2007-10-26 12:16:18

Franz Jägerstätter - Botschaft für heute


RealAudioMP3 Seliger Franz Jägerstätter: Der Kriegsdienstverweigerer unter den Nationalsozialisten ist heute im Linzer Dom als „Märtyrer des Gewissens" selig gesprochen worden. Der Präfekt der Selig- und Heiligsprechungskongregation, Kardinal Jose Saraiva Martins, leitete als Päpstlicher Gesandter die Feier am Österreichischen Nationalfeiertag.
Wer war Franz Jägerstätter? Ist ein Seliger, wer Frau und Kinder verlassen hat? Sind nicht alle Kriegsgefallene Heilige? Fragen und Antworten in einer Sendung aus unserer Reihe „Kreuzfeuer“ von Birgit Pottler.


Franz Jägerstätter. Kriegsdienstverweigerer unter den Nationalsozialisten und Märtyrer, Märtyrer des Gewissens nennt ihn der Vatikan. Am 26. Oktober, dem österreichischen Nationalfeiertag, wird er selig gesprochen. Der Präfekt der Selig- und Heiligsprechungskongregation, Kardinal Jose Saraiva Martins wird den Oberösterreicher im Linzer Dom zur Ehre der Altäre erheben.
Die Reaktionen sind vielstimmig. „Ich denke schon, dass Jägerstätter aufgrund seiner klaren Entscheidung im Geist des Evangeliums ein Seliger ist, der über die Grenzen unseres Landes hinaus Bedeutung besitzt. (Der Linzer Bischof Schwarz) – Wie kann ein Mann, der seine Familie verlässt selig gesprochen werden. Was ist das für ein Vorbild. (Frauen und Jugendliche) – Er ist ja nicht freiwillig in den Tod gegangen. Er hat nur nach seiner Überzeugung gelebt. (Tochter Maria)“
Ja, es wird kaum je einen Heiligen geben, der von allen Seiten Zustimmung erfährt, noch weniger dürfen wir das bei Jägerstätter erwarten, weil damals die politische Sitation und die Auswirkungen zu großen Zerreißproben in der gesamten Gesellschaft geführt haben.“ Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz zelebriert die Messfeier zur Seligsprechung. „Da gibt es natürlich bis heute vereinzelt Meinungen, warum soll gerade Jägerstätter selig oder später heilig gesprochen werden der ist eigentlich gar kein Märtyrer.“ Der Seligsprechungsprozess begann 1997, ist nicht ohne Widerstände, wirft Fragen auf.


