D: Islamkonferenz für bundesweiten Islamunterricht
Die Deutsche Islamkonferenz
(DIK) hat sich für einen islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen,
den Bau von Moscheen sowie eine bessere Zusammenarbeit zwischen Muslimen und Sicherheitsbehörden
ausgesprochen. Bei seiner dritten Vollversammlung verabschiedete das aus jeweils 15
Vertretern von Staat und Muslimen bestehende Gremium am Donnerstag in Berlin Empfehlungen
für eine verbesserte Integration der 3,5 Millionen Muslime in Deutschland. Indirekt
kritisierte der Bundesinnenminister die Ausrichtung der großen muslimischen Dachverbände,
die sich 2007 im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) zusammengeschlossen
haben. Ein Großteil der Muslime fühle sich durch sie nicht repräsentiert. Notwendig
sei ein Prozess der Öffnung und der Pluralisierung. Das müssten die Muslime aber selber
leisten, fügte Schäuble hinzu. Unsere Kollegen vom Domradio Köln haben im Vorfeld
der Tagung mit Thomas Lemmen gesprochen. Er ist Referent für den interreligiösen Dialog
im Erzbistum Köln und begrüßt die neue Gesprächsrunde:
„Es ist ein wichtiges
und bedeutsames Zeichen, dass der Staat nicht mehr nur über, sondern auch mit den
Muslimen spricht. Es ist ein Wandel in den Beziehungen zueinander, Muslime als Teil
der Gesellschaft wahrzunehmen, wie es auch zum Auftakt der Islamkonferenz gesagt worden
ist. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass die Kirche diesen Schritt schon länger
gegangen ist, dass Papst und Bischöfe den Dialog mit Muslimen gepflegt haben und Kirche
schon sehr lange in diesem Prozess steht.“
Man dürfe nicht unterschätzen,
so Lemmen, dass die Islamkonferenz auch einen Dialog unter den Muslimen in Gang gesetzt
habe:
„Die fünfzehn muslimischen Vertreter kommen ja aus unterschiedlichen
Richtungen. Das sind Verbandsvertreter, da sind Unabhängige, da sind Nicht-Religiöse,
da sind auch Islamkritiker, und die Islamkonferenz hat auch eine innerislamische Diskussion
in Gang gesetzt. Zu sehen, dass der Islam pluraler ist, als wir ihn wahrnehmen, dass
es große religiöse Organisationen gibt, die vordringlich Ansprechpartner für religiöse
Fragen sind, aber dass es auch ein Spektrum Nicht-religiöser Muslime gibt, die in
kulturellen Belangen oder in Fragen der Medien wichtige Ansprechpartner sein können.“
Zum
Schäuble-Vorstoß zum Thema islamischer Religionsunterreicht sagt Lemmen:
„Das
ist in der Tat eine der vordinglichsten und wichtigsten Aufgaben, islamischen Religionsunterricht
einzuführen, nachdem nun schon seit vielen Jahren darüber diskutiert wird. Das ist
aber ganz klar eine Aufgabe der Länder. Die vordingliche Frage ist die nach der Beteiligung
der muslimischen Religionsgemeinschaften an dem Prozess, denn das verlangt ja das
Grundgesetz, es ist kein neutrales Angebot, sondern in Abstimmung mit den Religionsgemeinschaften.
Das ist der Punkt, an dem man im Moment steht, das zu gewährleisten und umzusetzen.“
In
ihren Empfehlungen spricht sich die Islamkonferenz dafür aus, den islamischen Religionsunterricht
in deutscher Sprache und als ordentliches Unterrichtsfach einzurichten. Die Vorsitzende
der Kultusministerkonferenz (KMK), Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), erklärte allerdings,
die Einführung werde noch Jahre dauern. Im Konflikt zwischen religiösen Geboten
und den Forderungen des Grundgesetzes einigte sich die Konferenz auf die Formulierung:
„Die religiöse Freiheit des einzelnen findet dort ihre Grenzen, wo sie im Gegensatz
zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht.“ Positiv wertete das Gremium
den Neubau von Moscheen. Er sei ein „wichtiger Schritt zur Integration des Islam in
Deutschland“ und ein Signal dafür, dass die Muslime ein dauerhafter Teil der Gesellschaft
sein wollten. Die Konferenz einigte sich auf Empfehlungen, um Konflikte beim Bau und
im Umgang mit den muslimischen Gotteshäusern zu vermeiden. Zugleich sprach sich
das Gremium dafür aus, die Zusammenarbeit zwischen den Muslimen und den Sicherheitsbehörden
zu verbessern. Es bestehe in der Bundesrepublik die ernst zu nehmende Gefahr eines
islamistischen Terror-Anschlags; potenzielle Täter würden auch in Deutschland radikalisiert.
Deshalb sollten sich etwa islamische Verbände und Bildungsträger von radikalen Einflüssen
abgrenzen. Ab sofort wird eine beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in
Nürnberg angesiedelte „Clearingstelle ihre Arbeit aufnehmen. Sie soll ein Netz von
Ansprechpartnern bei Sicherheitsbehörden und muslimischen Organisationen aufbauen
und Experten für Bildung und Dialog vermitteln. Darüber hinaus werden Länder und Kommunen
aufgefordert, islamische Bestattungen zu ermöglichen und dafür Friedhöfe oder eigene
Gräberfelder zur Verfügung zu stellen. Die erste Islamkonferenz fand im September
2006 in Berlin statt um Antworten zu finden auf offene Fragen bei der Eingliederung
von Muslimen in die Gesellschaft.