Papst würdigt Ökumene - Wie ist der Stand des lutherisch-katholischen Dialogs?
Am Freitag geht sie
zu Ende: Die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. 100 Jahre alt ist sie geworden,
1908 startete die Initiative, die weltweit Christen aus getrennten Kirchen im Gebet
zusammenführt. Stefan Kempis berichtet
Höhepunkt auf vatikanischer Seite ist
wie in jedem Jahr ein Gottesdienst in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern.
An der Liturgie am Freitagabend nimmt u.a. der Generalsekretär des Weltkirchenrates
(ÖRK), Samuel Kobia, teil.
Bereits am Freitag morgen hatte der Papst Kobia
in Audienz empfangen, gemeinsam mit den insgesamt 34 Mitgliedern der sog. „gemischten
Arbeitsgruppe“ von Weltkirchenrat und Päpstlichem Einheitsrat im Vatikan. Benedikt
XVI. würdigte bei der Begegnung die Fortschritte in der Ökumene. Die 100-Jahr-Feiern
seien ein wichtiger Anlass, „um Gott für die Früchte der Ökumenischen Bewegung zu
danken“.
„Für die Einheit zu beten ist ein „wirksames Mittel, um die Gnade
der Einheit zu erlangen“ (Unitatis redintegratio, 8), denn so nehmen wir teil am Gebet
Jesu selber. Wenn Christen zusammen beten, „scheint das Ziel der Einheit näher zu
rücken“ (Ut unum Sint, 22), und die Gegenwart Christi in unserer Mitte (vgl. Mt 18.20)
fördert eine tiefe Harmonie des Geistes und der Herzen: Wir werden in die Lage versetzt,
einander auf neue Weise anzuschauen, und in unserm Vorsatz zu bestärken, das Trennende
zwischen uns zu überwinden.“
Ökumene ist heutzutage ein „komplexes“ Unternehmen.
Dutzende Dialoge mit verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften werden geführt.
Der für den deutschen Sprachraum wohl wichtigste Dialog ist der mit dem
Lutherischen Weltbund. Für den ist im Vatikan Matthias Türk zuständig.
Zuletzt
war vor allem über das kirchliche Amt gesprochen worden. Heute stimmen Lutheraner
und Katholiken darin, überein dass es ein Priestertum aller Gläubigen gibt und ein
von Gott eingesetzten Dienstamt, so Türk. Differenz bestehe aber noch in der Sicht
des Bischofs. Die Lutheraner glauben nicht, dass das Bischofsamt die „Fülle“ des Weihesakraments
darstellt, wie es das Vaticanum II lehrt. Aber:
„Wenn das Konzil von defizienten
Ämtern wie bei den Lutheranern spricht, weist das Dialogdokument, das wir erarbeitet
haben, daraufhin, dass andere Aussagen des Vaticanum II zusammen mit dem Konsens zur
Rechtfertigungslehre eine „geistliche Wirkmächtigkeit“ des lutherischen Amtes erkennen
lassen, das von der katholischen Kirche noch positiver beurteilt werden könnte.“
Nächstes
Thema im lutherisch-katholischen Dialog: Die Taufe.
„In den bisherigen Dialogen
ist dies eher vorausgesetzt als Gegenstand eigener ökumenischer Dialoge gemacht worden.
Es besteht also der Vorschlag, die gemeinsame Theologie der Taufe weiter zu verdeutlichen,
und zwar im Blick auf eine wachsende Kirchengemeinschaft. Die Taufe ist ja ein wechselseitig
anerkanntes Sakrament, die Getauften werden in den einen Leib Christi eingegliedert.
Deshalb ist die Möglichkeit gegeben, über eine gemeinsame Theologie der Taufe zum
Wachsen der Kirchengemeinschaft beizutragen.“
Nachgefragt: Also nur Themen,
bei denen kein Streit zu befürchten ist?
„Nein, Themen, die eine gemeinsame
Grundlage bilden als Ausgangspunkt nehmen für eine weitere Annäherung in dem, was
Kirche ist.“
Das Verhältnis zu den Protestanten war im vergangenen Jahr
schwierig nach der Veröffentlichung eines Dokument der Glaubenskongregation zum Kirchenverständnis.
Polemik sei da nicht hilfreich, so Türk. Ökumene gelingt nur, wenn beide Seiten beim
Gemeinsamen ansetzen:
„Entscheidend ist dabei ein Indikativ, den
ich einmal den ökumenischen Indikativ nennen möchte: Nämlich die Überzeugung, dass
zwischen den Kirchen das gemeinsame größer ist und tiefer reicht als das Trennende! Ja
dieser ökumenische Indikativ muss die Grundlage unserer Bemühungen bleiben, denn er
trifft auf jede einzelne der kirchentrennenden Streitfragen zu. Gleichgültig, welcher
Kontroversfrage man sich zuwendet, ob der Abendsmahlsfrage, dem Amtsproblem, dem Kirchenverständnis
oder selbst der Frage nach Papstamt: Es zeigt sich immer, dass sich in jeder diese
Fragen immer eine Tiefenschicht des Gemeinsamen gibt, die allem Streit voraus liegt
und so „extra controversiam“ bleibt.“
Katholiken und Lutheraner sollten
in der säkularisierten Welt gemeinsam Zeugnis geben. Und das geht nur, wenn
man an die Grundlagen erinnert: Denn Glauben an den lebendigen dreieinigen Gott:
„Wer
nichts mehr von der Wirklichkeit der Sünde, der Verstricktheit in der Sünde weiß,
dem Fragen der Menschen nach Gott, dem sagt auch die Botschaft der Rechtfertigung
des Sünders nichts. Nur auf der Grundlage eines gemeinsamen Glaubens kann man dann
den Dialog über die Unterschiede führen. Und das soll mit Klarheit, aber in unpolemischer
Weise geschehen. Wir sollen die anderen nicht herabsetzen oder verletzen, wir sollen
nicht immer die Finger darauf legen, was sie nicht sind und nicht haben. Wir sollen
vielmehr vom Reichtum und von der Schönheit unseres Glaubens in einer positiven und
einladenden Weise Zeugnis geben. Dasselbe erwarten wir auch von den anderen. Wenn
das geschieht, dann kann es zwischen uns und ihnen, wie es auch in der Ökumene-Enzyklika
von Papst Johannes Paul II. heißt, zu einem Austausch nicht nur von Ideen, sondern
von Gaben kommen, die uns gegenseitig bereichern. Ökumene ist dann keine Verarmung,
sondern eine gegenseitige Bereicherung.”