2007-11-24 12:12:52

Papst: Ansprache an Kardinäle beim Konsistorium. Volltext.


RealAudioMP3 „Apostel Gottes und Zeugen des Evangeliums“ mit besonderer Verantwortung: Das sind laut Benedikt XVI. die neuen Kardinäle. 23 verdiente Kirchenmänner erhob der Papst im öffentlichen Konsistorium am Samstag Vormittag in den Kardinalsstand, unter ihnen der deutsche Kurienerzbischof Paul Josef Cordes, dienstältester Kuriale, der deutschstämmige Brasilianer Odilo Scherer aus Sao Paolo und der Patriarch von Bagdad, Emmanuel III. Delly.

Hier die Ansprache des Papstes an die neuen Kardinäle in einer deutschen Übersetzung von P. Max Cappabianca OP:

Hier in der Basilika im Vatikan, dem Herz der christlichen Welt, findet heute wieder ein wichtiges und feierliches kirchliches Ereignis statt: Ein öffentliches ordentliches Konsistorium zur Kreierung von 23 neuen Kardinälen mit der Überreichung des Biretts und der Zuweisung der Titelkirche. Das ist ein Ereignis, das jedes Mal besondere Freude auslöst, nicht nur bei denen, die mit diesen Riten in das Kardinalskollegium aufgenommen werden, sondern in der ganzen Kirche, die sich an diesem beredten Zeugnis der katholischen Einheit erfreuen. Die Zeremonie selbst verdeutlicht durch ihre Struktur die Bedeutung der Aufgabe, zu der die neuen Kardinäle in enger Zusammenarbeit mit dem Nachfolger des Heiligen Petrus berufen sind; das Volk Gottes ist eingeladen dafür zu beten, dass diese unseren Brüder Christus immer treu bleiben – wenn nötig bis zum Opfer des eigenen Lebens, und dass sie sich allein von seinem Evangelium leiten lassen. Wir scharen uns daher gläubig um sie und erheben vor allem ein Dankgebet zu unserm Herrn.

In dieser Stimmung der Freude und der dichten Spiritualität grüße ich jeden von euch, liebe Brüder, die ihr von heute an Mitglieder des Kardinalskollegiums seid. Ihr seid auserwählt, gemäß einer alten Tradition in der Leitung der Kirche die engsten Mitarbeiter des Nachfolger des Heiligen Petrus zu sein. Ich grüße und danke Erzbischof Leonardo Sandri, der in eurem Namen ein Grußwort gesprochen und die Bedeutung und Wichtigkeit dieses kirchlichen Ereignisses deutlich gemacht hat. Ich möchte außerdem an Ignacz Jez erinnern, den der Gott aller Gnade kurz vor der Berufung zu sich gerufen hat, um ihn einen anderen Kranz zu reichen: Denn der ewigen Herrlichkeit in Christus. Dann grüße ich euch alle hier anwesenden Kardinäle und auch alle, die nicht persönlich hier sein können, die uns aber im Geiste verbunden sind, Die Feier eines Konsistoriums ist immer eine gute Gelegenheit, urbi et orbi – der Stadt und dem Erdkreis – ein Zeugnis zu geben von jener einzigartigen Einheit, mit der die Kardinäle mit dem Papst, dem Bischof von Rom, vereint sind. Bei dieser feierlichen Gelegenheit möchte ich auch die Regierungsdelegationen grüßen und alle, die aus allen Teilen der Welt gekommen sind, wie auch die Familienangehörigen, die Freunde, die Priester, die Ordensfrauen und -männer und die Gläubigen aller Ortskirchen, aus denen die neuen Kardinäle stammen. Und ich grüße schließlich alle, die hier zusammengekommen sind, um sich um die neuen Kardinäle zu scharen und ihre Festfreude ihre Wertschätzung und Zuneigung auszudrücken,