Wer war dieser Mann? Franz Jägerstätter, geboren am 20. Mai 1907 als lediges Kind einer Bauernmagd im oberösterreichischen St. Radegund. Die Theologin und Biographin Erna Putz: Er war sozialsensibel, er war ein sehr armes Kind, er hat gehungert, er wurde benachteiligt in der Schule, weil er keine Geschenke für den Lehrer mitbringen konnte, er hat aber dann festgestellt, man kann lesen. Er ging als 20-Jähriger von zu Hause weg nach Eisenerz und hat dort im Bergbau gearbeitet. Das war 1927, also innenpolitisch eine äußerst schwierige Situation. Er ist in einem sozialdemokratischen Milieu, einem kirchenfeindlichen Milieu. Er hört auf mit dem Kirchenbesuch, erlebt so etwas wie eine Lebens- und Sinnkrise, und als er zurückkommt, 1930, kommt er bereits wieder als Glaubender, aber auch kritisch gegenüber der Dorfmeinung und den Werten. Er ist politisch sehr wach geworden…“
Jägerstätter war der erste im 500-Seelen-Ort St. Radegund, der sich ein Motorrad leisten konnte. Ein Foto davon existiert bis heute. Bischof Schwarz: „Ich denke, er war ein Mensch wie viele andere, fast alle seiner Zeit.“ Franz Jägerstätter war ein einfacher Bauer und Mesner… Und dann hat er geheiratet. Franziska, 1936, mit 29 Jahren. „Ich habe mir nie vorstellen können, dass Verheiratetsein so schön sein kann“, sagt Franz später. „Die Nachbarn bezeugen, dass Franz nach seiner Hochzeit ein anderer geworden sei. Und die Frau Jägerstätter sagt selber, wir haben einer dem anderen weitergeholfen im Glauben.“
Jägerstätter, der einfache Bauer und Mesner, reift geistlich wie geistig. Erna Putz: „Er sagt dann, wir werden in der Ewigkeit zur Verantwortung gezogen, ob wir das Talent des Lesens genützt haben. Diese strenge Formulierung verwendet er für sonst nichts. Wir können uns informieren. Und er schreibt auch, die Kirche hat schon gewusst, warum sie uns die Bibel in die Hand gegeben hat, Zeitschriften, damit in einer Zeit, in der die Seelenführer nicht mehr sprechen dürfen und die Wegzeichen verkehrt herum aufgestellt sind, dass wir uns dann noch orientieren können.“
Den Nationalsozialisten, die in Österreich 1938 die Macht übernehmen, verweigert Jägerstätter von Anfang an jede Zusammenarbeit oder Unterstützung, denn Christentum und Nationalsozialismus sind für ihn völlig unvereinbar. Durch einen Traum fühlt sich Franz Jägerstätter vor dem Nationalsozialismus gewarnt: Ein Zug, der unzählige Menschen ins Verderben führt, „entschleiert“ sich ihm als die NSDAP mit all ihren Gliederungen. 1940 wird Jägerstätter zum Militärdienst einberufen, auf Betreiben der Heimatgemeinde aber zweimal unabkömmlich gestellt. Einer weiteren Einberufung will er nicht mehr Folge leisten, denn mitzukämpfen und zu töten, dass Hitler die ganze Welt beherrschen könne, sieht er als Sünde an. Die Mutter, Verwandte und auch befreundete Priester versuchen ihn umzustimmen. Seine Frau Franziska hofft zwar auch auf einen Ausweg, steht aber zu ihm in seiner Entscheidung: „Wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte, hätte er gar niemanden gehabt.“
Heute 94 Jahre alt, erinnert sie sich: „Er hat die Ausbildung gemacht, und da haben sie ihn recht segiert, als sie gemerkt haben, dass er gläubiger ist als andere. Als er heimgekommen ist, hat er gesagt, in dem Verein, da wird er nicht mehr mitmachen. Im Viertel haben sie so viele Pfarrer eingesperrt, auch unseren Pfarrer. Für solche soll man andere nicht erschießen, hat er gesagt. Zwei Jahre ist er dann zu Hause geblieben.“ Der Linzer Bischof: „Er hat viel mehr als andere begriffen, wie verkehrt der Wagen läuft, wenn ich es so mit einem Bild sagen darf, wie viel Ungerechtigkeit und Mord und Totschlag hier passiert. Darum hat er dieses Zeichen gesetzt, da will er nicht mitmachen. Er war ja von Anfang an dem Nationalsozialismus gegenüber sehr ablehnend eingestellt und wollte auch kein Kindergeld für diesen Staat für seine drei eigenen Kinder annehmen. Er hat darauf verzichtet; er hat nichts gutes in ihm gesehen.“
Franz Jägerstätter war ein Charakterkopf, ein Querdenker, auch in alltäglichen Dingen. Welche Erinnerungen bleiben seiner Witwe? „Die freudigen, lustigen…Motorrad fahren, mit den Kindern umher fahren, mit dem Kinderwagen zum Einkaufen fahren. Das war früher nicht so brauch bei den Bauern, aber er hat’s geschafft.“ Tochter Maria: „Er hat immer das gemacht, was er gewollt hat, was er für gut befunden hat und hat sich nie nach nach dem gehalten, was Brauch ist.“
Jägerstätter wird erneut einberufen. Am 1. März 1943 erklärt er bei seiner Stammkompanie in Enns, „dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne, dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde. Schwarz: „Wenige haben begriffen, welch negative Konsequenzen dieses Regime dem Volk beschert. Er hat in prophetischer Sicht das durchschaut und hatte darum den Mut, Nein zu sagen; hier kann er nicht mit der Waffe mitkämpfen.“ Er sei bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten, doch das wird abgelehnt. Zwei Monate Haft im Linzer Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis mit Folter und Schikanen bewirken eine große Krise. Der junge Bauer ist in Gefahr den Glauben zu verlieren. Was ihm hilft? Das erfahrene Glück mit Franziska ist ihm bleibender Hinweis auf die Gegenwart Gottes. Oder war der Bauer vom Land schlicht stur? „Es stimmt sicher, dass Jägerstätter in diesen Monaten vor seiner Hinrichtung auch solche Augenblicke des Zweifelns hatte. Ich glaube das überkommt jeden Menschen. Aber wenn es unter diesem Gesichtspunkt in seinem Inneren dunkel wurde, da hat er immer wieder neu dieses Licht des Glaubens angezündet, indem er betete.“
Jägerstätter kommt nach Berlin, wird wegen „Zersetzung der Wehrmacht“ verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg an der Havel erschossen. Der Linzer Bischof: „Die Kirche hat in allen Instanzen diesen Weg des Christen Franz Jägerstätter geprüft und dann in einer offiziellen Erklärung zum Ausdruck gebracht, dass er in vorbildlicher Weise im Geist des Evangeliums lebte, dass er als Märtyrer gestorben ist, und dass er als Modell für die Menschen von heute dienen kann.“

