D: Jubel in Freiburg - EKD und ZdK gratulieren - „Streit vorprogrammiert“
Unter den Gratulanten von Erzbischof Zollitsch überwiegen bei weitem die positiven
Reaktionen. Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann warnt vor Fehlinterpretationen
der Wahl des neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Die Entscheidung für Zollitsch
sei keine „Übergangslösung“, sagte er nach der Wahl. Sie bedeute auch keine Niederlage
für den ebenfalls als Favoriten gehandelten Münchner Erzbischof Reinhard Marx. Im
Vordergrund der Entscheidung habe wohl die Frage gestanden, ob es ihm angesichts seiner
neuen Ämter in München und Bayern zum jetzigen Zeitpunkt zumutbar gewesen wäre. Dies
bedeute jedoch keine Vorentscheidung für die nächste Wahl in voraussichtlich sechs
Jahren. Bis dahin könnten sich auch noch andere Bischöfe profilieren und so für das
Amt empfehlen.
Bischöfe: Keine Übergangslösung Der Augsburger Bischof
Walter Mixa erklärte, es sei zu erwarten gewesen, dass eine in den ersten beiden
Wahlgängen erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zu schaffen sei. Andererseits sei
der Ausgang der Entscheidung „keineswegs so klar“ gewesen, wie es Beobachter vermutet
hätten. Andere Bischöfe bestätigten, dass im ersten Wahlgang auch noch eine Reihe
anderer Namen auf den Wahlzetteln gestanden habe.
Nach Ansicht des Osnabrücker
Bischofs Franz-Josef Bode kommt mit Zollitsch ein neuer Stil und ein neues
Gesicht an die Spitze der Bischofskonferenz. Der Freiburger Erzbischof genieße das
Vertrauen auch vieler jüngerer Bischöfe und Weihbischöfe.
Ein Mann, „der die
Gabe hat, zu vermitteln, Brücken zu bauen und Vertreter unterschiedlicher Positionen
miteinander ins Gespräch zu bringen“. So sieht der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst
den neuen Bischofskonferenz-Chef. Er wünsche ihm „bei den anspruchsvollen Aufgaben,
die er jetzt zusätzlich zu bewältigen hat, eine gute Hand“.
Stolz in Freiburg Mit
großer Freude wird im Erzbistum Freiburg die Nachricht von der Wahl Robert Zollitschs
zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz aufgenommen. Das eindeutige Votum
der deutschen Bischöfe sei ein großartiger Vertrauensbeweis für den Oberhirten; es
erfülle die Gläubigen vom Bodensee bis nach Franken mit Freude und Stolz. Das erklärte
Generalvikar Fridolin Keck am Dienstag in Freiburg. In einem Gratulationsschreiben
verspricht er Deutschlands neuem Chef-Bischof Unterstützung, „damit Sie zum Segen
der katholischen Kirche in Deutschland wirken und zugleich Ihr eigenes Bistum in der
bewährten Weise führen und inspirieren können“. Die Berufung in das verantwortungsvolle
Amt an der Spitze der katholischen Kirche in Deutschland bedeutet aus Freiburger Sicht
eine hohe Anerkennung für Zollitsch. Nach den Worten des Generalvikars lässt sich
das Programm von Erzbischof Zollitsch kurz und prägnant auf die Formel bringen: „Den
Aufbruch gestalten in der Gemeinschaft des Glaubens“. Er wolle den Menschen in Kirche
und Gesellschaft im Vertrauen auf Gottes Nähe die Angst vor der Zukunft nehmen und
gehe dabei mit unerschütterlicher Glaubenszuversicht und bewundernswerter Energie
Tag für Tag voran. „Das macht Mut und spornt an, gerade in einer Zeit, die von großer
Unsicherheit und Orientierungslosigkeit geprägt ist“, so der Generalvikar.
EKD:
Dialog fortsetzen Auch die Evangelische Kirche in Deutschland gratuliert Zollitsch.
EKD-Ratschef Bischof Wolfgang Huber hofft, „dass wir miteinander die über die
zurückliegenden Jahrzehnte guten und gefestigten ökumenischen Begegnungen zwischen
unseren Kirchen fortführen und weiterentwickeln können“. Zollitsch eile seit langem
„der Ruf eines weitsichtigen Bischofs mit großer pastoraler wie administrativer Erfahrung
voraus, der sich dem ernsthaften Dialog stellt“, so Huber. Er freue sich auf die erste
Begegnung mit Zollitsch in dessen neuem Amt „und auf die, gewiss unterschiedlich profilierte,
doch gemeinsame Verantwortung für das Evangelium in unserem Land“. Der türkisch-deutsche
Verband DITIB hofft, dass unter Zollitsch auch das interreligiöse Gespräch
mutig weiter geht. Gratulationen kommen außerdem vom Deutschen Caritasverband.
Peter Neher, der den Verband mit Sitz in Freiburg leitet, nennt Zollitsch einen
„aktiven Gestalter der neuen pastoralen Räume“. „Er ist ein Mensch, der bei unterschiedlichen
Interessenlagen stets den Ausgleich sucht und Lösungen findet, die von allen mitgetragen
werden können“, lobt Neher. Mit Zollitsch werde die gute Tradition des Dialogs zwischen
Kirche und ihrer Caritas weitergeführt. Der Erzbischof habe „die Arbeit der Caritas
stets unterstützt. Er ist ein offener und anderen zugewandter Mensch, der immer den
Dialog pflegt“.
