2008-02-28 16:23:38

D / Vatikan: Botschafter Horstmann, „Ohne Integration geht es nicht“


RealAudioMP3 Der Botschafter Deutschlands beim Heiligen Stuhl, Hans Henning Horstmann, macht sich in einem Beitrag für Radio Vatikan Gedanken über Migration und Integration. Er betont die Notwendigkeit eines internationalen Migrationsregimes mit völkerrechtlich verbindlichen Regelungen, das die Verpflichtungen von Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländer gegenüber Migranten postuliert.

(rv 28.02.2008 mc)

Migration und Integration – von Botschafter Hans Henning Hortsmann

Sehr verehrte Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,

Die Herausforderungen der globalen Migration an die Internationale Gemeinschaft wachsen ständig. Wir müssen Antworten auf viele Fragen finden, z.B.: ob und wie zunächst fremde Menschen in unser Leben integriert werden können und, wie Menschen dazu bewogen werden können, zu Hause zu bleiben und sich ihren heimatlichen Problemen zu widmen.

Nach Schätzungen internationaler Organisationen leben derzeit ca. 180 Millionen Menschen nicht in ihrer Heimat, sondern befristet oder dauerhaft in anderen Ländern.

Zu Deutschland:

In Deutschland leben gegenwärtig 15 Millionen Menschen aus Zuwanderungsfamilien aus 200 Staaten. 3,5 Millionen von ihnen sind Muslime.

Die einzigartige Herausforderung ist also die Integration von fast 1/5 der Bevölkerung unseres Landes. Die Bundesregierung sieht Integrationspolitik als eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Diese Integrationspolitik folgt dem Kerngedanken: fördern und fordern.

Gefördert wird zunächst das Erlernen der deutschen Sprache. Wer unsere Sprache spricht, kann sich zu Hause fühlen und die Fülle der Entfaltungsmöglichkeiten nutzen, die unser Land bietet. Diese Politik erfordert das Zusammenwirken von Bund, Ländern, Gemeinden, von Wirtschaft, Verbänden und den Kirchen. Grundlage für diese gesamtgesellschaftliche Anstrengung sind unsere Wertvorstellungen, unser kulturelles Selbstverständnis und unsere freiheitliche demokratische Ordnung, wie sie sich aus der deutschen und europäischen Geschichte entwickelt haben und im Grundgesetz ihre verfassungsrechtliche Ausprägung findet.

Fordern bedeutet die Bereitschaft der Zuwandernden, sich auf ein Leben in unserer Gemeinschaft und Lebenskultur einzulassen und als Bürger verantwortungsvoll unsere Rechtsordnung zu achten.

Die Kompetenzen der Europäischen Union haben im Bereich der Migrations- und Integrationspolitik zugenommen. Mit dem Reformvertrag von Lissabon werden migrationspolitische Entscheidungen mit Ausnahme der Wirtschaftsmigration in die Kompetenzen der Europäischen Union aufgenommen.

Für den Umgang mit den Migranten hat der Heilige Stuhl stets klar und deutlich die Achtung der Menschenwürde und Grundrechte und Freiheiten jedes Menschen eingefordert. Das ist auch unsere Forderung. Auch in der Analyse der Ursachen der internationalen Migration - die Globalisierung, die demographischen Veränderungen mit der starken Bevölkerungszunahme vor allem in den sich industrialisierenden Staaten, die wachsenden wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen Nord und Süd und die Zunahme von Kriegen und Bürgerkriegen – in dieser Analyse der Ursachen herrscht Übereinstimmung.

Der Heilige Stuhl ermutigt die Staaten, die internationale Vereinbarungen zur Sicherung der Rechte der Migranten, der Flüchtlinge und ihrer Familien zu ratifizieren.

Wichtig ist der tägliche Kampf gegen Diskriminierung, gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Der Heilige Stuhl praktiziert wie wir auch daher den Dialog mit anderen Kulturen und Religionen.
Ausgangspunkt dafür ist die Würdigung der eigenen Identität. Von großer Bedeutung ist eine generelle Praxis der Gegenseitigkeit, verstanden als gegenseitiger Respekt für den Mitmenschen und Gerechtigkeit in der Behandlung der jeweiligen Minderheiten.

Wer die Debatte verfolgt, die sich in Deutschland über den richtigen Umgang mit den Problemen der Migration entwickelt hat, der weiß um den wichtigen Beitrag, den die Kirche leistet. Die Kirche fordert die Nächstenliebe für die Migranten, der deutsche Staat postuliert in Artikel 1 des Grundgesetzes: die Würde des Menschen ist unantastbar.

Ich bin voller Zuversicht, dass Deutschland und der Heilige Stuhl auch künftig einen vitalen Beitrag zur Menschenwürde von Migranten leisten.
Und: Notwendig ist ein internationales Migrationsregime mit völkerrechtlich verbindlichen Regelungen, das die Verpflichtungen von Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländer gegenüber Migranten postuliert.
An internationalen Konventionen wird im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet. Der Heilige Stuhl und Deutschland sind bei diesen Arbeiten wichtige Partner.







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