Vatikan: Spanische Märtyrer „rufen zu Vergebung auf"
Die neuen spanischen Seligen drängen zur Wiederversöhnung. Das meinte Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone heute bei einer Messe im Petersdom. Einen Tag nach der größten Seligsprechung
in der bisherigen Kirchengeschichte würdigte die Nummer Zwei des Vatikans fast fünfhundert
Märtyrer der Christenverfolgungen vor und während des spanischen Bürgerkriegs. Sie
waren gestern auf dem Petersplatz selig gesprochen worden. Bertone ließ erkennen,
dass das alles andere als ein Rühren an alte Wunden der Geschichte war - eher eine
Chance zur beherzten Versöhnung innerhalb der spanischen Gesellschaft. „Wir werden
und wir wollen es auch nicht vergessen, das Zeugnis der Märtyrer der religiösen Verfolgung
im Spanien des zwanzigsten Jahrhunderts. Sie gaben ihr Leben zum Zeugnis für Gott,
der die Liebe ist. Ihr Blut schreit nach Liebe unter den Menschen, die Gott bis zum
Äußersten liebt. Sie rufen drängend nach Einheit, nach Frieden, nach Anerkennung und
Respekt jedes Menschen, nach Dialog, nach ausgestreckten Händen, nach Vergebung und
Wiederversöhnung unter allen. So will es Gott: Sie gaben ihr Leben, um seinen Willen
zu tun, und sein Wille ist Barmherzigkeit; er ruft uns zu Barmherzigkeit und Vergebung.“ Viele
Spanier hatten die Seligsprechung kritisiert, weil sie zeitgleich zu einem sehr umstrittenen
neuen Gesetz über historisches Erinnern in Spanien stattfand. Das neue Gesetz der
Linksregierung unter Joseluis Zapatero will mehr Anerkennung für linksgerichtete Opfer
des spanischen Bürgerkriegs. Die linke Tageszeitung „El Pais“ betonte aber am Wochenende
den versöhnlichen Aspekt: Der Vatikan habe nach Ausweis neuer Dokumentenfunde den
späteren Diktator Francisco Franco während des Bürgerkriegs um Milde gegenüber seinen
Gegnern gebeten. Die Seligsprechung war gestern auch Auslöser für Handgreiflichkeiten
in Rom wie die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" heute berichtet. Der
Streit habe sich vor der römischen Opus-Dei-Kirche Sant'Eugenio entzündet, als linke
Aktivisten die neuen Seligen in einen Zusammenhang mit Morden und Folterungen des
Franco-Regimes rückten. (rv / el pais 29.10.2007 sk)