Dennoch bleiben Fragen: Ist ein Seliger, wer Frau und Kinder verlassen hat? Tochter Maria: Am meisten kann ich mich erinnern…Ich weiß genau, wie der Brief gekommen ist, dass der Vater hingerichtet worden ist, da habe wir hier beieinander gesessen in der Stub’n. Das war arg, aber verlassen haben wir uns nicht gefühlt, nein. … So viele Leute werfen dem Vater vor, er hat Frau und Kinder im Stich gelassen. Ich denke mir, er ist nicht freiwillig in den Tod gegangen, er hat nur nach seiner Überzeugung gelebt. Und dass er hingerichtet worden ist, war nicht seine Schuld, sondern die Schuld der anderen. Wenn jemand Selbstmord macht oder seine Frau und Kinder so verlässt, ich denk’ das ist etwas anderes.“
Manfred Scheuer, Bischof von Innsbruck und Postulator des diözesanen Seligsprechungsverfahrens in Linz: „Insofern war er nicht einer, der Ausschau nach dem Martyrium gehalten hat, oder süchtig danach war. Das würde das Ganze verkehren. Man muss bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit zunächst schauen, wofür hat er gelebt und wofür hat er sich Entschieden. Die Konsequenz war dann sein Sterben. Was ist der Sinn des Todes, das wäre letztlich die Frage, was ist der Sinn seines Lebens gewesen. Und der Sinn seines Lebens war die Freude an Gott, der Glaube an Gott, auch die Liebe zu den Menschen, gerade zu seiner Familie. Er hat im Grunde aus einer Liebe zum Leben und aus einer Ehrfurcht zum Leben seine Entscheidung getroffen. Das ist dann auch der Sinn seines Sterbens.)
Jägerstätter hatte damals auch den Linzer Bischof Fließer um Rat gefragt. Dieser hat ihm, dem einfachen Bauern erklärt, es sei nicht seine Sache, zu entscheiden, ob der Krieg gerecht oder ungerecht sei. Er solle sich an seine „viel höhere Verantwortung für seine Familie erinnern“. Der heutige Linzer Bischof Schwarz „weiß nicht, ob der Bischof auch diesen begnadeten Weitblick hatte wie Franz Jägerstätter. Darum appellliert der Bischof an andere wichtige Werte.“ In der Tat: Sind Ehe und Familie nicht mit die höchsten Werte, für die die katholische Kirche sich einsetzt? „Das ist sicherlich eine schwierige Frage, denn normalerweise wollen wir doch alles tun, dass die Familien zusammenhalten und gemeinsam den Weg durchs Leben gehen. Aber es gibt noch höhere Werte, als die Werte der Familie. Das sind zum Beispiel christliche Werte aber genauso gut können das vaterländische Werte sein, denn wie viele Soldaten mussten ihre Familie auch zurücklassen und in den Krieg ziehen und sind gefallen, und die Frau stand als Witwe da, und die Kinder waren Halbwaisen. Genauso sagte Jägerstätter, dass man Gott mehr gehorchen müsse, als den Menschen, und dass er auch nicht diese Rücksicht hier nehmen kann, weil es um eine Grundentscheidung geht, und die hat er eben nach seinem Gewissen hier klar getroffen.“

