Kuba/Vatikan: Positive Reisebilanz für Kirche und Politik
Die Bilanz ist ohne
Zweifel positiv. Das sagt Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nach seiner Rückkehr
aus Kuba. Positiv – sowohl was die Begegnung mit der Kirche auf Kuba angeht, als auch
die Begegnung mit den zivilen Autoritäten des Landes. Bertone war während seiner sechstägigen
Reise unter anderem mit dem neuen Präsidenten Raúl Castro zusammengetroffen.
Die
Kirche in dem kommunistischen Staat sei lebendig, erklärte Bertone am Donnerstag Nachmittag
gegenüber Radio Vatikan. „Trotz gewisser Schwierigkeiten und Behinderungen engagiert
sie sich sehr im sozialen Bereich. Über das spirituelle Zeugnis des Gebets hinaus
widmet sie sich den Armen, den Bedürftigen und den jungen Menschen.“ Bertone
spricht von Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat, von Vertrauen
und von der Eröffnung neuer Räume für das Wirken der Kirche, vor allem auch im Bereich
der Bildung und der Medien. Die wichtigste Botschaft Bertones war es, Nähe zum
Volk zu zeigen. Die Kirche im Land solle es ihm gleich tun und auf die Sorgen und
Bedürfnisse der Menschen hören. „Das Volk hat viel gelitten, auch unter den internationalen
Sanktionen und hält dennoch große Ideale hoch, das ist vor allem bei den Jugendlichen
zu bemerken. Sie wollen ihre Identität zeigen, und die ist gerade unter den Jugendlichen
zu einem Großteil gut katholisch.“ Vertrauen in die Zukunft sollen die Kubaner
laut Bertone haben, „denn zusammen kann man an einer ganzheitlichen Entwicklung
des Landes arbeiten. Die Eintracht zwischen Staat und Kirche im Hinblick auf Erziehung
und Werte, damit diese Gesellschaft keine leere, wertelose Gesellschaft ist, scheint
mir eine gute Grundlage und ein fruchtbringender Weg zu sein.“
Der Kardinalstaatssekretär
sagte Kuba Hilfe zu, die schwere Wirtschaftskrise zu überwinden. Das Wirtschaftsembargo
der Vereinigten Staaten etwa sei unmenschlich und ethisch nicht tragbar. „Das
Embargo der USA wie auch die Sanktionen seitens der Europäischen Union sind sehr starke
Maßnahmen, unter der die Bevölkerung außerordentlich leidet. Bestraft werden die Familien,
die Kinder und Jugendlichen. Ich habe zugesichert, dass der Heilige Stuhl sich dafür
einsetzen wird, dass diese Sanktionen gemildert, wenn nicht aufgehoben werden. Das
muss natürlich auf Kuba eine Entwicklung hin zu mehr Freiheit nach sich ziehen, hin
zu einer größeren Anerkennung der Personenrechte, der sozialen wie politischen und
wirtschaftlichen Rechte.“ Kuba schickt sich an, die entsprechenden UNO-Konventionen
zu unterzeichnen, das seien „vielversprechende Schritte“, bemerkt der zweite Mann
des Vatikans. Einseitigkeit helfe nicht weiter: „Wie Johannes Paul II. gesagt hat,
darf man nicht nur erwarten, dass Kuba sich der Welt öffnet und von außen aufgesetzte
Kriterien akzeptiert. Auch die Welt muss sich Kuba öffnen.“ Der neue Staatschef,
Fidel Castros Bruder Raul, sei ein sehr realistischer Mann, so Bertone nach der ersten
Begegnung mit dem neuen Staatschef. 55 Minuten dauerte das Vier-Augen-Gespräch über
„konkrete Probleme“. „Raul Castro ist bereit, über alles zu sprechen. Ihm liegt
daran, die Werte und Ideale zu erhalten. Kuba hatte die großen Ideale der Revolution,
die jetzt am Untergehen sind. Kuba befindet sich in einer Übergangsphase. Natürlich
habe ich mit dem Präsidenten auch über das Problem der Gefangenen – nicht nur der
politischen Häftlinge – gesprochen und über die Gefangenpastoral. Ich habe ihm auch
eine Liste mit Namen von Häftlingen übergeben, über die man aus humanitären Gründen
nachdenken sollte. Sowohl die Souveränität des Staates als auch die Rechte der einzelnen
Personen sollten gewahrt bleiben. Als katholische Kirche haben wir um mehr Möglichkeiten
für die Seelsorge an den Häftlingen gebeten.“ Die kubanischen Bischöfe hatten
bei ihrer Vollversammlung am Montag ein „Vertrauensvotum“ verabschiedet und den Präsidenten
aufgefordert, immer das Wohl des Volkes im Blick zu haben. Den Besuch des Kardinalstaatssekretärs
im Land verfolgten die Brüder Castro gemeinsam via Radio und Fernsehen. Raul habe
ihm das selbst gesagt, so Bertone. Nach jeder Predigt oder Ansprache hätten sie ihre
Ansichten ausgetauscht. Das zeige zumindest Interesse an der Kirche und ihrem Engagement,
kommentiert Bertone. Für seine innerkubanischen Reisen habe man ihm außerdem die Präsidentenmaschine
zur Verfügung gestellt. (rv 28.02.2008 bp)