Viele neue Ideen zur
Ökumene sind am Freitag in den Beratungen der Kardinäle mit dem Papst zur Sprache
gekommen. Benedikt hatte den „Senat“ der Kirche gebeten, einen Tag lang im Vatikan
hinter verschlossenen Türen über die Beziehungen zu anderen Kirchen zu beraten. Dabei
war aus den Reihen der Kardinäle der Ruf nach neuen Schuldbekenntnissen der Kirche
zu hören, wie Johannes Paul II. sie mehrfach formuliert hatte. Es gelte auch im ökumenischen
Verhältnis den „Weg der Reinigung des Gedächtnisses fortzusetzen", so zitiert das
Vatikan-Statement einen namentlich nicht genannten Kardinal aus der offenen Aussprache. Offenbar
wurde auch Kritik an der Art und Weise laut, mit der ein Dokument der Glaubenskongregation
im Sommer das katholische Kirchenverständnis erläutert hatte. Es sei wichtig, „Kommunikationsformen
zu nutzen, bei denen man darauf achtet, dass nicht die Sensibilität der anderen Christen
verletzt wird“, heißt es wörtlich im Vatikan-Statement. Die Vatikan-Zeitung „L`Osservatore
Romano“ gibt ihrem Leitartikel über das Klausurtreffen die Überschrift: „Neue Perspektive
für die Einheit“. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Walter
Kasper, habe in seinem einleitenden Vortrag u.a. die „vielversprechende neue Dialog-Phase“
mit den orthodoxen Kirchen gewürdigt; die Eiszeit sei vorbei, jetzt wäre eine Begegnung
zwischen dem Papst und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Alexei II. „nützlich“,
so Kasper. Trotz vieler noch bestehender Schwierigkeiten im Dialog mit den Orthodoxen
sei doch die Hoffnung legitim, dass die Kirche „nach der Spaltung des zweiten Jahrtausends
im dritten Jahrtausend wieder mit beiden Lungenflügeln zu atmen beginnt“, so Kasper.
Was die aus der Reformation hervorgegangen Kirchen und christlichen Gemeinschaften
betreffe, sehe er „keinen Haltepunkt, aber einen tiefgreifenden Wandel in der ökumenischen
Situation“. Für den weiteren Weg in der Ökumene gäbe es keine einzig gültige Lösung.
Die Unterschiede seien zu groß - geographisch wie kulturell. Hier müssten die einzelnen
Bischofskonferenzen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Keiner dürfe mit dem
Finger auf andere zeigen, Dialog müsse klar sein, aber frei von Polemik. Basis allen
Miteinanders sei stets die Ökumene des Gebets, betonte Kasper einmal mehr. Bei
der Aussprache der Kardinäle wurde auch das Thema Islam angesprochen; dabei würdigten
die Kardinäle den Brief islamischer Intellektueller an christliche Führer. Nach Vatikanangaben
ergriffen mehr als dreißig Purpurträger das Wort. Nach Angaben der Tageszeitung „La
Repubblica“ schlug der britische Kardinal Cormac Murphy O`Connor einen Runden Tisch
des Papstes mit den Führern der anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften vor;
darauf habe Kasper geantwortet und auf die Schwierigkeiten hingewiesen. So bestehe
etwa ein deutliches Zerwürfnis zwischen den orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel
und Moskau. Nach Angaben des „Corriere della Sera“ habe auch Papst Benedikt von einer
„schönen Idee“ gesprochen, die aber aus seiner Sicht derzeit „kaum zu verwirklichen“
sei. Außerdem Thema: der Brief Benedikts an die Katholiken in China und die positive
Aufnahme unter den Priestern und Bischöfen. Papst Benedikt selbst gab in einer
kurzen Schlussansprache keine neuen Direktiven zum Thema Ökumene aus, sondern erwähnte
seine zweite Enzyklika „Spe salvi“, die nächste Woche veröffentlicht wird. Er wolle
mit diesem Text auf die „tiefsten Erwartungen unserer Zeitgenossen antworten“. Den
ökumenischen Weg der Kirche nannte der Papst „kein Optional, keine freiwillig Entscheidung,
sondern eine Verpflichtung, ein heiliges Gebot Christi“. Zur Ökumene gebe es keine
Alternative. (rv 24.11.2007 sk/bp)