2008 – das ist auch
das Europäische Jahr des Interkulturellen Dialogs. Hintergrund: Europa ist das Test-Labor,
inwieweit sich eine Religion (oder Kultur) wie der Islam mit der Lebensweise in einer
aufgeklärt-westlichen Gesellschaft vereinbaren lässt. Im Vatikan steckt man im Moment
hinter den Kulissen viel Energie in das Gespräch mit dem Islam, weiß und berichtet
Stefan Kempis.
Erst, nach der Regensburger Rede des Papstes, der Stillstand;
2005 war das. Dann im letzten Herbst der Brief islamischer Gelehrter an christliche
Kirchenführer, und seitdem hat das Gespräch zwischen Christentum und Islam eine unerwartete
Dynamik erfahren. Der saudische König, Hüter der Heiligen Stätten des Islams, war
beim Papst, und irgendwann im Jahr 2008 soll eine Delegation der Islam-Gelehrten im
Vatikan mit Papst Benedikt sprechen – mit der Rückendeckung durch den saudischen König,
wie Medien kolportieren. Soviel Bewegung war selten im Gespräch der Religionen.
„Der
Papst hat alle zum Mut aufgerufen, sich der Vernunft zu öffnen“, sagt Kardinal Jean-Louis
Tauran, Vatikan-Verantwortlicher fürs Interreligiöse. „Er hat in seiner Regensburger
Vorlesung daran erinnert, dass es der Natur Gottes widerspricht, gegen die Vernunft
zu handeln. Das ist die Grundlage, auf der wir im interreligiösen Dialog den Geist
des Göttlichen aufspüren müssen.“
Regensburg – die Papst-Rede ist längst
vom Stein des Anstoßes zum neuen Anstoß im interreligiösen und darüber hinaus im interkulturellen
Dialog geworden. Im Vatikan ist man einverstanden damit, dass die Politiker bei der
Ausrufung des Europäischen Jahres des interkulturellen Dialogs das Thema so weit gefasst...
und nicht nur auf den religiösen Aspekt verengt hat. So jedenfalls Erzbischof Gianfranco
Ravasi, neuer Leiter des Päpstlichen Kulturrats:
„Wenn man von Religion
spricht, muss man das Thema Kultur mitdenken. Genau genommen muss man sogar zu einem
neuen Kulturbegriff finden, der eng mit dem Religiösen zusammenhängt: Kultur in diesem
Sinn verstanden als Nachdenken über den Menschen. So wird das Religiöse zu einer allumfassenden
Präsenz, die eng mit allen kulturellen Fragen verflochten ist, vor allem mit der Frage
nach dem Weg des Menschen durch sein persönliches Leben und, allgemeiner gesagt, durch
die Zeit...“
Die Kirche habe, so Ravasi weiter, in Sachen interkultureller
Dialog eine lange Erfahrung.
„Sie kann also viel einbringen in dieses Jahr,
das der europäische Ministerrat in Straßburg beschlossen hat.Der Glaube spricht von
der Größe des Menschen - von einem Humanismus, der die Kultur nicht zerstört, sondern
sie vielmehr bereichert.“