Mit der heutigen Feier werdet ihr, liebe Brüder, voll und ganz in die ehrwürdige Kirche von Rom eingegliedert, deren Hirt der der Nachfolger des Petrus ist. Im Kardinalskollegium lebt das alte Presbyterium des Bischofs von Rom weiter; ihre Mitglieder übten ihre pastoralen und liturgischen Aufgaben in den verschiedenen Kirchen aus, und ließen es zugleich nicht fehlen an ihrer wertvollen Zusammenarbeit in der Erfüllung der verschiedenen Aufgaben, die mit dem universalen apostolischen Aufgabe zusammenhängen. Die Zeiten haben sich geändert, und die große Familie der Jünger Christi ist verbreitet auf allen Kontinenten bis zu den fernsten Enden der Erde, diese Familie spricht praktisch alle Sprachen der Welt, und zu ihr gehören Völker aller Kulturen. Die Verschiedenheit der Mitglieder des Kardinalskollegiums, sowohl was die geographische als auch die kulturelle Herkunft angeht, bringt dieses von der Vorsehung gewollte Wachstum zum Ausdruck. Zugleich verdeutlicht es aber auch die veränderten pastoralen Anforderungen, auf die der Papst reagieren muss. Die Universalität, die Katholizität der Kirche spiegelt sich deshalb in der Zusammensetzung des Kardinalskollegiums wider: Sehr viele sind Diözesanbischöfe, andere stehen im direkten Dienst des Heiligen Stuhls, andere haben sich wertvolle Verdienste in spezifischen pastoralen Feldern erworben.

Jeder von euch, liebe und verehrte Brüder und neuen Kardinäle, stellt einen Teil des mystischen Körpers Christi dar, der die weltweit Kirche ist. Ich weiß, wie viel Mühe und Opfer die Seelsorge heute abverlangt, aber ich kenne auch die Großherzigkeit, die euren täglichen apostolischen Dienst trägt. Deshalb ist es mir jetzt wichtig, euch meine aufrichtige Wertschätzung auszudrücken für den treuen Dienst, den ihr in vielen Jahren der Arbeit in verschiedenen Bereichen des kirchlichen Dienstes geleistet habt. Mit der Erhebung zur Kardinalswürde seid ihr dazu berufen, diesen Dienst mit noch größerer Verantwortung und in engster Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom auszuüben. Ich denke nun mit Zuneigung an die Gemeinden, die eurer Sorge anvertraut sind und besonders diejenigen, die besonders von Leid geprüft sind und von Herausforderungen und Schwierigkeiten aller Art. Wie könnte ich unter ihnen in diesem Moment der Freude meinen Blick mit Anteilnahme und Zuneigung nicht den lieben christlichen Gemeinden im Irak zuwenden? Diese unsere Schwestern und Brüder im Glauben erfahren an ihrem eigenen Leib die dramatischen Konsequenzen eines andauernden Konflikts und leben in einer äußerst fragilen und delikaten politischen Situation. Mit der Berufung des Patriarchen der chaldäischen Kirche in das Kardinalskollegium wollte ich konkret meine spirituelle Nähe und meine Zuneigung zu jenen Menschen ausdrücken. Wir wollen gemeinsam, verehrte liebe Brüder, erneut die Solidarität der ganzen Kirche mit den Christen in jenem geliebten Land ausdrücken, und wir rufen dazu auf, zum barmherzigen Gott beten, dass sich die ersehnte Versöhnung und der Frieden für alle beteiligten Völker verwirkliche.

