2007-11-10 13:44:29

Österreich/Nahost: Chancen der Kirche nutzen


Die Bischöfe des Landes, die sich bis diesen Samstag im Heiligen Land aufhalten, blicken in einem gemeinsamen Schreiben auf den Papstbesuch in Österreich zurück und rufen dazu auf, „die Chancen zu nützen, die den Menschen in Österreich gegeben sind“. In erster Linie gehe es darum, tiefer zu graben und auch tiefer zu denken, „als dies jetzt oft vorgeschlagen wird“. Werde das getan, würden wieder mehr Menschen das Evangelium „als w irklich frohmachende, wenn auch nicht bequeme Botschaft“ neu für sich entdecken.
Die Österreichischen Bischöfe hielten im Heiligen Land ihre diesjährige Herbst-Vollversammlung ab. Zugleich wollten sie mit dieser Reise ein Zeichen der Solidarität mit den bedrängten Christen in der Heimat Jesu setzen.
(rv/zenit/kap 10.11.2007 mg)

Hier der gesamte Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe vom Berg der Seligpreisungen in Galiläa

Liebe katholische Christen in Österreich, Brüder und Schwestern im Glauben!

Zwei Monate nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in Österreich und seiner Reise als Pilger nach Mariazell haben wir Bischöfe eine Pilgerfahrt in das Heilige Land unternommen. Hier - am Ursprung des
Christentums - haben wir gebetet; wir haben bei unserer hier abgehaltenen Herbstkonferenz über Impulse aus dem Besuch des Heiligen Vaters und über den weiteren Weg der Kirche in Österreich inmitten unserer Weltkirche nachgedacht. Und wir haben auch in vielen Begegnungen unsere Solidarität mit den Christen des Heiligen Landes in ihrer schwierigen Situation zum Ausdruck gebracht.

"Auf Christus schauen", das war das Leitwort des päpstlichen Besuches
in Österreich. In Nazareth, Betlehem, Jerusalem und in der diese
Städte umgebenden Landschaft haben wir versucht, diesen Auftrag
tiefer zu erfassen. Über diesen Boden ist ja Jesus als Kind und als
Mann von Nazareth gegangen. Hier hat er die Apostel berufen, hat die
Feste der Menschen mitgefeiert, hat Wunden von Leib und Seele
geheilt, hat unerhörte, Mund und Herz öffnende Worte gesagt und dann
wieder in der Einsamkeit gebetet. Hier hat er mit den Jüngern das
letzte Abendmahl gefeiert, hier war sein Kreuz aufgerichtet und hier
befand sich sein leeres Grab. Und schließlich wurde zu Pfingsten hier
der Heilige Geist über die Urgemeinde ausgegossen.

In Galiläa hat der auferstandene Christus die Jünger in die Welt und
in ihre Geschichte hinein gesendet, das Evangelium zu verkünden und
zu taufen. Und er hat ihnen und der ganzen Kirche ein großes
Versprechen mit auf den Weg gegeben. Es lautet: "Siehe, ich bleibe
bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Weltzeit."

Hier in Galiläa, nahe dem Ort, wo Jesus die unvergänglichen Worte der
Bergpredigt gesprochen hat, schreiben wir diesen Brief nach
Österreich. Wir tun es im Vertrauen, dass Jesus Christus der Kirche
auch in unserem Land auf dem Weg in die Zukunft beistehen wird, wie
er es bisher getan hat.

Liebe Christen! Wenn wir realistisch, aber auch hoffnungsvoll auf die
Kirche und die Zivilgesellschaft in Österreich blicken, dann sehen
wir vieles, das uns Freude macht. Wir sehen aber auch vieles, das uns
Sorgen bereiten muss. Die Gesellschaft ist in einem raschen Wandel
begriffen. Es gibt in ihr viel Kreativität und Kraft für tragfähig
Neues. Andererseits ist aber viel bewährt Tragendes von Aushöhlung
und Zerfall bedroht. Dies betrifft besonders Familie und Ehe, die
Solidarität mit den noch Ungeborenen und mit kranken alten Menschen
und den Mut zu mehr Kindern.

Auch in unserer Kirche gibt es beides. Es gibt sehr viele lebendige
ältere und junge Christen und christliche Gemeinschaften,
insbesondere auch Pfarrgemeinden. Andererseits gibt es einen großen
Mangel an Glaubenswissen und wenig religiöse Ergriffenheit bei vielen
Getauften. Und es gibt eine Versuchung zur Resignation bei nicht
wenigen ernsthaften Christen. Dies auch bei Priestern und
Ordensleuten angesichts von Schwächen in manchen Bereichen des
kirchlichen Lebens. Die Gründe dafür sind zahlreich. Wir sollten uns
davor hüten, einige der Hauptursachen voneinander zu trennen und
gegeneinander auszuspielen. So ist der Rückgang der Teilnahme am
Sonntagsgottesdienst keineswegs nur auf den Mangel an Priestern
zurückzuführen.

Als Bischöfe stehen wir inmitten dieser Spannungen. Wir dürfen ihnen
nicht ausweichen und wollen sie nicht kleinreden. Wir sind aber davon
überzeugt, dass wir in der Kirche Österreichs tiefer graben und auch
tiefer denken müssen, als dies jetzt oft vorgeschlagen wird. Erst
dann werden die Quellen unseres Glaubens wieder reichlicher fließen
können. Viel mehr Christen werden das Evangelium dann als wirklich
frohmachende, wenn auch nicht bequeme Botschaft entdecken. Dann wird
auch die Zahl jener Christen zunehmen, die ihre Berufung zu einem
entschiedenen, tapferen und fröhlichen Christsein annehmen, ob nun
als Laienchristen, oder als Priester, Diakone, Ordensleute. Sie alle
und besonders die als Pastoralassistentinnen und -assistenten, im
Religionsunterricht, in den Pfarrgemeinderäten oder im Laienapostolat
tätigen Männer und Frauen bitten wir um ihr missionarisches
Glaubenszeugnis. Ein Blick auf die lebendige Kirche in anderen
Ländern, wo es viel weniger Strukturen und finanzielle Mittel gibt,
könnte uns ermutigen, die Chancen zu nützen, die uns in Österreich
gegeben sind.

Im Heiligen Land konnten wir Bischöfe auch jungen Christen aus vielen
Ländern begegnen, die uns das Zeugnis eines fröhlichen Glaubens
gegeben haben. Manche haben eine Bekehrung erlebt und sind unterwegs
zu einem geistlichen Beruf. Im Blick auf sie grüßen wir besonders die
jungen Christen unserer Diözesen und wir grüßen alle Katholiken in
Österreich vom Berg der Seligpreisungen in Galiläa. In Galiläa hat
Jesus die Jünger berufen und dort hat er von ihnen nach seiner
Auferstehung Abschied genommen. "Er geht euch voraus nach Galiläa",
hatte der Engel den Jüngern zu Ostern am leeren Grab Christi gesagt.
Das ist auch ein Wort an uns alle. Christus geht uns voraus auf dem
Pilgerweg unseres Lebens und Glaubens. Wir sind gerufen, Ihm
nachzufolgen, indem wir auf Ihn schauen, auf Sein Wort hören und Ihn
anderen Menschen zeigen. Das wird zu großem Segen sein. Diesen Segen
wünschen wir ihnen allen.

Die Bischöfe Österreichs

Mittwoch, 7. November 2007, am Berg der Seligpreisungen in Galiläa








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