2007-11-29 13:48:33

Kommentar des Botschafters am Heiligen Stuhl, Hans Henning Horstmann
"Es lebe die Ökumene!"


RealAudioMP3 Deutschland und Ökumene

Am 23. November, also am Tag vor dem feierlichen Konsistorium, hatte Papst Benedikt XVI. die Kardinäle zu einem Austausch über die Ökumene eingeladen. Das Thema ist uns Deutschen wichtig. Deutschland ist das Land, in dem die Reformation ihren Anfang nahm. Die beiden großen christlichen Kirchen sind heute mit jeweils etwa 30% der Bevölkerung gleich stark. Ökumene ist über kirchliches und persönliches Interesse hinaus auch ein Thema von öffentlicher Relevanz, das sich auf Gesellschaft und Staat auswirkt.
Der Ökumene hat Papst Benedikt XVI. schon in seiner ersten Predigt hohe Priorität gegeben. Mit der jüngsten Beratung im Kreis der Kardinäle hat er ein klares Signal gesetzt: der von der katholischen Kirche seit dem II. Vatikanischen Konzil eingeschlagene Weg der Ökumene ist unumkehrbar, selbst wenn er lang und bisweilen beschwerlich ist.Kardinal Kasper hat in seinem Einführungsreferat, das im Osservatore Romano abgedruckt wurde, auf die Erfolge hingewiesen, die die Ökumene in den letzten 40 Jahren erzielt hat. Dazu gehört die Tatsache, dass der Stuhl Petri zu einem internationalen Referenzpunkt für die Ökumene geworden ist. Besucher aus allen Kirchen der Welt kommen nach Rom. Der Heilige Stuhl wird so zu einem Ort ständigen theologischen und kulturellen Austausches. Dies gilt ebenso für den interreligiösen Dialog. Die Bedeutung kultureller und religiöser Fragen hat für die friedliche Gestaltung gesellschaftlicher und internationaler Formen des Zusammenlebens deutlich zugenommen. Die Arbeit des Heiligen Stuhls ist so im nationalen und internationalen Rahmen zunehmend politisch bedeutsam.
Ohne die Ökumene kann ich mir in Deutschland ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben nicht vorstellen. Die Zusammenarbeit in der Diakonie ist ausgeprägt. Malteser und Johanniter sind nur ein Beispiel für den gemeinsamen Einsatz für die Armen, Schwachen und Kranken. Deutschland ist nicht nur das Ursprungsland der Reformation. Es ist auch ein wesentlicher Impulsgeber der Ökumene. Die ökumenischen Kirchentage sind dafür ein Beleg. Dem ersten ökumenischen Kirchentag des Jahres 2003 in Berlin folgt nun im Jahr 2010 in München ein zweite Begegnung, die in hohem Maß auf Gesellschaft und Politik ausstrahlt.
Dass sich die christlichen Kirchen zu gemeinsamen Erklärungen in ethischen und sozialen Fragen äußern, ist eine gute Entwicklung. Mit Interesse habe ich deshalb zur Kenntnis genommen, dass vermehrte Zusammenarbeit in gesellschaftlichen und sozialen Fragen ein Wunsch der Kardinalsversammlung war. Unsere Gesellschaft kann durch verstärkte Kooperation nur gewinnen.
Von Rom aus ist stets die Weltkirche im Blick. Deshalb heißt aus römischer Sicht Ökumene auch Beziehung zu den orthodoxen Kirchen. In Deutschland denken wir aufgrund der geschichtlichen und konkreten Situation zwar zuerst an die Kirchen aus der Reformation. Im Blick auf den europäischen Prozess ist das ökumenische Bemühen um die Orthodoxie jedoch hoch bedeutsam. Vor allem seit den letzten Erweiterungen der EU nach Osten haben orthodox geprägte Länder wie Rumänien und Bulgarien die bereits mit Griechenland seit jeher vertretene orthodoxe Tradition in Europa verstärkt. Deshalb wünsche ich als Europäer der Ökumene mit der Orthodoxie jeglichen Erfolg. Sie wird einem noch besseren
Zusammenwachsen und gegenseitigen kulturellen Verständnis in der EU zugute kommen.
Der Papst kennt das ökumenische Gespräch, die vielfältigen lokalen, regionalen und nationalen ökumenischen Arbeiten in Deutschland sehr gut. Er weiß um die Bedeutung der Ökumene, gerade auch mit den Kirchen der Reformation. Zur Verständigung in der Rechtfertigungslehre, die 1999 in Augsburg unterzeichnet wurde, hat er maßgeblich beigetragen. Mit dem Deutschen Kardinal Bea verbindet sich die Gründung des damaligen Sekretariates für die Einheit der Christen, mit Kardinal Walter Kasper steht heute ein in Kirche und Staat hoch geschätzter Kardinal aus Deutschland an der Spitze des Rates für die Einheit der Christen. Hohe Vertreter der EKD, zuletzt Bischof Dr. Wolfgang Huber, stehen in Gesprächskontakten mit dem Papst und Vertretern des Heiligen Stuhls. Ökumene wird in Deutschland sehr sensibel wahr genommen.
Papst Benedikt XVI. und sein "Ökumene"-Minister Walter Kasper haben mit der jüngsten Versammlung dem Thema Ökumene Impulse gegeben. Sie wirken hilfreich in die Ökumene der Deutschen.
Deutsche wollen die ökumenischen Bemühungen verstärken. Der Dresdner Bischof Johann Reinelt hat jüngst gesagt: "Wir müssen weitermachen. Wir sind dran."

Rom, 29.11.2007 Hans Henning Horstamann








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