Die Sorgen des Heiligen Stuhls um den Weltfrieden und die Politik der Bundesregierung
laufen parallel. Das sagt der deutsche Botschafter am Heiligen Stuhl, Hans-Henning
Horstmann in seiner monatlichen Kolumne für Radio Vatikan:
Sehr verehrte
Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,
Die Geschichte von Europa seit 1945 ist
ein Prozess der europäischen Integration. Die Europäische Union ist heute das größte
Friedensprojekt auf unserem von fürchterlichen Kriegen immer wieder zerrissenen Kontinent.
Jede deutsche Regierung hat sich stets für den inneren und äußeren Ausbau dieser eingesetzt.
Es
ist ein gutes Zeichen, dass das Bundeskabinett in Berlin in seiner letzten Sitzung
vor Jahresende das Gesetz zur Ratifizierung des Vertrags von Lissabon verabschiedet
hat. Dieser Reformvertrag wurde am 13. Dezember in Lissabon unterzeichnet. Er zieht
vor allen Dingen die Konsequenzen aus der Erweiterung der Europäischen Union um die
Staaten Mittel- und Osteuropas, indem er die Union auch in einem so stark erweiterten
Mitgliederkreis handlungs- und entscheidungsfähig macht.
Es war Papst Johannes
Paul II., der mit seiner Aufforderung nach dem Fall der Berliner Mauer, nun könne
Europa wieder mit beiden Lungenflügeln atmen, den Grundgedanken der Aufnahme der mittel-
und osteuropäischen Staaten in die Europäische Union bildkräftig beschrieben hat.
Es
gehört zu diesem großen Friedensprojekt, dass nun am 21. Dezember 2007 die Kontrollen
an den Grenzen der alten zu den neuen Mitgliedstaaten fallen. Bis zum 30. März 2008
werden auch die Kontrollen an den Flughäfen abgeschafft. Ich brauche Ihnen nicht zu
beschreiben, wie groß z.B. die Erleichterung für die Bürgerinnen und Bürger beiderseits
der Oder sind. Dies sind praktische Fortschritte, in denen die europäische Integration
für jedermann erfahrbar wird.
Am 8. Dezember hat Papst Benedikt seine Botschaft
zum Weltfriedenstag 2008 veröffentlicht. Benedikt XVI. fordert erneut, dass der Friede
auf Recht beruhen muss, das alle Staaten bindet. Er mahnt, die internationalen Vereinbarungen
über die Verwaltung der Energie-Reserven der Erde auszubauen und für eine gerechte
Verteilung des Reichtums unseres Planeten zu sorgen. Der Papst betont, das solche
Vereinbarungen möglich sind, weil die Staaten auf das zu Grunde liegende moralische
Gesetz zurückgreifen können. Daraus ergeben sich die weltweiten Vereinbarungen zum
Schutz der grundlegenden Menschenrechte, der nach Auffassung der Bundesregierung weiter
ausgebaut werden muss.
Der Erklärung des Europäischen Rates zur Globalisierung
vom 14. Dezember 2007 zeigt, dass die europäischen Regierungen sich Ziele gesetzt
haben, die diesen Gedanken des Papstes sehr entgegenkommen. Dazu gehören z.B. die
ehrgeizigen Beschlüsse zum Klimawandel und zur Energie, auf deren Grundlage die europäischen
Staaten in den vergangenen Wochen auf der Weltklima-Konferenz in Bali verhandelt haben.
Dazu gehört auch die Entscheidung, eine umfassende europäische Migrationspolitik auszuarbeiten,
um Integration zu fördern, legale Migration zu steuern und illegale Einwanderung unter
Beachtung der Menschenrechte zu verhindern.
Ihnen allen sind die andauernden
diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung bekannt, zusammen mit ihren Verbündeten
durch Verhandlungen den Iran zur Aufgabe seiner Anstrengungen zur Anreicherung von
Uran zu bewegen. Es gehört zu seiner Sorge um den Frieden, dass Papst Benedikt in
seiner Botschaft vom 8. Dezember besonders eindringlich zu Verhandlungen über den
Abbau nuklearer Waffen aufgerufen hat, und den Prozess der Non-Proliferation voranzubringen.
Die Politik der Bundesregierung trifft sich mit diesen Sorgen des Heiligen Stuhles.
Wir werden diese Politik der gemeinsamen Verantwortung für die Erhaltung des Friedens
auch 2008 fortsetzen.