Erika Kirchweger, selbst Mutter von vier Kindern und Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Oberösterreich, fasst die kritischen Stimmen zusammen: „Wenn ich selbst mit meinen eigenen Kindern darüber spreche, so kommt als erstes Argument: Wie kann ein Mann, der seine Familie verlässt und in den Tod geht, einfach selig gesprochen werden. Was ist das für ein Vorbild. Ich denke, das ist eine dieser Stimmen, die auch bei jungen Leuten immer wieder kommt, die auch von Frauen immer wieder kommt.“ Hat sie Verständnis für die Entscheidung Jägerstätters? „Mir war Jägerstätter früher nicht sehr nahe, doch mit der Beschäftigung mit ihm und mit der Auseinandersetzung kann ich das schon verstehen. Er hat sich sehr mit seinem Glauben auseinanergesetzt, und ich denke, eine Schlüsselposition in dieser Auseinandersetzung hat seine Frau Franziska Jägerstätter gespielt. Ich denke, wenn er diese Auseinandersetzung auch mit ihr in dieser Weise nicht gehabt hätte, wäre die ganze Geschichte vielleicht anders ausgegangen.“ Franziska und Maria Jägerstätter wirken nicht bitter. Dass sie die Seligsprechung von Mann und Vater miterleben dürfen, empfinden sie als Gnade. Franziska hat zu ihrem Mann gehalten. Ist sie nicht auch eine Selige? „Mir tut es eigentlich fast leid, dass nicht beide gemeinsam selig gesprochen werden können. Mit der Ächtung, die ihr dann nach dem Tod Jägerstätters entgegengebracht wurde, auch in ihrer unmittelbaren Umgebung…; mit dieser harten Behandlung des Staates in der Nachkriegszeit noch, sie hat keine Bezugskarten für Lebensmittel bekommen, und sie ist nicht als Kriegswitwe behandelt worden, wie Witwen, deren Männer im Krieg gefallen sind. Ich glaube, da hat sie sehr viel auch nachher noch zu erleiden gehabt.“


Am 7. Mai 1997, 54 Jahre nach seiner Hinrichtung, hebt das Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Jägerstätter auf. Das kommt einem Freispruch gleich und bedeutet moralische wie juristische Rechtfertigung seiner Handlung.
Was sagen die Menschen in Jägerstätters Heimatort. Der Pfarrer von St. Radegund, Josef Steinkellner: „Wenn einer so etwas extrem anderes tut? Man schützt auch seine eigenen Verwandten, die im Krieg waren. Deshalb glaube ich, tun sich manche noch scher. Aber sie akzeptieren ihn. Ich kenne noch zwei, drei, die im Krieg waren, einer in Stalingrad, oder andere Soldaten, die inzwischen gestorben sind, die haben gesagt: Ich hätte mich das nicht getraut, aber Recht hat er schon gehabt.“
Dennoch: Die große große Mehrheit gläubiger Soldaten sind aus reiner Pflichterfüllung bei der Wehrmacht geblieben. Was bedeutet für jene diese Seligsprechung? „Es gibt einfach für Soldaten, vor allem in einer solchen Zeit, ganz unterschiedliche Gründe, zu ihren Entscheidungen zu kommen“, sagt Bischofsvikar Werner Freistetter. Er leitet das Institut für Religion und Frieden bei der Militärdiözese Österreichs. „Wir müssen damit rechnen, dass diese Generation und die Männer, die da gedient haben, eine ganz unterschiedliche Motivation gehabt haben. Und im Grunde genommen, muss das jeder Mensch im seinem Gewissen, vor Gott ganz persönlich verantworten.“
Hunderttausende sind im Krieg gefallen. Im Laufe des Seligsprechungsverfahrens gingen gerade beim Linzer Bischof Schwarz Briefe ein, „was ist mit meinem Vater los, der war im Krieg, ist in Stalingrad gefallen, ist das nicht auch ein Heiliger? Man kann hier keine Vergleiche ziehen. Jeder Heilige geht seinen Weg. Und ich glaube, er nimmt keinem anderen irgendetwas weg.“
Freistetter kennt - wie viele - diese Fragen aus der eigenen Familie: „Ein Urteil über das, was damals für Menschen möglich war, was sie geleitet hat, was sie möglicherweise auch gemeint haben, damit Gutes zu verwirklichen, ist wirklich nur dann möglich, wenn überhaupt, wenn wir uns jede Person anschauen, ihren Lebensweg, ihre Motivation und es ist eben auch möglich, das ist immer wieder vorgekommen, dass Menschen sich auch für eine Sache engagiert und ihr Leben hingegeben haben, und es stellt sich dann heraus, dass diese eine Sache war, die sie ausgebeutet hat und die sie benutzt hat, die ihr Leben sinnlos geopfert hat. Das ist sehr schwierig und sehr tragisch. Wenn wir aber, ich habe das bei meinem Vater erlebt, über diese Fragen mit den Menschen dieser Generation offen sprechen können, ohne von oben herab zu urteilen, sondern wirklich aus einem Verständnis der Situation heraus, können wir viel lernen über die Herausforderungen, vor denen Soldaten heute stehen.“
Was sagt Jägerstätter den Soldaten heute? Werner Freistetter von der Militärdiözese: „Auch Soldaten, das haben uns gerade die Ereignisse des 2. Weltkrieges gezeigt, sind nicht automatische Befehlsempfänger, die einfach mechanisch Befehle umsetzen, sondern es liegt an jedem, je nach seinem Verantwortungsbereich, sich ein moralisch sicheres Urteil zu erarbeiten, über die geplanten Operationen, über das Ziel einer bewaffneten Intervention zum Beispiel. Die Frage der Gewissensbildung und der Schärfung des Gewissens, das ist etwas, was wir von Jägerstätter ganz sicher lernen können. Und in dieser Frage ist er für Soldaten ganz außerordentlich bedeutend.“

