Die friedliche Revolution
in Burma wurde niedergeschlagen. Die Bevölkerung hatte sich dem Protest buddhistischer
Mönche angeschlossen. Doch die Militärregierung von General Than Shwe ging mit Gewalt
gegen die Demonstranten vor. Am Rande des Friedenstreffens in Neapel erfuhr Sophia
Schülke mehr aus dem Vielvölkerstaat, in dem offiziell 89 Prozent der Einwohner Buddhisten
sind.
Seitdem die Militärjunta gewaltsam gegen die Demonstrationen der Mönche
vorging, sind die Informationen aus Burma spärlicher geworden. Umso größer meine Freude,
als ich erfahre, dass der buddhistische Mönch U Uttara meinen Interviewtermin bestätigt
hat. Ich erkenne ihn gleich beim Betreten der Hotelhalle. Der kleine, orange gekleidete
Mönch spricht gerade noch mit Kollegen vom Fernsehen, dann kommt er auf mich zu. Fast
tut es mir leid, wie sich alle Journalisten auf ihn stürzen. Doch ich merke sofort,
dass er unbedingt von den Ereignissen in seiner Heimat erzählen möchte. Uttara musste
Burma 1988 nach der Niederschlagung der Proteste verlassen und lebt seit 1992 in London.
Aufgeregt erklärt er mir, wie die Regierung mit ihrem Vorgehen die Bevölkerung gegen
sich aufgebracht hat:
„Viele sind wütend auf die Militärregierung. Das Militär
versucht, den Buddhismus als Religion zu zerstören, weil es keinen Respekt vor den
Mönchen hat. Es sollte die Mönche friedlich demonstrieren lassen. Der Buddhismus ist
für unser Land sehr wichtig. Schließlich praktizieren 90 % der Bevölkerung diesen
Glauben. Diese Religion spielt aber auch eine sehr große Rolle, weil die Buddhisten
für unsere Unabhängigkeit kämpfen.“
Der Buddhismus durchdringt die burmesische
Gesellschaft. So bedeutet der Eintritt in ein Kloster eine Chance auf Bildung. Auch
sind die Mönche und Nonnen bei der Bevölkerung sehr hoch angesehen. Wer ihnen zu essen
gibt, arbeitet laut buddhistischer Auffassung für seine eigene Erlösung. Umso unverständlicher
wird für Uttara das Vorgehen der Regierung:
„Wir Buddhisten glauben
an das Karma. Karma heißt Reaktion. Wenn man etwas Gutes tut, dann widerfährt einem
Gutes. Tut man etwas Böses, dann widerfährt einem Böses. Die Militärregierung macht
sich keine Gedanken um ihre Taten. Sie ist blind. Auf der anderen Seite aber, instrumentalisiert
die Junta die Religion für ihre Propaganda. Auf diese Weise wird sich die Regierung
bald selbst zerstören. Dafür, dass sie Mönche getötet und in Arbeitslager geschickt
hat, wird sie bald die Konsequenzen ziehen.“
Am Dienstag hat der UNO-Sonderbeauftragter
für Burma, Ibrahim Gambari, seinen Besuch in Indien abgeschlossen. Vieles verspricht
dafür, dass seine Mission Erfolg hatte. Die indische Regierung scheint wegen des zunehmenden
internationalen Druckes Abstand von ihrer Unterstützung des Militärregimes zu nehmen.
Sowohl der Ministerpräsident, als auch der Außenminister versprachen, mehr Einfluß
auf Burma auszuüben. Die Hauptziele seien nun das Vorantreiben des Demokratieprozesses,
sowie die Freilassung der Demonstranten und der inhaftierten Oppositionsführerin Aung
San Suu Kyi. Diese Entwicklungen sind ganz in Uttaras Sinne. Er verspricht sich viel
von der politischen Einflußmacht der internationalen Gesellschaft und der UNO:
„Erstes
müssen die Vereinten Nationen die Macht, die sie haben, einsetzen, um dem Töten ein
Ende zu bereiten. Sie müssen auch besonders auf China und Russland Druck ausüben und
deren Entscheidungen über Burma in der UNO blockieren. Aber auch die Internationale
Gemeinschaft kann helfen, indem sie mehr Delegationen nach Burma schickt. Es müssen
einfach viel mehr ausländische Delegationen nach Burma kommen, um die burmesische
Regierung an ihrer Regierungsweise zu hindern.“
Die Militärjunta hat
die Revolte der Zivilisten und buddhistischen Mönche am 29. September – vier Tage
nach ihrem Eingreifen - als beendet erklärt. Die Demonstrationen sind gestoppt. U
Uttara lebt seit 19 im Exil. Aber er ist optimistisch. Es blitzt es in seinen Augen,
als er mir versichert, dass es sich nur um die Ruhe vor einem erneuten Sturm handelt:
„Durch das Kriegsgesetz sind die Demonstrationen gestoppt, das
ist wahr. Die Menschen haben Angst und trauen sich nicht mehr aus den Häusern. Sie
warten jetzt erst einmal die Zeit ab. Ich denke aber, dass Ihr sehr bald sehen könnt,
wie in Burma etwas geschehen wird.“