Die Kritik an der
Sterbehilfe-Organisation Dignitate in Deutschland wächst. Neben den beiden großen
Kirchen haben sich nun auch Ärzte und die Hospizbewegung klar gegen das Konzept des
Vereins ausgesprochen. Dignitate will in Deutschland Menschen helfen, Selbstmord zu
begehen. In der Vergangenheit hatte der Schweizer Partnerverein „Dignitas“ sterbewilligen
Deutschen einen tödlichen Medikamentencocktail beschafft. Ein Bericht von Daniel Kaiser.
Ein
Verbot von „Dignitate“ bringt nichts. Da ist sich Eugen Brysch von der Deutschen Hospizstiftung
sicher. Im NDR forderte er deshalb von der Regierung klare Regeln. „Wir brauchen
eine strafrechtliche Regelung, übrigens nicht, indem wir Dignitate verbieten. Das
ist Schaumschlägerei. Wir brauchen auch die Auseinandersetzung mit den Inhalten von
Dignitate. Aber wir müssen die wirtschaftliche Grundlage für diesen Verein entziehen.
Und da hat die Politik die Chance, da etwas zu tun.“ Dignitate und Dignitas
– das ist vor allem das Geschäft mit dem Leid anderer Menschen. Das sieht auch der
Präsident der Bundesärztekammer Jörg Dietrich Hoppe so. „Wir wissen, dass die
Geld dafür nehmen, und zwar in erheblichem Umfange. Und wir kennen auch Menschen,
die dort mal tätig gewesen sind, die sich da aber herausbewegt haben und öffentlich
bekannt gemacht haben, dass es sich hier um erhebliche Summen handelt, die zu zahlen
sind und die weiter darüber hinausgehen, den Stoff zu bezahlen und die Unkosten, die
entstehen, wenn eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird, die Reisekosten oder dergleichen.“ Hoppe
schloß im RBB aus, dass Sterbehilfe mit dem Berufsethos eines Arztes vereinbar ist.
„Töten gehört nicht zum Handwerk des Arztes und Beihilfe zur Tötung auch nicht.
Das ist seit Hippokrates so. Da steht schon: „Ich werde niemandem ein tödliches Gift
geben. Das würde das Vertrauen in den Arztberuf schwer erschüttern. Die Menschen müssen
wissen, dass wir für das Leben eintreten.“ Der Arzt müsse stattdessen helfen,
dass der todkranke Patient nicht in einen depressiven Zustand verfällt. Er, Hoppe,
wisse von vielen Fällen, bei denen ein Sterbehilfeversuch gescheitert war. „Und
dass anschließend diejenigen, die sich töten wollten, froh darüber waren, dass es
nicht gelungen ist, weil sie dann doch noch eine schöne Phase erlebt haben.“
Der
Tod wie ihn Dignitas und Dignitate anbieten, wäre ein Dammbruch und ein fatales gesellschaftliches
Signal, sagt Eugen Brysch von der Hospizstiftung. „Sobald wir Mittel bereitstellen,
die das Töten und Sterben für jeden als Zugriff möglich machen, wandert der Todeszeitpunkt
in das Leben hinein. Und davor warnen wir, weil es genau diejenigen trifft, die heute
schon spüren, dass wir uns von ihnen entsolidarisieren.“ Brysch fordert statt
dessen mehr Mittel für die Palliativmedizin. Derzeit werden nicht einmal 5 Prozent
der Sterbenden in Hospizen versorgt. Dabei wäre möglicherweise mehr Geld da. Das Gesundheitssystem
wende jedes Jahr 150 Milliarden Euro für Menschen im letzten Lebensjahr auf, sagt
Brysch. „Nur es gibt sie nicht für Begleitung oder für Hilfe aus sondern für
eine maximale Therapie, die viel zu oft an den Wünschen der Betroffenen vorbeigeht.
Und das ist der entsetzliche Skandal. Und hier kann nur einer handeln, nämlich die
politisch Verantwortlichen in Deutschland.“ (rv 21.11.2007 mc)