2008-01-25 15:26:45

Papst würdigt Ökumene - Wie ist der Stand des lutherisch-katholischen Dialogs?


RealAudioMP3 Am Freitag geht sie zu Ende: Die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. 100 Jahre alt ist sie geworden, 1908 startete die Initiative, die weltweit Christen aus getrennten Kirchen im Gebet zusammenführt. Stefan Kempis berichtet

Höhepunkt auf vatikanischer Seite ist wie in jedem Jahr ein Gottesdienst in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern. An der Liturgie am Freitagabend nimmt u.a. der Generalsekretär des Weltkirchenrates (ÖRK), Samuel Kobia, teil.

Bereits am Freitag morgen hatte der Papst Kobia in Audienz empfangen, gemeinsam mit den insgesamt 34 Mitgliedern der sog. „gemischten Arbeitsgruppe“ von Weltkirchenrat und Päpstlichem Einheitsrat im Vatikan. Benedikt XVI. würdigte bei der Begegnung die Fortschritte in der Ökumene. Die 100-Jahr-Feiern seien ein wichtiger Anlass, „um Gott für die Früchte der Ökumenischen Bewegung zu danken“.

„Für die Einheit zu beten ist ein „wirksames Mittel, um die Gnade der Einheit zu erlangen“ (Unitatis redintegratio, 8), denn so nehmen wir teil am Gebet Jesu selber. Wenn Christen zusammen beten, „scheint das Ziel der Einheit näher zu rücken“ (Ut unum Sint, 22), und die Gegenwart Christi in unserer Mitte (vgl. Mt 18.20) fördert eine tiefe Harmonie des Geistes und der Herzen: Wir werden in die Lage versetzt, einander auf neue Weise anzuschauen, und in unserm Vorsatz zu bestärken, das Trennende zwischen uns zu überwinden.“

Ökumene ist heutzutage ein „komplexes“ Unternehmen. Dutzende Dialoge mit verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften werden geführt.
Der für den deutschen Sprachraum wohl wichtigste Dialog ist der mit dem Lutherischen Weltbund. Für den ist im Vatikan Matthias Türk zuständig.

Zuletzt war vor allem über das kirchliche Amt gesprochen worden. Heute stimmen Lutheraner und Katholiken darin, überein dass es ein Priestertum aller Gläubigen gibt und ein von Gott eingesetzten Dienstamt, so Türk. Differenz bestehe aber noch in der Sicht des Bischofs. Die Lutheraner glauben nicht, dass das Bischofsamt die „Fülle“ des Weihesakraments darstellt, wie es das Vaticanum II lehrt. Aber:

„Wenn das Konzil von defizienten Ämtern wie bei den Lutheranern spricht, weist das Dialogdokument, das wir erarbeitet haben, daraufhin, dass andere Aussagen des Vaticanum II zusammen mit dem Konsens zur Rechtfertigungslehre eine „geistliche Wirkmächtigkeit“ des lutherischen Amtes erkennen lassen, das von der katholischen Kirche noch positiver beurteilt werden könnte.“

Nächstes Thema im lutherisch-katholischen Dialog: Die Taufe.

„In den bisherigen Dialogen ist dies eher vorausgesetzt als Gegenstand eigener ökumenischer Dialoge gemacht worden. Es besteht also der Vorschlag, die gemeinsame Theologie der Taufe weiter zu verdeutlichen, und zwar im Blick auf eine wachsende Kirchengemeinschaft. Die Taufe ist ja ein wechselseitig anerkanntes Sakrament, die Getauften werden in den einen Leib Christi eingegliedert. Deshalb ist die Möglichkeit gegeben, über eine gemeinsame Theologie der Taufe zum Wachsen der Kirchengemeinschaft beizutragen.“

Nachgefragt: Also nur Themen, bei denen kein Streit zu befürchten ist?

„Nein, Themen, die eine gemeinsame Grundlage bilden als Ausgangspunkt nehmen für eine weitere Annäherung in dem, was Kirche ist.“

Das Verhältnis zu den Protestanten war im vergangenen Jahr schwierig nach der Veröffentlichung eines Dokument der Glaubenskongregation zum Kirchenverständnis. Polemik sei da nicht hilfreich, so Türk. Ökumene gelingt nur, wenn beide Seiten beim Gemeinsamen ansetzen:

„Entscheidend ist dabei ein Indikativ, den ich einmal den ökumenischen Indikativ nennen möchte: Nämlich die Überzeugung, dass zwischen den Kirchen das gemeinsame größer ist und tiefer reicht als das Trennende!
Ja dieser ökumenische Indikativ muss die Grundlage unserer Bemühungen bleiben, denn er trifft auf jede einzelne der kirchentrennenden Streitfragen zu. Gleichgültig, welcher Kontroversfrage man sich zuwendet, ob der Abendsmahlsfrage, dem Amtsproblem, dem Kirchenverständnis oder selbst der Frage nach Papstamt: Es zeigt sich immer, dass sich in jeder diese Fragen immer eine Tiefenschicht des Gemeinsamen gibt, die allem Streit voraus liegt und so „extra controversiam“ bleibt.“

Katholiken und Lutheraner sollten in der säkularisierten Welt gemeinsam Zeugnis geben. Und das geht nur, wenn man an die Grundlagen erinnert: Denn Glauben an den lebendigen dreieinigen Gott:

„Wer nichts mehr von der Wirklichkeit der Sünde, der Verstricktheit in der Sünde weiß, dem Fragen der Menschen nach Gott, dem sagt auch die Botschaft der Rechtfertigung des Sünders nichts. Nur auf der Grundlage eines gemeinsamen Glaubens kann man dann den Dialog über die Unterschiede führen. Und das soll mit Klarheit, aber in unpolemischer Weise geschehen. Wir sollen die anderen nicht herabsetzen oder verletzen, wir sollen nicht immer die Finger darauf legen, was sie nicht sind und nicht haben. Wir sollen vielmehr vom Reichtum und von der Schönheit unseres Glaubens in einer positiven und einladenden Weise Zeugnis geben. Dasselbe erwarten wir auch von den anderen. Wenn das geschieht, dann kann es zwischen uns und ihnen, wie es auch in der Ökumene-Enzyklika von Papst Johannes Paul II. heißt, zu einem Austausch nicht nur von Ideen, sondern von Gaben kommen, die uns gegenseitig bereichern. Ökumene ist dann keine Verarmung, sondern eine gegenseitige Bereicherung.”

 
(rv 25.1.2008 mc)








All the contents on this site are copyrighted ©.