Österreich: "Jägerstätter war Pionier des Gewisssens"
Mit der Seligsprechung
von Franz Jägerstätter hat die Kirche bewiesen, dass sie aus der Geschichte gelernt
hat. Das betonte die Wiener Diözesanarchivarin Annemarie Fenzl jetzt bei der Vorstellung
eines Buches über österreichischen Widerstand in der Nazi-Zeit. Man sehe in der österreichischen
Kirche der Nazi-Zeit zu sehr das Starre, Obrigkeitstreue, so Fenzl. "Und hier
ist plötzlich ein einfacher Mesner, der aufgrund seines Glaubens und seiner Kenntnis
der Bibel sein Gewissen in den Vordergrund stellt. Das war für die damalige Zeit etwas
doch Unerhörtes, denn so richtig mit dem Gewissen auseinandergesetzt hat sich aus
meiner Sicht erst später das Zweite Vatikanische Konzil in der Pastoralkonstitution
"Die Kirche in der Welt von heute". Hier heißt es, dass das Gewissen die innerste
Mitte des Menschen sei, wo er allein ist mit Gott. Und genau aus dieser innersten
Mitte und dem Alleinsein mit Gott heraus hat Jägerstätter seinen Entschluss gefaßt
und durchhalten können. Und dass die Kirche das nach so langer Zeit deutlich anerkannt
hat, gibt schon Mut zur Hoffnung." Jägerstätters Konsequenz war seinerzeit
nicht selbstverständlich: „Man hat die Leute nicht verstanden, die sich gegen
die Obrigkeit gestellt haben in einem scheinbar sinnlosen Kampf, von dem man wusste,
den gewinnt man nicht. Heute erkennen wir aber – und das ist für mich das Phantastische
an Franz Jägerstätter – was es bewirken kann, wenn ein Mensch den Mut hat und diese
größere Dimension seines Lebens offenbar erkennt, dass er es mit dem irdischen Leben
als beendet betrachtet, welche Kraft davon ausgeht, auch für die zukünftigen Generationen!
Darum geht es. Solche Situationen können immer wieder kommen, wir dürfen uns da nicht
täuschen. Und ich glaube, dann ist es ganz wichtig zu sehen: Es ist möglich, das Leben
gering zu schätzen um Jesu willen; das glaub ich!“ Jägerstätter wurde von den
Nazis hingerichtet, weil er aus religiösen Gründen den Wehrdienst verweigert hatte.
Im Oktober wurde er in Linz selig gesprochen.