D: „Menschenrecht Bildung" - Eine Tagung in Loccum
„Bildung ist für alle
da“ – an sich ist das eine Selbstverständlichkeit. Doch so einfach ist es offenbar
doch wieder nicht. Nicht zuletzt die Berichte von gewaltbereiten Jugendlichen haben
gezeigt, dass es auch in Deutschland Kinder und Jugendliche gibt, die durch das soziale
Netz fallen und auch durch das Bildungssystem nicht aufgefangen werden. Das bestätigt
auch der christliche Sozialethiker Bernd Kunze von der Universität Bamberg. Er ist
Mit-Organisator einer Tagung in der Evangelischen Akademie in Loccum zum Thema „Das
Menschenrecht Bildung“.
„Ich glaube, dass das deutsche Bildungssystem durchaus
Probleme hat, Migranten befriedigend zu fördern, dass alle von ihnen später eine Chance
haben, tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Nicht alle Probleme können
vom Bildungssystem gelöst werden. Da braucht es die Unterstützung der Wirtschaft.
Im Bildungssystem wäre es aber noch möglich, die individuelle Förderung – da wo wirklich
Probleme da sind und einzelne besondere Unterstützung brauchen – noch zu verbessern.“
Aber
das Problem Bildung ist kein Migrantenproblem. Kunze fordert beispielsweise, die Durchlässigkeit
zwischen den einzelnen Schularten zu erhöhen.
„Ich bin nicht der Meinung,
dass alles ins Gymnasium drängen muss. Aber es sollte schon sein, dass jemand die
Möglichkeit hat von einer Schulform in die andere zu wechseln, um eventuell auch frühere
Entscheidungen korrigieren zu können. Und für viele ist es auch wichtig, später eine
zweite Chance zu erhalten, weil man sich weiterentwickelt hat und bestimmte Bildungsmöglichkeiten
noch nutzen möchte. Da ist sicherlich noch Veränderungsbedarf.“
Doch mit
Lehrplänen allein sei es nicht getan.
„Insgesamt – sie haben das Thema
Gewalt angesprochen - darf aber bei all dem die erzieherische Seite nicht vergessen
werden. Wir richten unsern Blick immer sehr leicht auf Bildungsstandards, Wissensinhalte
und –Vermittlung. Ich glaube auch, dass wir auch die erzieherische Seite von Schule
stärker als bisher fördern müssen als die bei den Vergleichsstudien (Pisa) fällt die
leider allzu schnell unter den Tisch.“
Die Fachleute wollen in Loccum aber
nicht nur Standards und Lehrpläne diskutieren, sondern den wissenschaftlichen Diskurs
vorantreiben:
„Die christliche Sozialethik hat sich bisher erstaunlich wenig
mit dem Thema Bildung beschäftigt. Erstaunlich deshalb, weil die Kirchen traditionell
ein großer Anbieter von Bildung sind. Inzwischen steckt Deutschland wieder mitten
in einer Bildungsdebatte. Das neue daran ist, dass das Thema zunehmend unter Menschenrechtsgesichtspunkten
diskutiert wird. Und wir wollen das Thema auch in die christliche Sozialethik reinholen
und fragen, wie muss Bildung ausgestaltet werden, so dass alle einen gerechten Zugang
zu Bildung haben.“
Seit März 2006 führt der Lehrstuhl für Christliche Soziallehre
und Allgemeine Religionssoziologie an der Universität Bamberg (Prof. Dr. Marianne
Heimbach-Steins) gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (Direktor
Prof. Dr. Gerhard Kruip) ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziertes
Forschungsprojekt zum Menschenrecht auf Bildung durch. Ziel des Projekts ist zum
einen die Erarbeitung einer anthropologisch-ethischen Begründung der Notwendigkeit,
Reichweite und Grenzen dieses Rechts (Dr. Axel Bernd Kunze, Universität Bamberg) sowie
zum anderen die politische Operationalisierung dieses Rechts im Blick auf eine menschenrechtsadäquate
und nachhaltige Bildungssozialpolitik (Katja Neuhoff M. A., Forschungsinstitut für
Philosophie Hannover). Gleichzeitig soll damit ein bildungsethischer Diskurs innerhalb
der Christlichen Sozialethik etabliert werden. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt
finden Sie im Internet unter www.menschenrecht-auf-bildung.de