ZdK: Auf gute Zusammenarbeit Das Zentralkomitee
der deutschen Katholiken freut sich über die Wahl der Bischöfe. ZdK-Chef Hans Joachim
Meyer würdigt Zollitsch als „Seelsorger“, „der die Menschen im Blick hat und sich
um deren Heil müht“. Zollitsch strahle wie sein Vorgänger „eine tiefe Freude aus dem
Glauben aus“ und stehe „für ernsthaften Dialog und kritische Zeitgenossenschaft mit
den Menschen von heute“. Deutschlands größter katholischer Laienverband habe immer
gut mit Zollitsch zusammengearbeitet.
Kirche von unten: Gemischte Gefühle Gemischte
Gefühle überkommen die kritische „Initiative Kirche von unten“ angesichts der
Neuigkeit vom Wechsel an der Spitze der deutschen Bischofskonferenz. „Ein kompetenter
Architekt der Kirchenreform - allerdings von oben“, so lautet die Überschrift eines
Presse-Statements des Verbandes. Zollitsch sei „einer der Vordenker des strukturellen
Umbaus“ in den Bistümern und Gemeinden, also ein durchaus „kompetente“ Bischof in
schwieriger Zeit“. Es bleibe aber abzuwarten, ob er „auch die nicht-strukturellen
Probleme energisch anpackt“. Positiv vermerkt wird, dass Zollitsch „als Mann des Ausgleichs
und der Integration“ auftritt. „Mit seiner Wahl verbindet sich die Erwartung, daß
er die moderierende Linie Kardinal Lehmanns weiterführt“. Nach Lesart der Initiative
ist die Wahl Zollitschs gleichzeitig eine Absage an den aus ihrer Sicht „streng konservativen“
Erzbischof Reinhard Marx von München. „Ob dessen Nichtwahl jedoch ein strategisch
kluger Schritt war, bleibt abzuwarten“, denn als Gastgeber des 2. Ökumenischen Kirchentages
2010 in München „könnte er leicht zu einem schwierigen Gegenspieler des neuen Vorsitzenden
werden“, fürchtet „Kirche von unten“. „Mit den Verfechtern des konservativen ... Katholizismus
(sei) Streit ... vorprogrammiert“. Die Kirchen-Volksbewegung „Wir sind Kirche“
spricht von einem „guten Zeichen der Kontinuität“. Zollitsch sei auf einer Linie mit
seinem Vorgänger Lehmann. „Angesichts des zunehmenden Zentralismus in der römisch-katholischen
Kirche erwarten die Katholikinnen und Katholiken aber auch, dass der neue Vorsitzende
- bei aller Loyalität gegenüber Rom - die Anliegen der katholischen Kirche in Deutschland
immer wieder nachdrücklich und selbstbewusst in Rom vertreten wird.“ Es sei „auch
ein gutes Zeichen, dass sich der neue Vorsitzende in seinem ersten spontanen Statement
für ein Weiter in der Ökumene ausgesprochen hat.“
„Sie schickt der Himmel“
- so gratuliert der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) dem neuen
Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Zollitsch stehe jetzt „vor der Herausforderung,
katholische Kirche in Deutschland zukunftsfähig zu machen. Dafür wünschen wir ihm
Kreativität, Ausdauer und Gottes Segen“. Der Verband vertraue darauf, „ dass Erzbischof
Zollitsch wie bislang ein offenes Ohr für die Anliegen junger Menschen und damit für
die Zukunft von Kirche haben wird.“ Einen Kurswechsel in der Kirche sieht der BDKJ
nicht kommen: Man dürfe „das Amt nicht mit zu hohen Erwartungen überfordern.“ Auch
wenn es jetzt jüngere Bischöfe in Deutschland gäbe, werde der so genannte Generationswechsel
in seiner Wirkung überschätzt. „Das biologische Alter sagt nur wenig über die Richtung
aus“.
Einigkeit bei CDU und SPD Positive Reaktionen kommen aus der
Politik; Bundespräsident Horst Köhler schickte ein Glückwunsch-Schreiben, Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) hofft auf gelegentlichen Gedankenaustausch mit dem Neugewählten.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lobt an Zollitsch eine besondere Fähigkeit
zum Dialog mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, ausgeprägte Urteilskraft
und große Erfahrung bei überdiözesanen Aufgaben. Für die CDU seien „Hinweise, Überlegungen
und Erkenntnisse der Kirche ... von ganz besonderer Bedeutung“. Die Partei freue sich
auf die Fortführung des Dialogs. Der Vorsitzende des Kardinal-Höffner-Kreises in
der Unionsfraktion, Georg Brunnhuber (CDU), bezeichnete den Freiburger Erzbischof
als bewährten Seelsorger, der die katholische Kirche gut führen werde. Zugleich sei
er ein ausgewiesener Finanzexperte, was sicher für die Kirche auch nicht schlecht
sei. Auch SPD-Chef Kurt Beck gratuliert. Er freue sich darauf, den vertrauensvollen
Dialog über alle wichtigen Fragen der Gegenwart mit der katholischen Kirche fortzusetzen,
heißt es in einem Glückwunschschreiben des Parteivorsitzenden. Die Menschen erwarteten
von der katholischen Kirche Orientierung in gesellschaftlichen und ethischen Fragen.
Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) freut sich über Zollitschs
erste Worte nach der Wahl. Jetzt Kontinuität zu wahren, sei die richtige Einstellung,
so Thierse. Auch FDP und Grüne begrüßten das Wahlergebnis von Würzburg. (pm/kna/rv
12.02.2008 sk)