Jägerstätter war ein „besonderer Fall“. Noch bis zum II. Vatikanischen Konzil hätte die Kirche ihm als Wehrdienstverweigerer, als einer, der seine Staatsbürgerpflichten vernachlässigt, den Ehrentitel Märtyrer verweigert. Die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes spielte für die Beurteilung der Biographie des Dissidenten eine große Rolle. Biographin Erna Putz: „Das stand ganz am Ende noch in Gaudium et Spes, ,es ist Sache der Obrigkeit’. Und mit dem Hinweis auf Jägerstätter wurde dargestellt, man hätte in Deutschland erst 1947 nach den Nürnberger Urteilen wissen können, ob der Krieg gerecht sei oder nicht, und solche Menschen wie Jägerstätter sollen sich nie allein gelassen fühlen. Dann kam eine Passage in den Konzilstext, wo das Gewissen des Einzelnen als maßgebliche Instanz bezeichnet wird.
Bischof Schwarz betont heute: „Das ist uns allen klar, dass nicht jeder so entscheiden konnte wie er. Gott wollte, dass wenigstens einer ein Zeichen setzt in prophetischer Vorausschau. Und dazu war Jägerstätter erwählt.“


Bequem hatte und hat die katholische Kirche es nicht mit ihm nicht. Doch für wen kann der neue Selige denn dann Patron sein? Bischof Schwarz: „Letztlich für alle, die auch nach ihrem Gewissen Entscheidungen treffen, besonders für jene, die anstelle des Wehrdienstes den Zivildienst bevorzugen. Auch für die Jugend. Sie führten eine christliche Ehe, das ist ein Vorbild für viele Jugendliche heute. Außerdem ist er ein Vorbild für wichtige Entscheidungen. Immer wieder müssen wir darauf achten, dass die Menschenrechte eingehalten werden, dass die Religionsfreiheit geachtet wird. Dass man die großen Werte verteidigt, zum Beispiel den Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Da glaube ich, ist Jägerstätter auch für unsere Gesellschaft noch beispielgebend.“
Mehrere Menschen sagten im Verlauf des Seligsprechungsverfahrens gar aus, Jägerstätter sei als Heiliger gestorben, Menschen, die ihn bis zur letzten Sekunde begleitet haben: Als er dann in Brandenburg hingerichtet wurde, war dort auch noch vor der Hinrichtung ein Gefangenenseelsorger bei ihm und gab ihm zum letzten Mal den Segen. Und der hat nach der Hinrichtung von Franz Jägerstätter gesagt, heute bin ich zum ersten Mal einem Heiligen begegnet.“
(rv/radio stephansdom/bistumsradio linz 18.10.2007 bp)







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