Benedikt XVI. feiert Palmsonntagsliturgie – Aufruf zur Selbstkritik
Papst Benedikt XVI.
ermuntert die Kirche am Beginn der Karwoche zur Selbstkritik. Die Christen müssten
sich fragen, ob ihr Glaube offen für Suchende und frei von falschen Götzen sei, betonte
der Papst in seiner Predigt zum Palmsonntag. Trotz kühler Witterung hatten sich zu
der Messe rund 20.000 Menschen auf dem Petersplatz versammelt.
„Ist unser
Glaube rein genug und offen, so dass auch die „Heiden“ – also Menschen, die auf der
Suche sind und ihre Fragen haben – das Licht des einzigen Gottes ahnen können, sich
in den „Vorhöfen des Glaubens“ unserem Gebet anschließen können und dass auch sie
mit ihrem Fragen zur wahren Anbetung Gottes gelangen?
Der
Papst war in seiner Ansprache vom biblischen Tempelkult ausgegangen. In den „Vorhöfen“
hätten sich auch Nichtjuden dem einen Gott nähern können. Mit Blick auf die Geschichte
von der Tempelaustreibung der Händler durch Jesus müsse man sich kritisch fragen,
ob Habgier nicht auch die Lebenspraxis von Christen einholten, so Benedikt XVI.
„Lassen wir nicht auch in die Welt unseres Glaubens
auf verschiedene Weise Götzen eindringen? Sind wir bereit, uns immer wieder neu vom
Herrn reinigen zu lassen, indem wir Ihm erlauben, all das aus uns und der Kirche auszutreiben,
was Ihm entgegensteht?“
Wie wahre Gottesverehrung funktioniere, könne man
am Schicksal Jesu ablesen:
„Jesus zeigt Gott als den Liebenden, und seine
Macht als die der Liebe. Und so sagt er uns, was für immer die wahre Gottesverehrung
ausmachen wird: das Heilen, das Dienen und die Güte, die wieder aufbaut.“
Der
Papst warnte vor einem Hochmut, der Gott als Konkurrenten des Menschen erscheinen
lasse.
„Um Gott zu begegnen, muss man dazu fähig werden, mit dem Herzen
zu sehen. Wir müssen lernen, mit einem jungen Herzen zu sehen, das nicht von Vorurteilen
behindert und das nicht von Interessen geblendet wird. Deswegen hat die Kirche in
den Kindern, die mit einem solchen freien und offenen Herzen Ihn erkennen, ein Vorbild
der Gläubigen aller Zeiten erkannt, ihr eigenes Bild.“
Zu Beginn des Gottesdienstes
hielt Benedikt XVI. auf dem Petersplatz die traditionelle Palmprozession, die an den
Einzug Jesu in Jerusalem erinnert. Begleitet wurde er von 270 Jugendlichen, im Vorausblick
auf den Weltjugendtag, der vom 15. bis 20. Juli im australischen Sydney stattfindet.
Am Palmsonntag 1984 hatte sein Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) erstmals die
Jugend der Welt auf den Petersplatz eingeladen. Aus der Begegnung mit 300.000 jungen
Katholiken ging später die Initiative zu den regelmäßigen Großtreffen hervor. Benedikt
XVI. trug bei der Prozession ein Gewand aus goldbesticktem roter Seidendamast, das
einem liturgischen Kleidungsstück von Leo X. (1513-1521) nachgebildet war. Das Originalgewand
des Medici-Papstes, eines Sohnes Lorenzo des Prächtigen, wird in Florenz aufbewahrt.