2008-03-18 13:38:01

China/D: Olympia-Boykott?


RealAudioMP3 Der Dalai Lama hat angekündigt, er werde sich zurückziehen, sollte die Gewalt in Tibet außer Kontrolle geraten. Er wies zudem Anschuldigungen des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao zurück, er habe die gewalttätigen Proteste initiiert. In der tibetischen Hauptstadt Lhasa hat sich die Lage nach der blutigen Niederschlagung der Proteste durch das Regime in Peking nach außen hin beruhigt. Im Westen fragt man sich nun, ob es als Strafaktion für China sinnvoll wäre, die Olympischen Spiele zu boykottieren. Der deutsche Olympia- und Sportpfarrer Hans-Gerd Schütt ist einer von denen, die in diesem Punkt zur Vorsicht mahnen.

„Wenn eine Lage so eskaliert, kann der Punkt kommen, wo es nicht mehr vertretbar ist. Aber was ich mir wirklich wünsche, ist, dass wir im Vorfeld diese Chance nutzen, diese schlimmen Menschenrechtsverletzungen, die ja nicht nur eine Momentaufnahme darstellen – es ist ja bekannt, dass China da einen großen Nachholbedarf hat, wenn man die internationalen Standards sieht – dass wir die Chance nutzen, um unseren Protest auch zu artikulieren.“

Überhaupt sei die politische Bedeutung sportlicher Großereignisse überbewertet, sagt Schütt.

„Olympische Spiele können das System eines Landes nicht ändern. Umgekehrt kann aber auch ein Regime nicht die Olympischen Spiele nutzen, über etwas hinwegzutäuschen, was nicht da ist. Es ist interessant, wenn Sie die Geschichte des Sportes betrachten, dass man sehr oft dazu neigt, solche Großereignisse überzubewerten. Aber wenn eine Regierung oder ein Regime nicht einen Mehrwert bieten kann, wird ein noch so gut inszeniertes Ereignis wie Olympische Spiele – und sie werden nahezu perfekt organisiert sein – nicht darüber hinwegtäuschen können, was sonst im Argen liegt oder falsch läuft.“

Schlimmer als für das Regime in Peking wäre ein Boykott der Spiele ohne jeden Zweifel für die Sportler, sagt der Olympia-Seelsorger.

„Das müssen Sie sich so vorstellen, wie wenn Sie sich neun Jahre auf das Abitur vorbereite haben, und jemand kommt herein, nimmt Ihnen den Bleistift aus der Hand und sagt: du kannst nach Hause gehen, das Abitur findet nicht statt. Die Sportler arbeiten in ihrer Laufbahn darauf hin, bei den Olympischen Spielen dabei sein zu dürfen. Für sie ist auch die Begegnung ungeheuer wichtig, auch die internationale Begegnungen, die Gespräche. Man kennt sich ja auch über viele Jahre. Sie können sich vorstellen, wenn ein Boykott verkündet würde, was da alles zusammenbricht.“

(domradio 18.03.2008 gs)










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