2008-03-03 15:06:22

Russland: Medwedew gewählt - alles beim Alten?


RealAudioMP3 Bei der Präsidentschaftswahl in Russland hat Dimitri Medwedew mit über 70 Prozent der Stimmen erwartungsgemäß gewonnen. Wahlbeobachter kritisierten zwar die mangelnde Fairness der Abstimmung, dennoch äußerte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso Hoffnung auf eine enge Zusammenarbeit zur Stärkung der Demokratie.
Wir haben den Soziologen und Russland-Experten Michael Hermann von der Pädagogischen Hochschule Weingarten um eine Einschätzung gebeten:

„Es ist zunächst eine Wahl, die Kontinuität beweist. Medwedew ist politisch ganz nah an Putin dran. Er ist ein enger Weggefährte, er stammt ebenfalls aus St. Petersburg, hat an der gleichen Universität wie Putin studiert und hat dort mit ihm zusammen bei der Verwaltung gearbeitet. Und man darf davon ausgehen, dass die beiden wie ein Zwillingspaar unterwegs sind und ganz ähnliche politische und strategische Positionen vertreten.“

Russland steht seit der Perestrojka vor der Herausforderung, das auseinanderbrechende Land mit über einhundert Völkern zusammenzuhalten. Putin habe dabei Fehler gemacht, so Hermann…

„Nichtsdestotrotz muss man meines Erachtens feststellen, dass in Russland vor allem eine Stabilisierung notwendig ist in einem Land, dass Demokratisierungsprozesse erst einmal lernen muss und dafür sorgen muss, dass die Kluft zwischen Arm und Reich nicht zu groß wird. Dass dabei gewaltige Fehler gemacht worden sind, ist unbestritten. Das ändert aber nichts daran, dass der Weg erst einmal ein richtiger ist, auf Stabilität zu setzen.“

Die orthodoxe Kirche hatte vor der Wahl Medwedew gestützt. Hermann sieht das als Indiz für den schwierigen Wandlungsprozess, in dem sich auch die orthodoxe Kirche befindet.

„Von der orthodoxen Kirche in Russland wird einerseits erwartet, dass sie kritisch den Modernisierungsprozess verfolgt, andererseits sieht die orthodoxe Kirche, dass sie zur Sicherung ihrer Einflussmöglichkeiten auf den Schulterschluss mit Politikern angewiesen ist, und das hat sie in der Unterstützung von Medwedew deutlich dokumentiert.“

Im Vorfeld der Wahl waren Vertreter ausländischer Nicht-Regierungsorganisationen des Landes verwiesen worden. Das war international auf Kritik gestoßen.

„Meine Hoffnung mit Medwedew ist, dass er es zulassen wird, dass sich solche zivilgesellschaftlichen Organisationen, selbst wenn sie aus dem Ausland gefördert und unterstützt werden, in Russland engagieren können, denn Russland hat definitiv einen Mangel an Bürger- und Zivilgesellschaft und hat zu viel Staat.“

Medwedew hatte schon am Sonntag angekündigt, den politischen Kurs seines Vorgängers fortzusetzen. Putin gratulierte dem Wahlsieger und nannte die Wahl verfassungskonform. Putin durfte laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten.

(rv /dw 03.03.2008 mc)








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