2007-12-24 14:09:23

Nahost: Mehr Pilger, weniger Freude


RealAudioMP3 Kein Raum in Bethlehems Herbergen: Zum ersten Mal seit sieben Jahren sind die Gästehäuser und Hotels in der Geburtsstadt Jesu zu Weihnachten ausgebucht. Wie ein britischer Journalist vor Ort berichtet, sind alle 2.000 Betten in der Stadt im Westjordanland belegt. Das israelische Ministerium für Tourismus erwartet über die Weihnachtsfeiertage 60.000 Pilger aus dem Ausland, vor allem in Bethlehem, Jerusalem und Nazareth. Das sind 20.000 mehr als vor einem Jahr.
Wer dieser Tage Bethlehem besucht, sieht jedoch kaum Weihnachtsschmuck. Statt Weihnachtsliedern hört man weiterhin Klagen. Der katholische Kustos des Heiligen Landes, Pierbattista Pizzaballa, betont:
„Es hat dieses Jahr einen Mini-Aufschwung in Bethlehem gegeben durch den christlichen Tourismus, der 2007 endlich wieder richtig angezogen hat, Gott sei Dank. Das hat Bethlehem gut getan – aber die Lage bleibt doch weiter sehr schwierig, und zwar vor allem für die Christen. 1977 waren die Christen in Bethlehem eine absolute Mehrheit – heute liegen sie unter 10 Prozent! Die Statistik wirkt etwas besser, wenn man die umliegenden Dörfer mit zu Bethlehem zählt, aber wenn wir bei Bethlehem selber bleiben, dann liegen die Christen dort unter zehn Prozent. Das ist ein Problem. Ein Drama. Sehr schwierig.“
Besuchermagnet ist wieder der Heiligabendgottesdienst in der Geburtskirche. Sie steht dort, wo der Gottessohn der Überlieferung nach geboren wurde. Andere Pilgerstellen im Heiligen Land haben es schwerer, so Pizzaballa.
„Pilgern hilft jedem. Natürlich zunächst der christlichen Gemeinschaft vor Ort, die zum Teil von der Pilger-Industrie lebt. Aber wenn nun jemand sagt: Ich pilgere nicht ins Heilige Land, denn dadurch lasse ich ja auch Geld in Israel, und das will ich nicht – dann antworte ich: Man kann nicht auf der einen Seite die Mauer anklagen und doch gleichzeitig selbst eine Barriere anderer Art bauen. Aber dort ist gerade ein nicht erklärter Krieg um jeden Zentimeter Bodens im Gang, denn irgendwann wird man ja mal über Jerusalems Zukunft reden müssen, und wer dann da mehr Land hat, hat auch mehr mitzureden.“
Für die Christen im Heiligen Land ist nicht nur der Konflikt zwischen Israel und Palästina ein Problem. Acht orthodoxe und sechs katholische Gemeinschaften teilen sich die Kirchen.
„Das Hauptproblem der Christen in Israel besteht darin, geeint zu bleiben und nicht schlichtweg übersehen zu werden. Wir reden hier von fünf Millionen Juden und einer Million Moslems – da werden Sie verstehen, dass 20.000 Christen da nicht groß auffallen und Schwierigkeiten haben, wahrnehmbar und einig zu sein. Nicht in der Masse aufzugeben. Denn der kulturelle Kontext hilft ihnen natürlich nicht. Ich habe ein paar Jahre an der Hebräischen Universität von Jerusalem studiert und erinnere mich, dass es da kein Weihnachten gab, kein Ostern und keinen Sonntag – der Sonntag war ein normaler Arbeitstag. Natürlich zwingt dich keiner, an Weihnachten in die Schule zu gehen, aber wenn an dem Tag dann gerade ein wichtiges Examen ist, musst du natürlich doch hingehen.“
(rv 24.12.2007 mg)








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