Schweiz: Rechte auf Teilkirchenaustritt hilft Kirche
Ein Katholik in der
Schweiz kann aus der Landeskirche seines Kantons austreten, ohne seine Kirchenzugehörigkeit
aufzugeben. Das entschied das Schweizer Bundesgericht im vergangenen November, jetzt
wurde die Urteilsbegründung veröffentlicht. Was heißt das für die Katholiken in der
Schweiz? Franz Xaver von Weber, Jurist beider Rechte, erklärt: „Das
heißt, dass er kann aus den staatskirchenrechtlichen Körperschaften austreten, bleibt
aber gleichzeitig, vollumfängliches Mitglied der katholischen Kirche.“
Kanonisches,
also kirchliches, und staatliches Recht seien erst nach diesem Urteil miteinander
vereinbar, betont von Weber.
„Der Gläubige, der sich nicht mehr den staatlichen
Auflagen betreffend der Mitgliedschaft zu den staatskirchenrechtlichen Körperschaften
unterwerfen will, kann von jetzt an, ein Kirchenglied sein und sein Leben als solches
gestalten, ohne auf staatliche Vorschriften Rücksicht nehmen zu müssen.“
Von
Weber befürchtet keinen finanziellen Nachteil für die Kirchengemeinden. Zwar zahle
der Katholik keine Kirchensteuer mehr, den kanonisch vorgesehenen Solidarbeitrag müsse
er aber dennoch entrichten.
„Der Durchschnittsgläubige wird keinesfalls
nur aus finanziellen Gründen aus der Kirchengemeinde austreten. Wer aus den staatskirchenrechtlichen
Körperschaften austritt, aber in der Kirche bleiben will, habe ja nicht das Bedürfnis,
der Kirche den Rücken zu kehren, sondern will sich vielmehr in anderer, vielleicht
verstärkter Form für die Kirche wieder einzusetzen. Ich glaube mit dieser Entwicklung
ist keine Tür zugeschlagen, sondern eine neue Tür für mehr Engagement in der Kirche
geöffnet, für weniger Zwangsvorschriften, die doch immer das Leben in der Kirche lähmen.“
Für
das kirchliche Leben insgesamt sei diese Entwicklung nur positiv. Der Schweizer Jurist
verweist auf Vorfälle in der Vergangenheit:
„Es hat aufgrund von Bischofsernennungen
in der Schweiz, vor allem im Bistum Chur, die Situation gegeben, dass Landeskirchen
sich gegen rechtmäßig eingesetzte Bischöfe gestellt haben. Die drehten dann der Kirche
den Geldhahn zu, indem sie sagten, wir akzeptieren diesen Bischof nicht. Das hat einen
Kreis von Gläubigen erzürnt und empört. Gläubige kommen heute mit diesem Zwiespalt
und Dualismus nicht zurecht; sie wollen der Kirche ihren Tribut zahlen und nicht einer
Gegeninstitution, die gegen die Kirche arbeitet.“