Wir haben eben das Wort Gottes gehört, dass uns hilft, besser das feierliche Ereignis zu verstehen, das wir gerade erleben. In der Evangeliumsperikope hat Jesus gerade zum dritten Mal an das Schicksal erinnert, das ihn in Jerusalem erwartet. Aber der Karrierismus der Jünger gewinnt Oberhand über die Angst, die sie für einen Augenblick gespürt hatten. Nach dem Bekenntnis des Petrus in Cäsarea und der Diskussion auf dem Weg über die Frage, wer von ihnen der größte sei, ist es der Ehrgeiz, der die Zebedäussöhne dazu drängt, für sich selbst die besseren Plätze im messianischen Reich am Ende der Zeiten einzufordern. Im Verlangen nach Privilegien wissen die beiden sehr genau, was sie wollen, wie auch die anderen zehn – trotz ihrer „tugendhaften“ Empörung. In Wirklichkeit wissen sie aber nicht, was sie verlangen. Es ist Jesus, der es ihnen klar macht, indem er in Begriffen spricht, die deutlich sich unterscheiden von dem „Dienst“, den sie erwarten. Er korrigiert ihr falsches Verständnis von Verdienst, nach dem der Mensch Rechte gegenüber Gott erwerben könnte.

Der Evangelist Markus erinnert uns daran, verehrte liebe Brüder, dass jeder wahre Schüler Christi nur eine einzige Sache erstreben kann: Sein Leid zu teilen ohne jeden Lohn einzufordern. Der Christ ist dazu berufen, wie ein Sklave zu werden und so den Spuren Jesu zu folgen, indem er sein Leben freigebig und absichtslos für die anderen hingibt. Nicht die Suche nach Macht und Erfolg, sondern die demütige Selbsthingabe für das Wohl der Kirche muss jede Handlung von euch und jedes eurer Worte kennzeichnen. Die wahre christliche Größe besteht in der Tat nicht im Herrschen, sondern im Dienen. Jesus wendet sich heute erneut an jeden von uns, wenn er sagt, er sei „nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10,45) Das ist das Ideal, das Richtschnur für euren Dienst ist. Liebe Brüder, wenn ihr in das Kardinalskollegium aufgenommen werdet, erbittet und vertraut euch der Herr den Dienst der Liebe an: Liebe zu Gott, Liebe zu seiner Kirche, Liebe zu den Brüdern mit einer größtmöglichen und uneingeschränkten Hingabe, usque ad sanguinis effusionem, wie es in der Formel zur Überreichung des Kardinals-Biretts heißt und wie es die rote Farbe eurer Gewänder verdeutlicht, die ihr tragt.

Ihr seid Apostel Gottes, der die Liebe ist, und ihr seid Zeugen der Hoffnung des Evangeliums: Das erwartet von euch das christliche Volk. Die heutige Zeremonie unterstreicht die große Verantwortung, die darin auf jeden von euch lastet, verehrte liebe Brüder, und die bestätigt wird im Wort des Apostels Petrus, das wir eben erst gehört haben: „Haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15). Eine solche Verantwortung bewahrt einen nicht vor Risiken, im Petrusbrief heißt es weiter: „Es ist besser, für gute Taten zu leiden, wenn es Gottes Wille ist, als für böse.“ Christus verlangt von euch, vor den Menschen seine Wahrheit zu bezeugen, sein Schicksal anzunehmen und zu teilen und dies „bescheiden und ehrfürchtig und mit einem reinen Gewissen“ (1 Petr 3,15f.) zu tun, das heißt mit jener inneren Demut, die die Frucht der Zusammenarbeit mit der Gnade Gottes ist.

Liebe Schwestern und Brüder, morgen habe ich die Freude, in dieser Basilika am Christköngsfest zusammen mit den neuen Kardinälen die Eucharistie zu feiern und ihnen den Kardinalsring zu überreichen. Das wird eine wichtige und gute Gelegenheit sein, unsere Einheit in Christus zu bestärken und um unseren gemeinsame Bereitschaft zu erneuern, mit totaler Hingabe zu dienen. Begleitet sie mit eurem Gebet, damit sie ihrer Aufgabe mit voller und bleibender Hingabe entsprechen. Wenden wir uns nun vertrauensvoll an Maria, der Königin der Apostel. Ihre spirituelle Gegenwart heute in diesem besonderen Abendmahlssaal möge für die neuen Kardinäle und für uns alle ein Unterpfand sein für die bleibende Gabe des Heiligen Geistes, der die Kirche leitet auf ihrem Weg durch die Geschichte. (rv)







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