Eugen Biser vollendet
heute am 6. Januar sein 90. Lebensjahr. Der gebürtige Badener zählt zu den bedeutendsten
katholischen Theologen in Deutschland und ist nach wie vor publizistisch tätig. In
wenigen Wochen erscheint das fünfte Jesus-Buch des Priesters aus dem Erzbistum Freiburg.
Immer wieder setzte Biser sich mit der Frage auseinander, woher die aktuelle Glaubenskrise
herrührt. Hören Sie Aufnahmen aus unserem Archiv, einer Radioakadamie aus dem Jahre
1997. Zur aktuellen Identitätskrise des Christentums sagt Biser:
„Die Symptome
sind alles andere als harmlos. Sie betreffen, um beim schwersten einzusetzen, die
Verunklärung des Gottesbildes, die es sogar dahin brachte, dass einen radikaler Feminismus
dahin brachte, den Vatergott Jesu gegen eine Muttergottheit altheidnischer Provenienz
auszutauschen sucht. Kaum weniger erschreckend ist aber auch die verbreitete Tendenz,
die Auferstehung Jesu aus ihrer zentralen Position zu verdrängen und alles Gewicht
auf sein irdisches Leben zu legen.“
Das Resümée ist schonungslos.
„In
schmerzlicher Betroffenheit nimmt der gläubige Christ die angesprochene Identitätsnot
wahr weil er sie gerade dort entdeckt, wo er festen Halt und verlässliche Orientierung
zu finden hoffte und wo ihn statt dessen ein Spiegelbild seiner eigenen Ratlosigkeit
entgegentritt.“
Wichtig sei daher die Orientierung an der Mitte des Glaubens:
Jesus Christus. Für Biser ist Jesus der „größte Revolutionär der Religionsgeschichte“.
Dessen Großtat habe darin bestanden, dass er „den Schatten des Angst- und Schreckenerregenden
aus dem Gottesbild der Menschheit tilgte und das Antlitz des bedingungslos liebenden
Vaters enthüllte“ und so den Menschen von der Angst befreit. In unserer Radioakademie
verdeutlichte Biser dies am johanneischen Jesus, der auf die Frage, warum er sich
nur in Jüngerkreisen, nicht aber öffentlich vor aller Welt mitteile, antwortet: „Wer
mich liebt, wird mein Wort festhalten und mein Vater wird ihn lieben; und wir werden
zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen“.
„Sie in mir und ich in ihnen,
so hatte es Jesus in seinem Abschiedsgebet zum Ausdruck gebracht. Knapper und klarer
hätte er die Mitte des Christentums gewiss nicht umschreiben können. Wir in ihm, das
ist die Geborgenheit, die wir außerhalb von Christentum und Kirche so vergeblich suchen.
Er in uns: Das ist der Lebensinhalt, der uns beglückt, bestärkt und erfüllt. Diese
Mitte muss neu entdeckt und zum Leuchten gebracht werden. Dann braucht man sich um
die Zukunft von Christentum und Kirche sich nicht mehr zu fürchten.“
Biser
war von 1974 bis 1986 Inhaber des Romano Guardini-Lehrstuhls für Christliche Weltanschauung
und Religionsphilosophie an der Universität München. 1987 gründete er an der Hochschule
das Seniorenstudium und hielt noch bis 2007 regelmäßig Vorlesungen. Ende 2002 wurde
eine Eugen-Biser-Stiftung gegründet, um sein Werk fortzuführen. Ein Schwerpunkt ist
der Dialog zwischen christlichen und islamischen Theologen. Für sein Werk erhielt
Biser zahlreiche Auszeichnungen. Sein Geburtstag wird am 12. Januar in München
mit einem Festakt gefeiert. Hauptredner ist Altbundeskanzler Helmut Kohl. (rv 06.01.2008
mc)
Hören Sie hier die
gesamzt Radioakadmie zur Glaubenskrise der Gegenwart aus dem Jahre 1997.