Hat jetzt auch das Judentum seine „Regensburger Rede“? Die negativen Äußerungen über
die neu formulierte Karfreitagsfürbitte der Kirche reißen auf jüdischer Seite nicht
ab. Vatikan-Kardinal Walter Kasper bekräftigt derweil, Benedikt XVI. werde die Formulierung
nicht mehr ändern.
Stein des Anstoßes: Die lateinische Fürbitte für die Juden
im außerordentlichen, „alten“ Ritus der katholischen Messe. Sie wurde Anfang Februar
von Papst Benedikt neu formuliert. Da wird mit Paulusworten darum gebetet, dass einst
auch Israel Christus, den Retter aller Menschen, erkennen möge. Viele auf jüdischer
Seite missverstehen das als Quasi-Aufruf zur Bekehrung der Juden zum Christentum.
In der älteren Fassung der Fürbitte war noch explizit um eine solche Bekehrung gebetet
worden. Eine jüdische Delegation aus Jerusalem will in den nächsten Tagen im Vatikan
über die Fürbitte diskutieren. Der Papst werde dieses Gebet lassen, wie es ist, sagte
Kardinal Kasper dem deutschen Fernsehen. Es sei aus katholischer Sicht theologisch
völlig korrekt. Der vatikanische Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone geht noch
weiter: Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ansa fordert er am Rand eines Besuches
in Aserbaidschan das Judentum auf, ebenfalls über Änderungen bei einigen seiner Gebete
nachzudenken. Die Kirche wolle „Gegenseitigkeit“, und „Gebete, die man ändern könnte
oder sollte“, gebe es „auf beiden Seiten“. Darauf hätten auch einige jüdische Persönlichkeiten
kürzlich hingewiesen. Der Kardinal wörtlich: „Viele Vertreter des Judentums haben
den Sinn dieses Gebetes doch sehr gut verstanden. Und es betrifft ja auch nur eine
sehr präzise Komponente der katholischen Welt, für die es einen großen Schritt nach
vorn im Vergleich zu früher bedeutet.“ Die Karfreitags-Fürbitte sei ein „Ausdruck
der eigenen Identität“ – und weit davon entfernt, „die Zwangs-Bekehrung von irgendjemandem
zu verlangen“. Der römische Oberrabbiner hat derweil Bertones Wort von der „Gegenseitigkeit“
heftig widersprochen. „Das Judentum hat doch seine Gebete schon vor Jahrhunderten
selbst-zensiert“, meinte Riccardo Di Segni in einem Pressestatement. Es gebe derzeit
in jüdischen Gebeten überhaupt keine Bezüge auf das Christentum oder die Christen.
Einer der beiden israelischen Oberrabbiner, Yona Metzger, räumt ein, der Vatikan
habe sicher nicht die Absicht gehabt, die Juden zu verletzen. Doch sei der jetzige
Moment angesichts des internationalen Terrorismus wohl nicht der richtige, um den
Text der Fürbitte zu ändern. Er habe wegen der Fürbitte an den Papst geschrieben...
und hoffe auf eine Antwort. (rv/ansa 10.03.2008 sk)