Vatikan: Kasper, Aussage zum Primat erster Schritt
Katholische und Orthodoxe
Kirche haben sich erstmals gemeinsam zum Primat des Bischofs von Rom geäußert. Der
Vatikan hat an diesem Donnerstag ein Dokument über die Ökumene mit der Orthodoxie
veröffentlicht. Darin bejahe die Orthodoxie zum ersten Mal, dass es die „universale
Ebene der Kirche gibt, und dass auch auf dieser universalen Ebene beides notwendig
ist: Primas und Kollegialität“, sagte Kardinal Walter Kasper in einem Interview mit
Radio Vatikan.
Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats stand im Oktober
an der Spitze der vatikanischen Delegation bei dem Treffen der Gemischten Kommission
in Ravenna. Das jetzt veröffentlichte Dokument wurde vom 8. bis 14. Oktober in der
- Zitat Kasper – „Brückenstadt zwischen Ost und West“ erarbeitet und beschlossen.
Der Titel: „Die ekklesiologischen und kanonischen Konsequenzen der sakramentalen Natur
der Kirche. Kirchliche Gemeinschaft, Konziliarität und Autorität.“ Wörtlich heißt
es: „Die Autorität der Kirche kommt von ihrem Herrn und Haupt, Jesus Christus.
Durch die Apostel wurde sie den Bischöfen, ihren Nachfolgern, übermittelt und durch
sie der gesamten Kirche. Diese Gemeinschaft (Communio) ist der Rahmen, in dem jede
kirchliche Autorität ausgeübt wird.“ Laut Ravenna-Dokument ist die Communio
ein Wesenselement der Kirche. Gemeinschaft spalten, bedeute Katholizität spalten und
taste das Sein der Kirche an. Communio bedeutet in erster Linie Glaubensgemeinschaft.
„Es ist deshalb klar, dass ein und derselbe Glaube in all den Ortskirchen geglaubt
und gelebt wird, dieselbe eine Eucharistie überall gefeiert wird, und ein und dasselbe
apostolische Amt in all den Gemeinden tätig sein muss. Eine Ortskirche kann nicht
das Glaubensbekenntnis verändern, das von Ökumenischen Konzilen formuliert wurde,
obgleich die Kirche immer ,auf neue Probleme angemessene Antworten’ geben muss.“ Zukunftsweisend
im Ravenna-Dokument ist die Aussage über den Primat. Auch der müsse immer im Kontext
der Kollegialität gesehen werden, betonen katholische und orthodoxe Kirche gemeinsam.
Nach der Spaltung von 1054 sagen sie jetzt: „Beide Seiten stimmen überein, … dass
Rom … die erste Stelle in der taxis einnahm und dass der Bischof von Rom deshalb der
protos unter den Patriarchen war. Sie sind jedoch uneinig in der Interpretation der
historischen Belege aus dieser Zeit über die Vorrechte des Bischofs von Rom als protos,
worüber es bereits im ersten Jahrtausend unterschiedliche Interpretationen gab.“ Der
Primat gründe auf lokaler, regionaler und universaler Ebene fest in der kanonischen
Tradition der Kirche. Ost und West akzeptierten „die Tatsache des Primats“. Unterschiede
gebe es „in Bezug auf die Weise, in der er ausgeübt werden soll, und auch in Bezug
auf seine biblische und theologische Begründung. Es wird noch erforderlich sein, die
Frage nach der Rolle des Bischofs von Rom in der Communio aller Kirchen in größerer
Tiefe zu studieren“.
Ökumenechef Walter Kasper wertet diese Anerkennung
des Primats als „allerersten Schritt“ und „gemeinsame Basis für einen künftigen Dialog“.
Er gibt zu bedenken: „Wir haben noch nicht im Einzelnen besprochen, was nun dieser
Primat besagt und was er bedeutet, das wird jetzt noch ein schwieriger und langer
Weg sein. Wir werden das nächste Mal sprechen über die Rolle des Bischofs von Rom
im ersten Jahrtausend, dann müssen wir natürlich über das zweite Jahrtausend sprechen,
da kommt es dann zum Ersten und Zweiten Vatikanischen Konzil, und auch das wird keine
einfache Diskussion werden…“ Auch jetzt in Ravenna gab es Schwierigkeiten,
allerdings innerhalb der Orthodoxie. Die Delegation aus Moskau war vorzeitig abgereist,
weil Vertreter der esthnisch-orthodoxen Kirche teilnahmen, einer Teilkirche, die Moskau
nicht anerkannt. Kasper bedauerte die Entscheidung, die katholische Kirche wolle Dialog
mit der Orthodoxie in ihrer Ganzheit führen: „Das war für uns eine traurige Erfahrung,
die uns mit Sorge erfüllt hat, dass die russisch-orthodoxe Delegation am ersten Tag
abgereist ist, wegen eines Streitpunkts, der innerorthodoxer Natur ist. Denn den autonomen
Status einer Ortskirche ist nicht etwas, das wir zu entscheiden haben, aber doch etwas,
das uns auch betrifft. Wir können uns zwar nicht direkt einmischen, aber wir wollen
doch sowohl Konstantinopel wie Moskau dringend bitten, nach einer Lösung zu suchen,
entweder bilateral oder auf gesamtorthodoxer Ebene, denn wir sind auf jeden Fall sehr
daran interessiert, dass die russisch-orthodoxe Kirche, eine wirklich große und bedeutende
Kirche, am Dialog bleibend teilnimmt.“ Für 2009 ist das nächste Treffen der
Gemeinsamen Kommission geplant. Der theologische Dialog war offiziell 1979 eröffnet
worden. Nach anfänglichen Erfolgen geriet er in die Krise, ab dem Jahr 2000 setzte
die Gemeinsame Kommission ihre Arbeit aus. Erst im vergangenen Jahr nahmen Katholiken
und Orthodoxen die gemeinsamen Arbeiten auf internationaler Ebene wieder auf. Jetzt
solle es kontinuierlich und ehrlich weiter gehen. Kardinal Kasper „Wir sind dankbar,
dass dieser erste Schritt, dieser grundlegende Schritt getan wurde, auf dem wir aufbauen
können. Wir danken dem lieben Gott und wir danken sehr vielen Betern, die während
der Zeit in Ravenna gebetet haben, und wir haben diese Unterstützung sehr wohl auch
gespürt.“ (rv 15.11.2007 bp)