“ (Hag 1,1-4).
Dieses Wort des Propheten Haggai ist
an uns heute gerichtet. Ist dies etwa die Zeit, uns nur darum zu kümmern, was unseren
Orden, unsere Bewegung oder unsere Kirche betrifft? Wird nicht gerade auch dies der
Grund dafür sein, dass auch wir „viel säen, aber wenige ernten“ (vgl. Hag 1,6)? Wir
halten Predigten und geben uns auf alle Weise Mühe, aber wir bekehren wenige Menschen
und die Welt entfernt sich von Christus, statt sich ihm zu nähern.
Das Volk
Israel hörte die Mahnung des Propheten; alle hörten damit auf, ihr Haus schöner zu
machen, um gemeinsam den Tempel Gottes zu bauen. Gott also entsandte erneut seinen
Propheten mit einer tröstenden und ermutigenden Botschaft, die auch für uns gilt:
„Aber nun fasse Mut, Serubbabel – Spruch des Herrn – , fasse Mut, Hoherpriester Jeschua,
Sohn des Jozadak, fasst alle Mut, ihr Bürger des Landes, – Spruch des Herrn – und
macht euch an die Arbeit! Denn ich bin bei euch” (Hag 2,4). Mut, ihr alle, die euch
die Sache der Einheit der Christen am Herzen liegt, und: an die Arbeit, denn ich bin
bei euch, sagt der Herr!
____________________________________ (1) Vgl. R.
E. Brown, The Death of the Messiah, vol. 2, Doubleday, New York 1994, S. 955-958. (2)
Cyprian, De unitate Ecclesiae, 7 (CSEL 3, S. 215). (3) Augustinus, Contra
Faustum, 32,18 (CCL 321, S. 779). (4) Augustinus, Reden 269,3-4 (PL38,
1236 f.).